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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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dann endlich mitteilen können, dass alles vorüber und die Erde von dieser Ausgeburt der Hölle befreit ist. Es wird nicht leicht für mich sein, mich nach dem Vertrauen, das ihr bisher alle erwiesen haben, nun plötzlich in undurchdringliches Schweigen zu hüllen. Aber ich muss stark sein! Morgen werde ich über die Ereignisse dieser Nacht Stillschweigen bewahren und mich weigern, über irgendetwas zu sprechen, was wir heute gesehen und erlebt haben. Ich werde mich jetzt aufs Sofa legen, um sie nicht zu stören.
     
    1. Oktober, später
    Ich glaube, es ist verständlich, dass wir alle heute etwas verschlafen haben, denn den gestrigen Tag über waren wir ja schon sehr beschäftigt, in der Nacht aber gab es so gut wie gar keine Ruhe. Sogar Mina muss sehr erschöpft gewesen sein, denn ich war, obgleich ich schlief, bis die Sonne hoch am Himmel stand, doch immer noch vor ihr wach und musste sie zwei oder drei Mal rufen, ehe sie zu sich kam. Sie war noch so schlaftrunken, dass sie mich einige Augenblicke gar nicht erkannte, sondern mich schreckerfüllt anstarrte wie jemand, der aus einem bösen Traum erwacht. Sie klagte dann über Müdigkeit, weshalb ich sie noch etwas schlafen ließ. – Wir wissen nun, dass einundzwanzig Kisten fehlen, |370| und wenn diese auf einmal abtransportiert worden sind, so kommen wir ihnen sicher leicht auf die Spur. Das wird unsere Arbeit bedeutend erleichtern, und je eher wir die Sache in Ordnung bringen, desto besser. Ich werde heute noch Thomas Snelling aufsuchen.
     
    Dr. Sewards Tagebuch
     
    1. Oktober
    Es war bereits gegen Mittag, als der Professor in mein Zimmer trat und mich weckte. Er war fröhlicher und freundlicher als in der letzten Zeit; es ist offenkundig, dass das Werk der vergangenen Nacht eine drückende Last von seiner Seele genommen hat. Nachdem wir unser Abenteuer noch einmal erörtert hatten, sagte er plötzlich:
    »Ihr Patient interessiert mich außerordentlich! Wäre es wohl möglich, ihn in Ihrer Begleitung heute Vormittag zu besuchen? Oder, wenn Sie zu sehr beschäftigt sein sollten, kann ich ihn ja auch allein aufsuchen. Es ist eine gänzlich neue Erfahrung für mich, einen Irren derart philosophieren und diskutieren zu hören.« Ich hatte tatsächlich einiges an dringender Arbeit zu erledigen und sagte ihm also, dass es mir ganz recht wäre, wenn er ohne mich zu Renfield ginge, denn andernfalls müsste ich ihn warten lassen. Ich rief einen Pfleger herbei und gab ihm die nötigen Instruktionen. Ehe der Professor das Zimmer verließ, warnte ich ihn noch eindringlich davor, sich ein falsches Bild von diesem Patienten zu machen. »Ich will ihn nur dazu veranlassen«, antwortete er, »über sich selbst und über seine Wahnvorstellungen zu sprechen, lebende Wesen konsumieren zu müssen. Wie ich in Ihrem gestrigen Tagebucheintrag erfahren habe, hat er Madame Mina gegenüber dieses Verlangen gestanden. – Warum müssen Sie darüber lächeln, Freund John?«
    »Entschuldigen Sie«, sagte ich, »aber die Antwort ist bereits hier drin enthalten.« Ich legte meine Hand auf den Stapel |371| Schreibmaschinenblätter. »In dem Augenblick, als unser gesunder und gelehrter Narr erklärte, dass er die Gewohnheit, Lebewesen zu verschlingen,
gehabt
habe, war sein Mund in Wirklichkeit noch von den Fliegen und Spinnen verklebt, die er nur einen Augenblick, bevor Mrs. Harker den Raum betrat, verschlungen hatte.« Nun musste auch van Helsing lächeln. »Richtig!«, sagte er. »Sie haben ein vorzügliches Gedächtnis, ich hätte mich ebenfalls daran erinnern sollen. Gerade diese Unregelmäßigkeiten des Denkens und der Erinnerung machen das Studium der Geisteskrankheiten ja so fesselnd. Vielleicht ist mehr aus den Narrheiten dieses Wahnsinnigen zu lernen als aus den Werken der weisesten Gelehrten, wer weiß?« Ich machte mich wieder an meine Arbeit und hatte das vor mir Liegende bald erledigt. Die Zeit von van Helsings Abwesenheit schien mir tatsächlich äußerst kurz gewesen zu sein, als er wieder in meinem Arbeitszimmer erschien. »Störe ich?«, fragte er, höflich an der Tür stehen bleibend.
    »Nicht im Geringsten«, antwortete ich, »kommen Sie nur herein. Meine Arbeit ist getan, und ich bin frei. Ich kann nun mit Ihnen kommen, wenn Sie wollen.«
    »Das ist nicht mehr nötig, ich war schon bei ihm.«
    »Und?«
    »Ich fürchte, er hat keine sehr hohe Meinung von mir. Unser Gespräch war äußerst kurz. Als ich in sein Zimmer kam, saß er in dessen Mitte auf einem Stuhl, die Ellbogen

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