Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
auf das Reptil und biß in die Mitte des Körpers. Knochen knackten, die lederne Haut riß auf. Die Schlange zuckte herum und biß den Hund in die Schnauze.
Er schien es nicht zu merken. Seine Läufe scharrten den Boden, und er warf den Kopf hin und her. Der Körper der Schlange wurde herumgewirbelt wie ein Stück Kameldarm. Dann versteifte sich der Körper der schwarzen Schlange. Sie drehte sich zusammen und fuhr mit dem Kopf unter ihren eigenen Leib – sie bildete einen Knoten.
Die Muskeln spannten sich. Die Schlange zog den Knoten zusammen. Der Schädel des Hundes befand sich innerhalb des Knotens. Aus seiner Kehle löste sich ein langgezogenes, qualvolles Gurgeln.
Die Schlange spannte ihre Muskeln ein letztes Mal an. Es gab ein Geräusch, das wie das Brechen eines starken Astes klang. Der Kopf des verendeten Hundes war eine zermalmte Masse aus Blut, Fell und Knochen.
Die Schlange schlängelte sich davon. Sie spürte die lebendige Wärme eines schlafenden Menschen und kroch zwischen dem Fell des Eingangs und dem Holz der Zeltstange in das Zelt Zainus hinein.
Dort richtete sie sich auf und blickte sich um. Jede Einzelheit des runden Raumes nahm sie wahr. Sie merkte sich die Lage des Felles, die Farbe der Polster, den kleinen Tisch und die umgestürzte Flasche.
Dann kroch sie wieder davon, als habe sie einem unsichtbaren Herrn Bericht zu erstatten.
Unter ihren Augen verwandelte sich die Landschaft.
Das strahlende Licht, das sie blendete, spiegelte sich im trägen Wasser des hochgehenden Flusses. Der Regen hatte längst aufgehört, aber Tau glitzerte auf den Spitzen der Halme. Rastlos lief eine Spinne auf ihrem Netz hin und her. Die Fäden waren mit funkelnden Diamanten besetzt. Das Land, vom Regen gesättigt, atmete Ruhe und Schönheit aus.
Hauptmann Partho hielt seinen prächtigen weißen Hengst an und hob den Arm. In der linken Faust trug er die zwei Mannsgrößen lange Lanze mit dem weißen Wimpel des Königshauses von Urgor.
Dragon ritt das größte und stärkste Tier, das sie hatten finden können. Es war ein schwarzweißer Schecke mit rosigen Nüstern und einem weißen, langen Schweif. Partho sah befriedigt, daß sich die beiden aneinander zu gewöhnen schienen. Dragon saß längst nicht mehr so verkrampft im Sattel. Aber oft gedankenversunken.
Sie zogen zum Berg Ah’rath, zu den Weisen der Berge, die ihm vielleicht nicht alles, aber vieles sagen würden, was er wissen wollte. Tausendmal tausend Fragen quälten ihn. Tausendmal tausend Träume hatte er gehabt, und alle waren verloren, und wie wirklich nun alles um ihn auch zu sein schien, glaubte er manchmal auf eine gespenstische Weise, in einem neuen, wilden Traum gefangen zu sein.
Hinter ihm ritt Amee, ausgerüstet wie ein Krieger. Sie führte ein Packpferd mit sich, ebenso Agrion, die hinter der Prinzessin ritt. Vor Ada befand sich Nabib, der sich in uferlosen Schilderungen alter Erlebnisse erging. Auch er führte ein Packtier, mit seinem Sattel durch eine lange, geflochtene Sehnenleine verbunden.
Ada hatte hinter sich einen der beiden Palastwächter. Partho hatte die geschicktesten und ausdauerndsten Männer ausgesucht, die er finden konnte. Hinter jenem ersten Mann ritt Iwa, die auch ein Packpferd führte. Ein ausgezeichneter Bogenschütze bildete den Schluß der kleinen Karawane.
Partho hoffte, daß sie jene fünf oder mehr Tage ohne ernsthafte Zwischenfälle hinter sich bringen würden. Er ließ die Augen ununterbrochen über das Gelände schweifen. Seit der großen Dürre und dem Siechtum König Alacs wurden die Pfade und Furten wieder unsicher – aber es gab keine großen Räuberbanden mehr. Alac hatte sie zerschlagen.
Amee dachte, während sie in einem leichten Trab das Ufer des Flusses entlangritten: Das ist er also, der schlafende Gott. Dragon, der Mann meiner Träume. Ist er das wirklich?
Nach langem Zögern sagte sie sich entschieden: Ja, er ist es. Jetzt, im klaren Licht des frühen Morgens, weiß ich es. In diesem Licht kann ich die Dinge sehen, wie sie wirklich sind. Noch ist Dragon nicht der Mann, von dem ich geträumt habe. Aber ich werde diesen Mann aus ihm machen. Mit Hilfe Parthos und der Hilfe der Weisen vom Berge.
Sie lächelte, als sie vor sich seinen breiten Rücken sah. Unter dem Stoff zeichneten sich die Schulterblätter und die Muskeln ab.
Hinter der Biegung des Hochwasser führenden Flusses verschwanden die Hügelketten, die hinter sich Urgor verbargen. Wolken segelten über den Himmel.
Hoch über der
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