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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Schwarze.
    Schwach, fast nur zu ahnen, leuchtete genau im Osten der Hang des Ah’rath. Er war der Berg des Vaters. Vor undenklichen Zeiten, irgendwann im Goldenen Zeitalter, war Nuak von dem Berg Ah’rath herabgestiegen. Er führte mit sich ein zänkisches, aber fruchtbares Weib, einen starken Sohn und eine schöne Tochter. Ferner einen Hengst und eine Stute, einen Kamelhengst und eine Kamelstute. Er war der eigentliche Stammvater der Söhne Nuaks, der Unruhig Wandernden.
    Das ließ Zainu an Zanah, sein wohlgerundetes, aber zänkisches Weib denken. Sie war in den letzten Tagen recht friedlich gewesen, trotz seiner zeremoniellen Räusche. Wahrscheinlich, weil ihr der Schwarze an seiner Seite Respekt einflößte. Aber die rechte Freude an ihr wollte sich immer schwerer einstellen, auch wenn Zetto, der jüngste Sproß, den er mit ihr hatte, sein ganzer Stolz war.
    Alle sieben heiligen Jahre zog der gewaltige Stamm von den fetten und überaus grünen Weidegründen des Landes Lu’ur hierher. Er wanderte weit und lange, und unterwegs wurden viele Menschen geboren. Auch starben ihrer viele, und die Straße der sieben Jahre war mit den Gräbern unendlich vieler Ahnen gesäumt.
    Irgendwo schrie ein Kamelhengst. Vom anderen Ende des Lagers erwiderte eine Kamelstute den brünstigen Schrei.
    Zainu kicherte: »Schon gut, schon gut, meine Lieben. Wir brauchen viele Kamele in den nächsten Jahren. Seid schön fleißig!«
    Er lachte und schlug sich auf die Schenkel, dann fiel sein Blick auf den Schwarzen, und er murmelte: »Ich brauche dich heute nicht mehr. Geh zurück in dein Zelt und schlafe. Morgen werden wir viel Arbeit haben.«
    Zainu war ein Erster Sohn und genoß nicht nur deshalb Achtung und großen Respekt im Lager. Er war außerdem, sosehr sie ihn auch hassen mochten, ein guter Führer, der den Stamm durch die Schwierigkeiten des Geländes und die Erschwernisse so mancher Winter brachte. Außerdem machte der Umstand, daß er der einzige war, der einen Sklaven besaß, sehr viel aus. Zainu war ein unerträglicher Tyrann, fünfundvierzig Sommer alt, zur Fettleibigkeit neigend wie eine verblühte Frau und von einem Temperament, von dem die Striemen auf so manchem Rücken zeugten.
    Er grunzte etwas vor sich hin, dann hob er die Schultern und betrat sein Zelt. Er bewohnte es allein: Töchter und Söhne, seine Zanah und das Kleinvieh störten ihn beim Denken. Sie verursachten Geräusche, die ihm nicht paßten.
    Zainu setzte sich auf ein Kissen, goß aus einer Tonnasche mit schlankem Hals gelben Wein in einen Becher und trank.
    »Wir werden die achtundzwanzig Tage auch noch überstehen!« brummte er, zog seine Stiefel aus und lag gleich darauf schnarchend auf dem Fell und schlief seinen Rausch aus.
    In jenen siebenmal sieben Tagen wurden viele Kinder geboren, Söhne oder diese fast nutzlosen Töchter. Auch wurden in diesen Tagen viele Söhne mit der rituellen Sichel beschnitten. Viele auch wurden mannbar, und nach den ausgelassenen Festen der zweiten, vierten und sechsten Siebentage kam es zu einer großen Zahl von Heiraten zwischen Mitgliedern des Stammes. Alle so ausgezeichneten Kinder des Stammes der Söhne Nuaks konnten sich als Erste Söhne oder Erste Töchter bezeichnen.
    Aus ihren Reihen kamen die Häuptlinge. Ein Häuptling aber mußte eine Erste Tochter heiraten. Als er, Zainu, die Wahl gehabt hatte zwischen einer schönen, wilden Frau und drei glutäugigen sanften, in deren Fett man versank, hatte er lange überlegt.
    Schließlich aber hatte er sich für Zanah entschieden. Sie war jung und fett, gutmütig und dumm, sanftäugig und außerordentlich fruchtbar. Doch in der letzten Zeit war sie aufsässig geworden. Er bewegte sich unruhig im Schlaf, rollte sich auf die andere Seite und schlief weiter.
     
    Die schwarze Schlange besaß Augen, mit denen sie in der Nacht sehen konnte. Sie hob den dreieckigen Kopf und züngelte. Sie suchte nicht, sie wußte, wo sie finden würde. Fast lautlos glitt sie durch das dünne Gras, wand sich um einen Felsblock und näherte sich der Rückwand des Zeltes. Ihre Augen musterten die Umgebung.
    Die höchste Zeltstange trug, senkrecht gestellt, ein Abbild der Mondsichel, einen Dreiviertelkreis, dessen spitze Enden aufwärts gebogen waren. Dies war das Zelt des Mannes, den sie sehen mußte.
    Sie verharrte auf einem kalten Stein, ringelte sich zusammen und hob den Kopf.
    In diesem Augenblick griff der struppige Köter an. Ohne Warnung, nur mit einem leisen, bösen Knurren stürzte er sich

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