Dragon Fire
deine ›Ihr guten Leute, ich wurde
fälschlicherweise angeklagt‹-Rede wird im Moment wahrscheinlich nicht
funktionieren.«
Und wessen Schuld war
das? Die Schuld des Blitzdrachen, jawohl!
»Bring es zu Ende!«,
schrie Baron Bampour von der Sicherheit seiner Schlossmauer herab, während
seine Männer sich um ihn drängten, um ihn in Sicherheit zu bringen.
Der Henker nahm Keita
bei den Schultern und riss sie zurück. Die Wachen unten am Boden versuchten,
den Blitzdrachen und die inzwischen nach ihrem Blut schreiende Menschenmenge
zurückzudrängen.
»Tja, ihr lasst mir ja
keine Wahl«, erklärte Keita den Schaulustigen.
»Keita, nein!«, rief
Éibhear aus. Typisch für ihren kleinen Bruder. Was sollte sie seiner Meinung
nach denn sonst tun? Sich von diesen Bauern wie ein Stück Fleisch aufhängen
lassen? Sie, ein Mitglied des Königshauses? Wollte er das?
Der Henker griff nach
der Schlinge, und Keita holte tief Luft. Doch da wurden Wachen zur Seite geschleudert,
und Ragnar der Bastard, wie sie ihn gerne nannte, wenn sie überhaupt an ihn
dachte, sprang auf den Richtblock und packte sie vorn am Kleid. »He!«, keuchte
sie. »Pass auf das Kleid auf!« Er ignorierte sie, wie er das anscheinend immer
tat, und warf sie sich über die Schulter.
»Lass mich runter!«,
befahl sie.
»Ruhe!«, knurrte er,
während er sich schon von dem Richtblock entfernte. »Schon allein der Klang
deiner Stimme nervt mich.«
Keita hob den Kopf und
sah die Wachen des Barons vorwärtsstürmen. »Tötet ihn!«, befahl sie ihnen,
woraufhin sie wie angewurzelt stehen blieben und sie anstarrten. Menschen. Sie
fand sie meistens zwar recht unterhaltsam, aber manchmal waren sie doch etwas
schwer von Begriff.
Mit ihren gefesselten
Händen gestikulierte sie zu dem Bastard hin, der mit ihr wie mit einem Sack
Korn über der Schulter davonspazierte. »Tötet ihn«, sagte sie noch einmal,
diesmal lauter und langsamer. »Jetzt!«
Endlich wurden
Schwerter gezogen, und die Dörfler stürmten los. Der Kampf begann, doch Keita
konnte nichts weiter tun, als hier auf der Schulter dieses Idioten zu hängen
und zu hoffen, dass die menschlichen Soldaten zu Ende bringen würden, was sie
vor zwei Jahren begonnen hatte.
»Keita!« Sie hörte die
eindringliche Warnung in der Stimme ihres Freundes und schaute zurück zum Richtblock,
von dem sie gezerrt worden war.
Der Henker, der in der
vergangenen Nacht zu ihrer Zelle gekommen war und ihr versprochen hatte, ihre
Leiche zu schänden, nachdem er ihren Hals gestreckt hatte – sie spürte, dass er
kein Interesse an ihr hatte, solange sie sich noch bewegte … und warm war –,
war vom Richtblock gesprungen und kam auf sie zu. Da der Barbar damit
beschäftigt war, mit den Wachen vor ihm zu kämpfen, hatte er keine Ahnung, dass
der Henker kam.
Sie sah, wie der Mann
unter seiner schwarzen Maske, die alles bis zu seiner Nase verdeckte, lächelte.
Er streckte die Hände nach ihrer Kehle aus. Eine ordentliche Drehung ihres
menschlichen Halses, und sie wäre Vergangenheit. Dieses Risiko gingen sie alle
ein, wenn sie sich in Menschen verwandelten – sie waren ein bisschen leichter
zu töten. Doch es gab ein paar Fähigkeiten, die Keita immer abrufen konnte,
egal in welcher Gestalt. Als sie also die dicken Finger an ihrem Hals spürte,
spie sie die Flamme, die sie aufgespart hatte, und verbrannte den Henker zu
Asche.
Natürlich zerstörte
sie damit auch den hölzernen Richtblock hinter ihm und steckte mehrere in der
Nähe stehende Gebäude in Brand, aber das ließ sich nicht vermeiden. Um sie
herum erstarrte alles, und alle Blicke waren auf sie und Ragnar gerichtet.
Und in diesem Moment
konnte Keita nichts weiter denken als: Uuups .
Ragnar blieb stehen
und schloss vor purer Verärgerung kurz die Augen. »Sag mir bitte, dass du nicht
getan hast, was ich glaube, dass du getan hast.«
»Es ist ja nicht so,
dass ich eine andere Möglichkeit gehabt hätte. Ich bin immer noch gefesselt!«
»Du musst ja wohl die
dümmste …«
»Es ist nicht meine
Schuld!«
Er hatte das Gefühl,
das würde ihr ewiges Mantra werden, was erklärte, warum er jetzt schon die Nase
voll davon hatte.
»Tötet sie, ihr
Dummköpfe!«, befahl jemand von der Schlossmauer herab.
Ragnar stieß ein
entnervtes Seufzen aus. »Vielen Dank auch, Prinzessin. Du hast gerade dafür
gesorgt, dass es noch schwieriger wird, und hast wahrscheinlich deinen übersensiblen
Bruder aufgeregt.«
Statt sich Gedanken um
ihr Leben oder seine Worte zu machen,
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