Dragon Sin: Roman (German Edition)
nicht geschadet.«
Bradana betrachtete die Klingen, die an Seilen von der Decke hingen. »Glaubst du nicht, dass sie weggeht, nur weil sie …«
»… von dir wegwill?«
Erneut zuckte sie mit den Schultern. »Ich weiß, dass ich sie ein wenig bedrängt habe. Ich habe von ihr mehr erwartet als von den anderen. Vielleicht tut sie das nur, um alldem zu entfliehen?«
Sulien legte den Arm um Bradanas Hals, zog sie an sich heran und küsste sie auf die Wange. »Wenn wir eines über unsere älteste Tochter wissen, dann ist es die Tatsache, dass sie ihre Geschwister niemals im Stich lassen würde, es sei denn für einen Drachen, den sie wirklich liebt. Wenn sie mit ihm geht, dann will sie es von ganzem Herzen. Weil sie ihn liebt. Und nicht bloß, weil sie vor irgendjemandem fliehen will.«
Bradana drängte sich an Sulien und legte den Kopf an seine Schulter. »Ich werde sie vermissen – diese unmögliche kleine Kuh.«
»Natürlich wirst du das. Über wen wirst du dich wohl beschweren, wenn sie weg ist? Autsch. Das war unnötig, Frau!«
Ragnar blieb stehen und seufzte. Laut.
»Was machst du da?«, fragte er die Drachin, die er liebte und die ihm die Arme um die Schultern geschlungen hatte.
»Ich will dich gefügig machen.«
»Darin bist du aber nicht sehr gut.«
»Das sagt jeder.« Sie ließ ihn los. Ragnar sah sie an und stellte bewundernd fest, dass sich die Belagerung der Insel nicht im Geringsten auf Prinzessin Keitas Kleidung ausgewirkt hatte. Ihr blaues Kleid glitzerte, ihr Schmuck aus Gold und Juwelen blinkte, aber sie trug noch immer keine Schuhe! Warum trug diese Frau keine Schuhe, wenn sie sich in menschlicher Gestalt befand? Gab es dafür moralische Gründe? War es eine Modesache? Welches Problem hatte sie mit Schuhen?
»Warum starrst du meine Füße an?« Sie hob eine Braue. »Erregen sie dich?«
»Keita …«
»Das ist es, nicht wahr?« Sie drückte die Zehen ihres rechten Fußes in die Erde, hob die Ferse ein wenig und sagte: »Sie sind anbetungswürdig. Wie ich selbst.«
»Ich habe dich vermisst, Keita«, sagte Ragnar zu ihr und machte allen Neckereien ein Ende. »Sehr.«
»Ach ja? Das höre ich gern.«
»Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?«
»Was soll ich denn sonst noch sagen?«
»Ich denke nicht, dass du irgendetwas sagen solltest. Es war nur eine Bemerkung.«
»Nun gut. Ich gehe jetzt zu meinen Brüdern.« Sie nickte, ging in die falsche Richtung davon, blieb stehen, drehte sich um und kam zurück. Sie schritt an ihm vorbei und blieb nach etwa zehn Schritten wieder stehen.
Dann wirbelte Keita die Schlange herum, rannte in seine Arme und umarmte ihn heftig. »Das ist alles deine Schuld!«, klagte sie.
»Was?«
»Wie sehr ich dich vermisst habe! Und wie viele Sorgen ich mir um dich gemacht habe. Es wäre schrecklich gewesen, wenn du verletzt oder sonst wie Schaden genommen hättest.« Sie wich von ihm zurück und betrachtete ihn. »Du hast doch keinen Schaden genommen, oder?«
»Es wird alles wieder verheilen.«
»Gut.« Sie legte ihm den Kopf an die Brust. »Glaub es oder nicht, aber ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn dir etwas zugestoßen wäre.«
Keita machte sich wieder von ihm frei und schlug ihm gegen den Brustkorb. »Was hast du bloß mit mir gemacht, Fremder? Ich betone ausdrücklich, dass du mich nicht mit deinem bösen Netz aus atemberaubendem Sex und bedingungsloser Liebe fangen wirst! Ich bin stärker!«
Und Ragnar seufzte – laut.
Auf dem Berg, der die Burg und das umgebende Gelände überblickte, setzte sich Rhiannon neben ihren jüngsten Nachkommen.
Seit er geschlüpft war, hatte sie gewusst, dass dieser Tag kommen würde. Für Fearghus und Briec war er ziemlich früh gekommen, für Morfyd recht spät. Und für Gwenvael und Keita … nun, für die beiden war er nie gekommen. Es war der Zeitpunkt im Leben eines jungen Drachen, in dem er kein Küken, kein Baby mehr war. Doch bis zum vollständigen Erwachsensein dauerte es noch ein paar Jahre. Für die meisten war es kein harter Übergang. Sie wurden einfach über Nacht vom naiven Drachenkind zur zynischen, unerträglichen Nervensäge. Aber Éibhear war schon immer anders gewesen. Klüger. Süßer. Sie hatte stets befürchtet, dass der Übergang für ihn nicht so einfach würde.
Nach dem, was Fearghus ihr gesagt hatte, würde es tatsächlich nicht leicht werden. Vor allem deshalb nicht, weil Éibhear sich für etwas die Schuld gab, das jedem von ihnen hätte passieren können. Und in gewisser
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