Dragon Fire
dass das ständige Geschnatter eines
gewissen großen blauen Drachen ihn ablenkte. Als er es sich gemütlich gemacht
hatte, zum Glück inzwischen wieder in seiner Drachengestalt, tat er, was er
immer tat, wenn er sich so fühlte – auch wenn er sich seiner Meinung nach noch
nie so schlecht gefühlt hatte. Ragnar öffnete seine Gedanken und rief. Ein paar
Sekunden später kam eine Antwort.
Mein Sohn.
Mutter.
Was ist los?
Ragnar hockte mit
angezogenen Hinterbeinen auf dem Boden, die Ellbogen abgestützt, sodass er den
Kopf in seine Klauen sinken lassen konnte.
Ich bin ein
Idiot , erklärte er
ihr schlicht.
Er hörte das
liebevolle Lachen seiner Mutter in seinem Kopf und fühlte sich schon besser. Oh, mein süßer Junge. Dagegen
kann ich leider nichts tun. Es liegt in deinen Genen. Genau wie der Blitz .
12 Fragma hörte das
Alarmhorn durch ihr winziges Eislanddorf schallen und umklammerte erschrocken
ihre jüngste Tochter. Die anderen Frauen ihres Dorfes taten dasselbe. Sie
schnappten sich das jüngste ihrer weiblichen Kinder und holten es ins Haus, weg
von den Straßen, weg von der Gefahr, von der sie wussten, dass sie Hunderte von
Wegstunden entfernt hinter den Bergen lauerte, die die Nordseite ihres Dorfes
einrahmten.
Aber sie kamen näher,
über den gefährlichen Bergpass herab und durch das Dorf, zerschmetterten alles,
was ihnen im Weg war und sie – wenn auch nur für eine Sekunde – auf dem Weg zu
ihrem endgültigen Ziel aufhalten konnte. Oder vielleicht würden sie gar
anhalten. Vielleicht war Fragmas kleines Dorf ihr endgültiges Ziel. Vielleicht
würde es Fragmas Tochter sein, die sie beanspruchten. Oder die Tochter ihrer
Freundin. Oder ihrer Nachbarin. Es konnte jedes der jüngsten Mädchen sein, und keine einzige Mutter,
die Fragma kannte, war bereit, dieses Risiko einzugehen. Denn wenn sie jemandes
Tochter erst mitgenommen hatten – dann wurde sie nie wieder gesehen.
Eine weitere Warnung
ertönte, und Fragma rannte, ihre Tochter fest an sich gedrückt, ins Haus. Sie
knallte die Tür hinter sich zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
Sie würden kommen. Und
Fragma konnte nichts weiter tun, als zu ihren Göttern zu beten, dass sie nicht
anhalten würden – und dass es das Kind von jemand anderem war, das sie holten.
Nicht ihres. Bitte, ihr Götter, nicht ihres.
Morfyd die Weiße
Drachenhexe nahm die Hand ihres Gefährten, verließ mit ihm ihr gemeinsames
Zimmer und ging den Flur entlang zu den Treppen. Bevor sie ihr Ziel erreichten,
blieb Brastias stehen, und als Morfyd sich ihm zuwandte, küsste er sie. Sie
seufzte, ihr Mund öffnete sich unter seinem, und sie schloss die Augen, während
eine neue Welle des Begehrens über sie hinwegspülte.
Seine große Hand
streichelte ihren Hals, ihre Wange, und als er sie zurückzog, fragte er:
»Müssen wir heute wirklich runtergehen? Können wir nicht im Bett bleiben?«
»Wir müssen beide
arbeiten. Abgesehen davon« – sie nahm sein Handgelenk und strich mit dem Daumen
über seine von der Arbeit harte Handfläche – »wenn wir heute im Bett bleiben,
werden wir auch morgen im Bett bleiben wollen und übermorgen und den Tag
danach.«
»Ich sehe darin kein
Problem«, neckte er sie.
So sehr Brastias es
auch versuchte, er konnte sie nicht täuschen. Sie wusste, dass er sie
aufmuntern, ablenken wollte. Und er tat das aus nur einem Grund – wegen der
Rückkehr von Keita, dem Familienliebling. Oder, wie Morfyd sie gerne nannte:
Keita die Monumentale Nervensäge.
Es hatte Morfyd immer
gestört, wie leicht es Keita fiel, ihr unter die Schuppen zu gehen und auch
noch an ihrem letzten Nerv zu zerren. Von dem Moment an, als ihre Mutter Keita
aus der Brutkammer nach Devenallt gebracht hatte, hatte Morfyds Schwester die
unnachahmliche Fähigkeit besessen, Morfyd auf Schritt und Tritt bis aufs Blut
zu reizen. Und jedes Mal, wenn sie es tat, bekam Morfyd die Schuld dafür. Keita
warf ihre dichte rote Mähne zurück und lächelte ihren Vater an, als könne sie
kein Wässerchen trüben, und ehe eine von ihnen es sich versah, wandte sich
Bercelak der Große an seine älteste Tochter und erinnerte sie freundlich daran,
dass sie die ältere war und sich um ihre kleine Schwester kümmern sollte – »und
sie nicht vom Berg werfen, wenn du weißt, dass sie noch nicht fliegen kann.«
Was, wenn sich Morfyd recht erinnerte, nur einmal passiert war, und das kleine
Gör hatte es verdammt noch mal verdient!
Aber jetzt waren sie
erwachsen. Und sie würden sich wie
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