Dragon Fire
merkwürdig. Keine Flügel, kein scharfer Schwanz, und die
Flamme brannte nicht. Was für ein schwaches Kätzchen, dieser Drache .
Die Flammen
versiegten, und jetzt waren sie ganz allein; die Straßen waren vollkommen
ausgestorben.
Der Fremde verwandelte
sich, während er immer noch in der Luft schwebte, und mit schockierendem
Geschick schwebte seine menschliche Gestalt zu Boden, wo seine nackten Füße
sanft auf der gepflasterten Straße aufsetzten. Der Ostländer hielt einen
Augenblick inne, um seine glatten schwarzen Haare zurückzuwerfen, deren Spitzen
aussahen, als wären sie in Gold getaucht worden.
»Geht es euch allen
gut?«, fragte er.
»Ren! Den Göttern sei
Dank!«, rief die Prinzessin aus, und Ragnar knurrte – nur ein bisschen. »Du
bist gekommen, um mich zu retten!«
Lachend ging der
Fremde auf sie zu.
»Ehrlich, Keita«,
schalt er sie leichthin. »An deiner Geschicklichkeit im Umgang mit Flammen
solltest du wirklich mal arbeiten!«
Er nahm ihr die
Metallschellen ab, und die Prinzessin rieb sich die Handgelenke.
»Ich hatte Angst um
mein Leben und war Gefangene von Lord Runzelbraue hier.« Sie zuckte die
Achseln. »Ich habe einfach … reagiert.«
»Lügnerin.«
»Ach, was soll’s. Die
wichtige Frage ist doch: Hat dir meine Rede gefallen?«
Er half ihr auf die
Füße. »Ein bisschen wortreich. Das Aufschauen zum Himmel mit den Tränen in den
Augen hat aber eine hübsche Note hineingebracht.«
»Fand ich auch. Das
muss ich mal wieder einsetzen.«
Der Rest ihrer Ketten
fiel zu Boden, und der Fremde ging um die Gruppe herum und holte seine Kleider,
die ein Stück entfernt lagen.
Während Vigholf und
Meinhard den Fremden mit immer noch gezückten Waffen scharf beobachteten, konzentrierte
sich Ragnar auf die Prinzessin. Sie warf ihm zuerst einen finsteren Blick zu.
Er warf einen genauso finsteren zurück. Vielleicht wurde auch ein bisschen höhnisch
geschnaubt. Dann stürmte sie plötzlich an ihm vorbei und warf sich in die Arme
des großen blauen Ochsen, der hinter ihm stand.
»Keita!«
Ihr kleiner Bruder hob
Keita in seine Arme und schwang sie herum. Keita staunte, wie groß er geworden
war. Jetzt war er vielleicht sogar schon größer als ihr Vater … und als ihr
Großvater. Er war riesig! Und das in Menschengestalt. Sie konnte kaum erwarten,
ihn zu sehen, wenn er sich verwandelt hatte.
Keita schlang ihrem
Bruder die Arme um den Hals und drückte ihn fest. »Ich bin so froh, dich zu
sehen, Éibhear!«
»Ich auch. Ist es
wirklich schon zwei Jahre her?«
»Oh ja.« Sie küsste
ihn auf die Wange und drückte ihn noch einmal. »Zu lange! Aber jetzt lass mich
runter. Ich will dich mal richtig ansehen.«
Er stellte sie auf den
Boden, und Keita trat zurück. Um genau zu sein musste sie mehrere Schritte
rückwärts gehen, bis sie ihn in voller Größe sehen konnte.
»Bei den Göttern des
Chaos, Éibhear. Schau dir an, wie groß du geworden bist!«
»So schlimm ist es
nicht«, sagte er verlegen. »Ich bin schon seit ein paar Monaten überhaupt nicht
mehr gewachsen.«
Sie wusste nicht, wie
sie ihm sagen sollte, dass er wahrscheinlich noch nicht ausgewachsen war, also
beschloss sie, es ihm gar nicht zu sagen. Er würde es selbst merken, wenn er
neue Hosen brauchte.
»Du siehst so gut aus
wie immer«, sagte sie stattdessen und genoss sein schüchternes Lächeln. Ah, sie
hatte ihn so vermisst. Als jüngstes ihrer Geschwister war er derjenige, den sie
bemutterte. An manchen Tagen konnte sie gar nicht genug für ihn tun, und sie
genoss es, denn er wusste es immer dankbar zu würdigen. Fearghus und Briec,
ihre ältesten Geschwister, waren die klassischen großen Brüder. Immer
beschützerisch und fürsorglich, passten sie auf sie auf, wann immer sie
konnten. Und dann war da noch Gwenvael. Was Alter und Temperament anging, war
sie Gwenvael am nächsten. Er war eher ein bester Freund als ein Bruder; sie
hatten sich beide viel Ärger eingehandelt, als sie am Hof ihrer Mutter
aufgewachsen waren. Aber das war mehr als ein Jahrhundert her, und die Zeiten
hatten sich geändert.
Genau wie die Dicke
von Éibhears Hals. Götter! Seht euch das Ding an!
»Also, was führt dich
hierher, Bruder?«
»Können wir diese
Diskussion ein andermal führen?«, fragte da diese Stimme, die sie schon seit
Tagen – vielleicht sogar seit einer ganzen Woche! – versuchte, aus dem Kopf zu
bekommen. Diese Stimme, die das Bedürfnis in ihr weckte, ihrem Besitzer das
Gesicht mit ihren Krallen abzureißen – und
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