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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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wären. Es war immer spät abends, als man sie vermisste, und in zwei Fällen sind die Kinder erst früh am nächsten Morgen gefunden worden. Man vermutet, dass, als das erste vermisste Kind als Ursache seines Ausbleibens angab, eine »Schöne Lady« habe es zu einem Spaziergang mitgenommen, die andern Kinder diese Entschuldigung aufgriffen und bei passender Gelegenheit ebenfalls vorbrachten. Das ist umso einleuchtender, als es jetzt ein Spiel unter den Kleinen geworden ist, einander durch verschiedene Listen beiseite zu locken. Ein Korrespondent schreibt uns, dass es äußerst drollig sei, zu sehen, wie die Knirpse sich als »Schöne Lady« ausgeben. Er meint, manche unserer Karikaturisten könnten hier wirklich Studien zu Ironie und Groteske betreiben, wenn sie Spiel und Realität zueinander in Beziehung setzten. Es scheint in Übereinstimmung mit der menschlichen Natur zu sein, dass bei diesen Open-Air-Theaterspielen der Kinder die »Schöne Lady« die beliebteste Rolle ist. Unser Korrespondent meint, dass selbst eine Ellen Terry 4 nicht so gewinnend und verführerisch sein könnte, wie einige dieser kleinen Schmuddelgesichter in ihrem Rollenspiel.
    Möglicherweise hat die Sache aber auch ihre ernste Seite, denn einige der Kinder, besonders die, welche über Nacht verschwunden waren, sind leicht an der Kehle verletzt. Die Wunden sehen aus, als stammten sie von einer Ratte oder einem kleinen Hund, und wenn sie auch im Einzelfall bedeutungslos erscheinen, so |259| zeigen sie doch, dass das Tier, von dem die Wunden herrühren, seine ganz besondere Methode hat. Die Polizei der Gegend ist angewiesen, auf umherirrende Kinder, besonders wenn sie sehr jung sind, und auf Hunde, die in der Nähe von Hampstead Heath herumlaufen, zu achten.
     
    »The Westminster Gazette«
    – Extrablatt –
    Der Schrecken von Hampstead
    Wieder ein Kind verletzt
    Die »Schöne Lady«?
     
    25. September. Soeben erhielten wir Nachricht, dass ein Kind, welches seit letzter Nacht vermisst wurde, heute Morgen unter einem Ginsterbusch auf der Shooter’s Hill-Seite von Hampstead Heath gefunden wurde; eine Gegend, die weniger frequentiert ist als andere Teile der Heide. Das Opfer hat dieselben kleinen Wunden an der Kehle, die schon in mehreren vorangegangenen Fällen konstatiert wurden. Es war entsetzlich schwach und sah ganz abgezehrt aus. Als das Kind einigermaßen wiederhergestellt war, wusste es nichts weiter zu erzählen als die Geschichte von der »Schönen Lady«, die es zu sich gelockt hätte.

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    |260| VIERZEHNTES KAPITEL
     
    Mina Harkers Tagebuch
     
    23. September
    Jonathan geht es nach einer schlimmen Nacht wieder besser. Ich bin froh, dass er reichlich zu tun hat, denn es lenkt seinen Geist von all den schrecklichen Dingen ab. Besonders glücklich bin ich darüber, dass er sich nun nicht mehr so sehr von der Verantwortung seiner neuen Stellung erdrückt fühlt. Ich wusste ja, dass er sich selbst treu bleiben wird, und ich bin stolz auf ihn. Er hat sich zur Höhe seiner Leistungsfähigkeit erhoben und wird in jeder Hinsicht den Pflichten gerecht, die auf ihm ruhen. Er bleibt heute den ganzen Tag weg und wird erst spät heimkommen, nicht einmal zum Mittag wird er hier sein. Meine Hausarbeiten sind erledigt; ich werde jetzt sein Reisetagebuch nehmen, mich in mein Zimmer einschließen und es lesen …
     
    24. September
    Ich hatte letzte Nacht nicht mehr den Mut zu schreiben, so sehr hat mich Jonathans Bericht entsetzt. Mein armer Mann! Was muss er gelitten haben, ganz gleich, ob es Tatsachen oder Einbildungen waren. Ich frage mich, wie viel Wahrheit wohl tatsächlich in all dem steckt. Hat er all diese Dinge geschrieben,
nachdem
ihn das Nervenfieber ergriffen hatte, oder waren sie erst der Grund dafür? Wahrscheinlich werde ich das nie erfahren, denn ich will ja keinesfalls mit ihm darüber sprechen … Und dazu dieser Mann, den wir gestern gesehen haben. Jonathan schien sich so sicher über ihn zu sein! Der Ärmste, wahrscheinlich hat ihn die Beerdigung zu sehr aufgewühlt und seine Gedanken auf die Reise geschickt … Das Schlimme ist: Er glaubt |261| das alles wirklich! Ich erinnere mich, wie er an unserem Hochzeitstag sagte: »… es sei denn, es entsteht eine Situation, die es unabdingbar macht, mir die bitteren Stunden ins Gedächtnis zurückzurufen, über die ich hier, schlafend oder wachend, gesund oder im Wahnsinn, Buch geführt habe.« Und dennoch habe ich so ein Gefühl, als zöge sich ein roter Faden durch das Ganze

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