Dragon Fire
sah
wieder zum Himmel hinauf und fragte: »Wo war ich?«
»Du hattest nichts zu
tun mit Baron Bampours tragischem Tod«, soufflierte die vertraute Stimme.
»Danke.« Sie räusperte
sich. »Ich bin nicht diejenige, die diese furchtbare Tat verübt hat. Ich bin
unschuldig! Und ich flehe euch alle an« – sie senkte den Blick und öffnete die
Arme, soweit die dicke Kette zwischen ihren Handfesseln es ihr erlaubte – »mich
vor diesem grausamen Schicksal zu bewahren, das ich nicht …« Keitas Worte
verebbten, und sie beugte sich ein wenig vor und versuchte über die
Menschenmenge und die Piken vor sich hinwegzublicken. Nach einer kurzen Pause
fragte sie: »Éibhear?«
Ihr kleiner Bruder, der
die gesamte Menge überragte, winkte ihr zu, und sie winkte mit einem
strahlenden Lächeln zurück. Dabei achtete sie allerdings darauf, sich nicht mit
der dummen Kette ins Gesicht zu schlagen. »Éibhear!«, jubelte sie. »Was tust du
denn hier?«
»Bin nur auf der
Durchreise«, rief er zurück. »Alles klar bei dir?«
»Oh, mir geht’s gut«,
antwortete sie ehrlich. »Bleibst du zur Hinrichtung?«
»Ich glaube, das wird
das Beste sein, dann können wir deinen Leichnam zu Mum zurückbringen.«
»Nicht zu ihr! Sie
würde nur auf meine Leiche spucken und um sie herumtanzen. Und wenn ich im
Jenseits festsitze, kann ich ihr nicht ihr jämmerliches Leben aus dem Körper
prügeln. Aber grüß Daddy von mir.« Keita verschränkte wieder flehentlich die
Finger und sagte: »Also, wo war ich?«
Sie hörte, wie ihr
Reisegefährte sich räusperte, und als sie zu ihm hinübersah, deutete er auf
etwas, das sich an all den Stadtbewohnern und Wachen vorbeigeschoben hatte und
jetzt direkt vor ihr vor dem Richtblock stand.
Sie musterte den Mann.
Sie konnte den Blitz in ihm riechen und wusste sofort, dass er ein Nordländer
war. Die blaue Kapuze seines Umhangs verbarg vermutlich violette Haare – wie
bei den Blitzdrachen üblich. Aber sein menschliches Gesicht war überraschend
gutaussehend für einen Barbaren. Scharf geschnittene Wangenknochen, köstlich
aussehende volle Lippen, ein starker Kiefer und eine schon einmal gebrochene
Nase, die dafür sorgte, dass er nicht zu perfekt aussah. Doch es waren seine
Augen, die den Verdacht in ihr weckten, dass sie ihn vielleicht von irgendwoher
kennen könnte. Sie waren blau mit silbernen Sprenkeln, wie winzige Blitze. Es
waren die schönsten Augen, die sie je gesehen hatte, und Keita war sich sicher,
dass sie sich daran erinnert hätte, wenn sie mit ihm im Bett gewesen wäre. Sie
gab sich Mühe, bei diesen Dingen sehr gut zu sein – vor allem, wenn sie mit den
ehemaligen Feinden ihres Volkes ins Bett ging, denn so etwas brachte alle
möglichen Probleme mit sich.
Sie zeigte auf ihn.
»Kenne ich dich nicht?«
»Was soll das hier?«,
fragte er, statt ihr zu antworten.
»Ich werde gerade
fälschlicherweise für etwas hingerichtet, das ich nicht getan habe.«
»Und doch habe ich den
Verdacht, dass du es sehr wohl getan hast. Jetzt schwing deinen Hintern hier herunter.«
»Meinen …« Keita
stemmte die Fäuste in die Hüften, was ihr die Kette beinahe nicht erlaubte.
Auch wenn sie sich weigerte zu glauben, dass ihre Hüften so breit waren.
»Geh bloß weg, bevor
ich wütend werde«, sagte sie.
»Ich habe dich schon
wütend gesehen. Hat mich nicht beeindruckt. Sag mir, Prinzessin, hast du mit
deinen winzigen Fäusten nach ihnen geschlagen oder deinen Schwanz benutzt, um
sie abzuwehren?«
Als Keitas Haut zu
jucken begann und das überwältigende Bedürfnis, alles innerhalb einer Wegstunde
zu töten, wie Honig aus ihren Poren strömte, wusste sie genau, wer dieser
arrogante, Blitze spuckende, nichtsnutzige Bastard war. »Du! Ich hätte dich
erledigen sollen, als ich die Chance dazu hatte, Warlord!«, erklärte sie.
»Hätte, hätte. Ich
wette, dein Leben ist voll von ›Hättes‹.«
»Nur, was dich angeht.
Denn ich hätte dir dein kraftloses Barbarenherz aus
deiner schwächlichen Brust reißen sollen, und ich hätte in einer wahrhaften Orgie aus Blut,
Schmerz und Leid um dich herumtanzen sollen und damit die dunklen Götter zu mir
rufen, damit sie mich zu ihrer Königin machen!«
»Keita?«, rief ihr
Reisegefährte leise aus.
»Was denn?«
Als er nicht
antwortete, hob sie den Blick von dem Drachen vor sich und ließ ihren Blick
über ihr Publikum schweifen. Die gesamte Menschenmenge beobachtete sie jetzt voller
Entsetzen.
»Ich könnte mich
irren«, sagte ihr Freund, »aber ich glaube,
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