Dragon Sin: Roman (German Edition)
der Höhlenwand vorbei in die Kaverne blicken konnten, in der die Königin und ihre Begleiter warteten. Sie beobachteten die Königin, die ganz ruhig dasaß und ins Leere schaute. Um sie herum unterhielten sich ihre Begleiter; sie wirkten besorgt und verängstigt. Aber die Königin zeigte keine dieser Regungen. Sie saß einfach nur da.
Dann drehte sie plötzlich den Kopf und schaute Gaius und Varro an. Gaius sah lodernde grüne Augen, die ihn unter einer strähnigen Masse brauner Haare finster anblickten. Sofort lehnten sich die beiden Freunde wieder zurück.
»Es ist genau so, wie uns immer berichtet wurde, Gaius«, warnte Varro. »Sie ist verrückt.«
»Mist.«
»Wie bitte?«
»Sie kommt her.«
Genau das tat sie. Sie zwängte sich an Gaius’ Wachen vorbei in sein Privatgemach. »Also?«, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Also was?«
»Es ist ein ganz einfacher Handel, Rebellenkönig. Ich hole deine Schwester, und du hilfst mir, Thracius aufzuhalten. Was davon verstehst du nicht? Gute Götter, denkst du wirklich so langsam? Niemand hat mich gewarnt, dass du so schwer von Begriff bist.«
Gaius hob das Schwert auf, das neben ihm gelegen hatte, aber Varro packte seine Hand und hielt sie fest.
Die Königin schaute zuerst auf die beiden Hände und dann auf die beiden Männer. »Ihr zwei seid also zusammen?«
»Zusammen? Was?«
Sie wandte sich an Varro. »Kannst du nicht mit deinem Gefährten sprechen? Kannst du ihn nicht zur Vernunft bringen?«
Gaius machte seine Hand los und sprang auf. »Raus!«, brüllte er.
Annwyl schürzte die Lippen. »Ich gehe nirgendwohin.«
»Gaius …«
Gaius beachtete die Warnung in Varros Stimme nicht, sondern trat auf die Königin zu. »Raus! Sofort!«
Sie schaute zu ihm hinauf und fragte: »Wie hast du dein Auge verloren?« Gaius war sowohl von der Frage als auch von dem Umstand verwirrt, dass Annwyl die Hand hob, um seine Augenklappe zur Seite zu schieben. Er schlug ihre Hand weg. Daraufhin versetzte sie ihm eine Ohrfeige. Sie schlugen und traten und schubsten sich, bis Varro schließlich einschritt.
»Aufhören! Beide!«
Gaius hatte genug. Er ging auf den Ausgang zu und drängte sich an seinen eigenen Truppen und den Wachen der Königin vorbei. Annwyl folgte ihm.
»Ich gehe nicht!«, rief sie hinter ihm her. »Ich bleibe hier, bis ich das bekomme, was ich haben will!«
»Dann wirst du wohl hier sterben, Frau, denn von mir bekommst du gar nichts !«
»Das hast du ja prima gemacht«, murmelte Izzy. Annwyl drehte sich zu ihr um und deutete mit dem Finger auf ihr Gesicht.
»Weise mich nicht zurecht, kleines Mädchen.«
»Ich weise dich nicht zurecht, ich habe dir bloß eine Beobachtung mitgeteilt, Königin.«
»Aber mit einem Tonfall wie deine Mutter.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Rhona und bewies damit in Vigholfs Augen, dass sie die Vernünftigste in der Gruppe war.
»Ich gehe nicht von hier weg.« Dann schrie Annwyl in die Richtung, in die der Rebellenkönig verschwunden war: » Niemals! «
»Die Götter mögen uns erlösen«, murmelte Rhona und entfernte sich von der Königin.
»Sollen wir einfach hier herumstehen?«, fragte Vigholf. »Bis der König, den du gerade davongejagt hast, wiederkommt und sich eines Besseren besinnt? Dieser Drache wird seine Meinung nie ändern.«
»Warum nicht?«
Vigholf runzelte die Stirn und antwortete: »Weil er dich hasst.«
»Jeder hasst mich irgendwann. Aber jeder kommt auch irgendwann darüber hinweg.«
»Ich nicht«, erklärte Rhona.
»Annwyl«, warf Vigholf ein, »wir müssen nach Euphrasia zurückkehren. Wir müssen unseren Truppen und unseren Sippen helfen.«
»Wenn wir jetzt gehen, verlieren wir alles. Verstehst du das denn nicht?«
»Nein.«
» Fordere mich nicht heraus, Ausländer! «, brüllte Annwyl, doch genauso schnell schien die Kampfeslaune wieder nachzulassen. Sie rieb sich die Augen mit den Fäusten. »Ich kann jetzt nicht darüber reden.«
Die Königin ging davon, und Izzy gab Branwen ein Zeichen. »Behalte sie im Auge.«
Die Drachin folgte der Königin, und Rhonas hübsches Menschengesicht lief rot an. »Seit wann nimmt meine Cousine Befehle von dir entgegen?«
»Das war kein Befehl, aber wenn es einer gewesen wäre, müsste sie trotzdem gehorchen, denn ich bin der Knappe der Königin.«
»In welcher Welt steht ein Knappe höher im Rang als ein Soldat?«
»In Annwyls Welt. Tu mir bitte einen Gefallen und lass mich in Ruhe.« Izzy ging davon.
»Du kannst nicht
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