Draculas Darling
mit ihm zu tun gehabt und bin auch froh darüber gewesen. Ich meine, man kann sich ja vieles einreden, aber da würde ich doch vorsichtig sein.«
»Ich kenne keinen Grund!« Thelma stand auf und wanderte auf eines der Fenster zu. Es passte nicht zu der Großzügigkeit des Raumes. Es war zu klein, aber durch die hellen Möbel wirkte dieser Bereich trotz der kleinen Fenster großzügig. Sie blickte hinaus in einen trüben Tag, sah das viele Unkraut, die laublosen Bäume, den alten Leiterwagen an der rechten Seite und auch ein kleines Gebäude, dessen Doppeltür offen stand, so dass sie ihren Blick in eine Scheune werfen konnte. Nicht mal eine wilde Katze streunte durch diesen Bereich. Das Haus schien wirklich in Vergessenheit geraten zu sein. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sich jemand wie Chapman hier wohlfühlte. Auf der anderen Seite hatte sie ihn jahrelang nicht gesehen. Da konnte sich ein Mensch verändert haben.
Sie blies den Atem hörbar aus und drehte sich um. Mitten im Raum gab es eine Besonderheit. Es war die nach oben führende Treppe. Von unten aus gesehen schien sie im Gebälk zu enden, denn weitere Räume malten sich dort oben nicht ab.
Aber zum Dach hin wurde es schon dunkler. Dort verdichtete sich auch das Gebälk. Thelma dachte daran, dass man sich da oben gut verstecken konnte.
Sie war beobachtet worden und Simon Long fragte: »Gibt es dort oben etwas Interessantes zu sehen?«
»Nein, da sieht man gar nichts.«
»Gefällt dir nicht, wie?«
»Genau!«
»Sollen wir nachsehen?«
Sie winkte ab. »Das brauchen wir nicht. Wenn ich allein gewesen wäre, okay, aber so denke ich nicht, dass sich dort jemand verbirgt. Chapman wird sich verspätet haben und hat damit gerechnet, sonst wäre der Tisch nicht gedeckt worden.« Sie ging wieder zu ihrem Platz und setzte sich. Ihr Gesichtsausdruck zeigte an, dass sie tief in Gedanken versunken war.
Das fiel den Männern ebenfalls auf. Wieder übernahm Simon Long das Wort. »Worüber grübelst du nach?«
»Ich weiß es noch nicht!«
»Gute Antwort.« Er lachte. »Fest steht, dass dir unser Zusammentreffen hier nicht gefällt.«
»Euch denn?«
Alle schüttelten die Köpfe.
»Gut«, sagte Thelma und zündete sich eine Zigarette an. »Wir sitzen also hier. Niemand weiß Bescheid, aber wir sind alle gekommen, weil wir irgendwo ein schlechtes Gewissen haben. Das hängt mit unserer Vergangenheit zusammen. Über unsere Jobs möchte ich im Einzelnen nicht sprechen. Dafür wird man in manchen Ländern der Welt hingerichtet. Wir haben also Dreck am Stecken.«
Burt Croft hob den linken Arm. »Mit höchster Einwilligung, Thelma das darfst du nicht vergessen.«
»Ja, stimmt schon. Mit der Einwilligung von oben. Aber Job bleibt eben Job. Wobei noch etwas anderes hinzukommt. Was wir getan haben, macht uns erpressbar. Ich denke, daran solltet ihr auch denken. Ja, wir sind erpressbar. Wenn jemand von uns erfährt, kann er uns fertigmachen, und das möchte ich nicht. Das war schon immer ein Trauma von mir. Ich kann mit meinen Gedankengängen völlig danebenliegen, aber ich ziehe die Möglichkeit in Betracht.«
Sie ließ die Worte wirken. Zunächst sagte auch niemand etwas. Bis Perry Hart fragte: »Warum sollte uns Chapman denn erpressen wollen? Ausgerechnet er?«
»Muss es Chapman sein?«
»Wer dann?«
»Was weiß ich.« Sie tupfte Asche ab. »Das kann durchaus eine andere Person sein. Chapman ist jemand, den wir nur beruflich kennen. Er hat uns ausgebildet. Er ist ein sauharter Knochen, wissen wir alle. Aber wie er sonst lebt, weiß keiner von uns. Nichts, was sein privates Leben angeht und wie er sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Ich habe da schon gewisse Befürchtungen.«
Keiner sagte etwas. Die Männer waren nachdenklich geworden. Selbst Simon Long hielt seinen Mund und schaute auf die Maserung der Tischplatte.
Es war sehr still geworden, und es war nur ein leises Knistern zu hören, als Thelma ihre Zigarettenkippe ausdrückte. »Hat keiner von euch einen Kommentar dazu?«
Burt Croft verzog das Gesicht zu einem Grinsen. »Doch, ich werde etwas sagen. Es ist mir egal, was ihr vorhabt. Ich werde jedenfalls nicht bis in alle Ewigkeiten hier in der Bude bleiben. Meine Frau liegt im Krankenhaus. Ich habe ihr versprochen, sie heute Abend noch zu besuchen. Und ich will auch meinen Sohn sehen!«
»Vater geworden?«
»Ja, Thelma. Zwar spät, aber immerhin.«
»Dann Glückwunsch.«
»Amos ist auch Vater, glaube ich«, sagte Perry Hart.
»Du hast ihn
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