Dragon Fire
Glück«, wünschte
ihr der Ostländer, als sie hinter dem Blauen die Treppe hinaufging. Ragnar warf
ihm im Vorbeigehen einen Blick zu, aber der fremde Drache wandte sich um und
drehte ihm den Rücken zu.
Natürlich – Ragnar
hatte bereits gehört, dass er das und noch viel mehr verdiente.
»Gut«, hatte seine
Mutter gesagt. »Du solltest dich schämen. Es war schlimm, was du zu ihr gesagt
hast.«
»Ich weiß«, hatte er
geantwortet.
»Du wirst dich bei ihr
entschuldigen müssen, mein Sohn.«
»Sie wird es mir nicht
leicht machen.«
»Du kannst dich nicht
zu deinen eigenen Bedingungen entschuldigen, Ragnar. Das wäre keine richtige Entschuldigung,
sondern eine formelle Handlung, die nur beschwichtigen soll. Damit es dir besser geht. Wenn es dir wirklich leid tut, was du
gesagt hast …«
»Das tut es.«
»Das sollte es auch
besser, denn ich habe dich nicht zum Gemeinsein erzogen, mein Sohn. Und wir
beide wissen, dass das gemein war.«
Er wusste es. Und das
zehrte an ihm. Es war eine Sache, kühl und berechnend zu sein, eine
Notwendigkeit, wenn man es mit Politik und Weltenlenkern zu tun hatte. Aber es
war etwas ganz anderes, gemein und grausam zu sein, weil er Probleme mit seinem
lange toten Vater hatte. Was auch immer er also tun musste, um die Sache mit
Keita in Ordnung zu bringen – ganz ehrlich, der Ostländer war ihm, abgesehen
von seiner Verbindung zu Keita, vollkommen egal –, er würde es tun. Wenn sie ihm
nur die Chance dazu gab.
Und während ihrer
restlichen Reise hatte sie ihm die Chance nicht gegeben. Da er und seine
Verwandten planten, sich auf den Heimweg zu machen, sobald sie hier fertig
waren, hatte er keine Wahl, als die Sache jetzt voranzutreiben. Er weigerte
sich, in die Nordländer zurückzukehren, solange sie ihn hasste.
Ragnar traf sie auf
der obersten Stufe, bevor sie in den Berg hineingingen. Er berührte sie an der
Schulter, und sie blieb stehen. Nach kurzem Zögern wandte sie sich zu ihm um.
Er hätte am liebsten den Blick abgewandt. Die königliche Kälte, mit der sie auf
ihn herabstarrte, machte seine Scham noch schlimmer, denn er wusste, dass er
niemandem außer sich selbst die Schuld geben konnte.
»Ja, Lord Ragnar?«
»Bevor wir
hineingehen«, sagte er, »will ich dir sagen, wie leid es mir tut. Was ich zu
dir gesagt habe. Es war falsch, und ich verstehe, wenn du mir nicht verzeihen
kannst, aber ich hoffe wirklich, dass du zumindest meine Entschuldigung
annimmst.«
Einen Moment lang war
sich Ragnar nicht sicher, ob er diese Worte laut ausgesprochen hatte. Nichts an
ihr änderte sich. Weder ihr Gesichtsausdruck noch die Kälte in ihrem Blick. Sie
zeigte keinen Ärger, keinen Schmerz, nicht einmal Langeweile.
Und ohne etwas zu
sagen, ließ Keita ihn stehen und betrat den gebirgigen Königshof der
Drachenkönigin. Ragnar folgte ihr schwer seufzend. Es schien, als würde er doch
nach Hause zurückkehren müssen, obwohl Keita ihn hasste.
Eine weitere
Treppenflucht wartete auf sie, und der Blaue stand mitten auf der Treppe,
tippte ungeduldig mit der Vorderklaue auf den Boden und schaute finster drein.
»Ihr zwei braucht ja ewig!«
Keita ging zu ihrem
Bruder und stellte sich neben ihn auf die Stufe.
Die Ungeduld des
Blauen verwandelte sich in Sorge. »Ist alles in Ordnung, Keita? Du siehst schon
seit mehreren Tagen so aus. Du machst dir doch keine Sorgen wegen Mum, oder? Du
weißt, wie sie manchmal ist. Nicht einmal die Hälfte von dem, was sie sagt, ist
auch so gemeint.«
Keita antwortete ihrem
Bruder nicht, sondern konzentrierte sich auf Ragnar, der jetzt am Fuß der
Treppe stand.
»Was sagtest du, Lord
Ragnar?«
Verdammt. Er wusste,
dass sie es ihm nicht leicht machen würde, aber … verdammt. Er schloss kurz die
Augen, wappnete sich und sagte noch einmal: »Es tut mir leid, Keita. Ich hoffe
wirklich, dass du mir verzeihen kannst.«
Der Blaue runzelte die
Stirn, sein Blick wanderte zwischen ihnen hin und her. »Was tut dir leid?«
Keita starrte
weiterhin Ragnar an. Sie hatte nicht vor, die Frage ihres Bruders zu
beantworten, sondern wartete geduldig, dass Ragnar es tat.
Nie zuvor hatte ihn so
sehr der Wunsch erfüllt, davonzulaufen wie ein erschrecktes Kaninchen. Aber er
erinnerte sich deutlich an die Worte seiner Mutter: »Du kannst dich nicht zu
deinen eigenen Bedingungen entschuldigen, Ragnar.«
Wie immer hatte seine
Mutter recht. Während er in Keitas dunkelbraune Augen sah, gestand Ragnar dem
Bruder gegenüber, der sie mehr liebte als sein Leben: »Ich habe
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