Dragon Touch
ist mein Gwenvael.«
Und Dagmar spürte es wieder. Dieses merkwürdige Gefühl im
Magen, jedes Mal, wenn Esyld irgendeine Art von Beziehung zu Gwenvael geltend
machte. »Wer bist du?«
Und wieder bekam Dagmar keine Antwort, weil Esyld zu beschäftigt damit war, mit der Zunge
zu schnalzen. »Jetzt sehe ich, was los ist«, sagte sie. »Diese Schweinehunde
haben Gift auf die Metallspitzen gegeben.«
»Sie haben was ?« Dagmar legte sofort die Hand auf Gwenvaels Stirn.
Er fühlte sich kalt an. Nicht gut, wenn er eigentlich aus Feuer bestand. »Du
musst etwas tun.«
»Das werde ich. Ich werde die Stücke herausschneiden
müssen. Eines nach dem anderen. Ich habe ihm seine menschliche Gestalt gegeben,
weil es so einfacher ist. Keine Schuppen, die man wieder aufreißen muss.«
Verärgert, dass die Drachin einfach nur so dasaß,
schnauzte Dagmar: »Solltest du nicht schon längst etwas tun?«
»Warum? Er geht nirgendwohin.«
»Das Gift?«
»Dafür ist es zu spät. Es ist schon in seinem Blutkreislauf.«
Dagmar hob die zitternden Hände und legte sie auf ihre
Augen. Der ruhige, schonungslose Klang der Stimme dieser Frau brachte sie um
den Verstand. Um die Logik.
»Na, na, Liebes. Kein Grund zu weinen. Ich bin mir sicher
… wah! «
Sie ließ die Frau nicht einmal zu Ende reden, bevor sie
sie im Nacken packte und ihren Kopf auf das metallene Bettgestell schlug. Zum
ersten Mal in Dagmars Leben wusste sie, wie es sich anfühlte, wie einer ihrer
Brüder zu sein – und es war ein ziemlich berauschendes Gefühl.
Esyld hielt sich die Stirn. »Au! Bist du wahnsinnig? «
Dagmar stand auf. »Jetzt hör mir mal gut zu, Esyld. Du
tust, was du tun musst, damit es ihm besser geht. Mixe an Tränken, was auch
immer nötig ist, ruf die nutzlosen Götter an, die du verehrst, und egal, welche
Tiere diese nutzlosen Götter verlangen: opfere sie – es ist mir egal. Aber sorg
dafür, dass es ihm wieder gut geht. Oder ich schwöre bei aller Vernunft …«
»Was?« Die Drachin ragte jetzt über Dagmar auf. »Was wirst
du tun, du Vernunft-Liebhaberin? Was glaubt eine offensichtliche Anhängerin von
Aoibhell, mir antun zu können?«
»Ich kann dafür sorgen, dass das hier deine letzte ruhige
Nacht im Wald ist. Ich kann dafür sorgen, dass jedes männliche Wesen – Mensch,
Drache oder sonst etwas – erfährt, dass du hier lebst. Allein. Ich werde dafür
sorgen, dass dich zu jagen ein Sport wird, dem sie nicht widerstehen können.«
»Und vielleicht verwandle ich dich einfach auf der Stelle
in Asche.«
»Glaubst du wirklich, das würde mich aufhalten?«, grinste
Dagmar höhnisch. »Wirklich?«
Nach einem Augenblick des gegenseitigen Anstarrens
schüttelte die Drachin mit gerunzelter Stirn den Kopf. »Nein. Ich glaube
nicht.« Sie trat von Dagmar zurück. »Wer bist du?«
Sie fand es fast amüsant, dass die Frau die Stirn hatte zu
fragen. »Ich bin Dagmar Reinholdt, Einzige Tochter Des Reinholdts.«
» Du bist Die Bestie?«
»Manche sagen das.«
»Ich muss zugeben, dass man es nicht gleich sieht … bis
man in diese Augen schaut.« Esyld rieb sich die Stirn und verzog das Gesicht,
dann ging sie zu einem kleinen Tisch voller getrockneter Kräuter, halb
abgebrannter Ritualkerzen, mehreren verschiedenen Dolchen und einem Zauberstab.
»Ich muss sagen, ich weiß es zu schätzen, wie du ihn beschützt. Das hat er
verdient.«
Um nicht noch einmal dieselbe Frage zu stellen, versuchte
es Dagmar diesmal mit: »In welcher Verbindung stehst du zu ihm?«
»Nicht, was du denkst.« Sie ließ über die Schulter ein
kurzes Lächeln aufblitzen. »Er ist mein Neffe.«
»Neffe?«
»Aye.« Sie brachte eine große Schüssel, ein sauberes Tuch
und einen scharfen Dolch hinüber zum Bett. »Meine Schwester ist Königin
Rhiannon. Als sie an die Macht kam, floh ich. An ihrem Hof werde ich jetzt
Esyld die Verräterin genannt.«
»Und bist du es?«
»Nicht mehr seit ein paar Jahrhunderten. Und jetzt« – sie
sah auf Gwenvael hinab – »hilf mir, ihn ans Bett zu binden. Und ihn zu
knebeln.«
Es war nicht das erste Mal, dass er an ein Bett gefesselt
aufwachte. Noch war es das erste Mal, dass er an ein Bett gefesselt und
geknebelt aufwachte.
Doch wenn er sonst gefesselt und geknebelt aufwachte,
verspürte er wunderbares Vergnügen. Keinen Schmerz. Zumindest nicht diese Art
von Schmerz. Schmerz, der so roh und brutal war, dass er mehrmals versuchte,
sich zurückzuverwandeln, aber nicht konnte. Er spürte, dass es etwas mit dem
Halsband zu tun hatte,
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