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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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und als höchsten Schutz
dies,
das wir jedoch niemals ohne Not verwenden dürfen!« Er übergab mir eine Anzahl in ein Futteral eingeschlagener, geweihter Hostien. Die anderen Männer rüsteten sich in gleicher Weise aus. »Nun, Freund John«, sagte van Helsing, »wo sind die Dietriche? Wenn wir so ins Haus kommen, müssen wir nicht durchs Fenster einbrechen wie damals bei Miss Lucy.«
    Dr. Seward probierte einige Nachschlüssel aus, wobei ihm seine Geschicklichkeit als Chirurg zustatten kam. Bald hatte er einen passenden gefunden; er drehte ihn ein paar Mal hin und her, dann gab der Riegel nach und bewegte sich mit einem schrillen |363| Quietschen im Schloss. Wir stemmten uns dagegen, die rostigen Angeln kreischten, und langsam ging die Tür auf. Ich fühlte mich an die Beschreibung der Öffnung von Miss Westenras Gruft erinnert, wie sie in Dr. Sewards Tagebuch geschildert wird, und auch die anderen schienen so zu empfinden, denn wir alle schraken zunächst zurück. Der Professor war der Erste, der sich vorwärts bewegte und durch die offene Tür trat.
    » In manus tuas Domine
!« 1 , sagte er, indem er sich beim Überschreiten der Schwelle bekreuzigte. Wir schlossen die Tür wieder , um mit unseren Lampen keine Aufmerksamkeit von der Straße aus zu erregen. Der Professor prüfte noch sorgfältig das Schloss, damit wir auch imstande wären, es rasch wieder von innen zu öffnen, wenn ein plötzlicher Rückzug notwendig würde, dann ließen wir unsere Lampen leuchten und machten uns auf die Suche.
    Unsere sich kreuzenden Lichtstrahlen zauberten seltsame Effekte an die Wände, während unsere Körper große Schatten warfen. Mich beschlich plötzlich das unabweisliche Gefühl, dass sich noch jemand Weiteres unter uns befand. Ich sagte mir, dies wäre die Erinnerung an die schrecklichen Erlebnisse in Transsilvanien, die mich aufgrund der schauerlichen Umgebung mit Macht einzuholen versuchten, doch dann stellte ich fest, dass es den anderen ähnlich gehen musste, denn auch sie sahen bei jedem Geräusch und bei jedem neuen Schatten über ihre Schultern, ganz wie ich es tat.
    Alles war mit dichtem Staub bedeckt. Auf dem Fußboden lag er anscheinend mehrere Zoll tief, außer an den Stellen, die frische Fußspuren aufwiesen, in denen ich beim Schein meiner Lampe die Abdrücke von Sohlen mit Nägeln erkennen konnte. Die Wände waren ebenfalls dick mit Staub überzogen, und in den Winkeln hingen Unmengen von Spinnweben, auf denen sich |364| so viel Staub angesammelt hatte, dass sie zerfetzten Lumpen glichen, besonders da, wo sie durch das Gewicht des Staubes heruntergerissen waren. Auf einem Tisch im Hausflur lag ein großer Schlüsselbund, bei dem jeder einzelne Schlüssel mit einem vergilbten Zettel versehen war. Sie mussten schon öfter benutzt worden sein, denn als van Helsing das Schlüsselbund aufhob, sahen wir einen Abdruck, der in der Staubdecke des Tisches mehrfach zu finden war. Der Professor wandte sich zu mir und sagte:
    »Sie kennen diesen Ort, Jonathan. Sie haben sich Skizzen davon gemacht und wissen hier also besser Bescheid als wir. Welches ist der Weg zur Kapelle?« Ich wusste ungefähr die Richtung, obgleich ich bei meinem früheren Besuch nicht hineingelangen konnte. So führte ich die anderen, und nachdem wir ein paar Mal fehlgegangen waren, standen wir schließlich vor einer niedrigen, gewölbten Eichentür, die starke eiserne Beschläge aufwies.
    »Dies ist der richtige Punkt«, sagte der Professor und richtete seine Lampe auf unseren kleinen Lageplan des Hauses – eine Kopie jener Skizze, die ich seinerzeit meiner Originalkorrespondenz über den Hauskauf beigefügt hatte. Nach kurzer Suche fanden wir im Bund den richtigen Schlüssel und stemmten uns gegen die Tür. Wir waren natürlich auf unangenehme Überraschungen gefasst, denn schon durch die Ritzen der verschlossenen Tür schien ein leicht übler Geruch zu strömen. Niemand von uns aber hatte mit solch einem Gestank gerechnet, als wir die Tür schließlich geöffnet hatten. Keiner der anderen war dem Grafen bislang nahe gekommen, und als ich ihn gesehen hatte, war er entweder in seinen Räumen und ernährte sich nicht, oder er lag, wenn er mit frischem Blut angefüllt war, in der zerfallenen, vom Wind durchzogenen Gruft. Hier aber befanden wir uns in einem kleinen und engen Raum, dessen jahrhundertelange Nichtnutzung alleine schon die Luft stockig und faulig gemacht hatte. Dazu kam ein Geruch nach Erde sowie ein schwer zu beschreibender Pesthauch.

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