Dragon Touch
das er trug. Es besaß große Macht und beschnitt so seine
eigene.
Jemand hatte ihn mit dem Gesicht nach unten am Bett
festgebunden, damit er etwas aus seinem Körper herausreißen konnte. Etwas
Lebenswichtiges? Er hatte keine Ahnung. Er wusste nur, dass es wehtat, und er
wollte, dass der Schmerz aufhörte. Er musste aufhören. Er konnte nicht denken
mit all diesen Schmerzen. Konnte nicht verstehen, wo er war oder wie er
hergekommen war. Er konnte auch nichts sehen wegen all dem Schweiß, der ihm in
die Augen rann und brannte. Doch er konnte eine sanfte Stimme hören, die ihm
sagte, dass alles wieder gut werde. Kein Grund zur Sorge. Nur noch ein kleines bisschen .
Aber er wusste, dass sie log. Er wusste, dieser Schmerz würde ewig anhalten,
und er verstand nicht, warum sie ihn nicht einfach umbrachte. Niemand sollte so
leiden. Am wenigsten er selbst.
Er spürte, wie die Klinge wieder in sein Fleisch eindrang,
und schrie, etwas gedämpft durch den Knebel.
Ihr Götter, warum brachte sie ihn nicht einfach um?
Dagmar hörte wieder Gwenvaels gedämpften Schrei, zog die
Beine auf den Felsblock, auf dem sie saß und schlang die Arme darum. Sie hatte
versucht, drinzubleiben, aber ihre ständigen Drohungen gegen Esyld hatten die
Drachin schließlich gezwungen, ihr zu befehlen zu gehen.
Sie schämte sich, es zuzugeben, aber sie war bereitwillig
gegangen. Sie hatte nicht gewusst, dass es sie so sehr durcheinanderbringen
könnte, jemanden leiden zu hören. Sie hatte bei ihren Schwägerinnen die
teilweise schweren Geburten erlebt, und stets war sie die Kühle,
Verantwortungsvolle im Raum gewesen, auf die sich die Hebamme immer verlassen
konnte. Sie hatte auch schon Heilerinnen assistiert, wenn ihre Brüder und
Vettern schwer verwundet gewesen waren. Einem ihrer Vettern war von seinem
Pferd das Bein zerquetscht worden. Sie war die Einzige gewesen, die geblieben
war, um der Heilerin zu helfen, es abzunehmen. Er war den ganzen Eingriff über
wach gewesen und hatte sie angefleht, es nicht zu tun, aber Dagmar wusste, dass
die Heilerin keine Wahl hatte.
Auch wenn sie erleichtert gewesen war, als ihr Vetter
schließlich doch das Bewusstsein verlor, hatte sie damals nie so ein Gefühl
gehabt wie jetzt – als könnte sie jeden Messerschnitt, jedes Ziehen fühlen,
wenn Esyld die gezackten Metallstücke aus Gwenvaels erschöpftem Körper riss.
Dagmar hatte sogar das Gefühl, das ekelhafte Gebräu schmecken zu können, das
Esyld ihm in die Kehle gegossen hatte, bevor sie begonnen hatte, ihn
aufzuschneiden. Sie hatte gehofft, dass es etwas gegen die Schmerzen wäre, aber
es sollte Gwenvaels Körper nur helfen, das Gift durch die Haut auszuspülen.
Gwenvael schrie wieder, und Dagmar schloss fest die Augen
und legte die Stirn auf die Knie. Sie atmete tief ein und aus und zwang sich
zur Ruhe.
Leise Geräusche aus dem Wald um sie herum weckten Dagmars
Aufmerksamkeit. Sie hob den Kopf und beobachtete den riesigen Wolf, der leise
auf sie zugetrottet kam. Bei seinem Anblick lächelte sie.
Ein hundeartiges Tier, egal, welcher Art, war ein willkommener
Anblick für sie. Ohne Knut war sie für den Trost eines vierbeinigen Freundes
durchaus bereit, das Risiko einzugehen, gebissen zu werden.
»Hallo.« Er kam ohne Zögern zu ihr, und Dagmar streichelte
ihm mit den Fingerknöcheln den Kopf. »Du brauchst ein Bad«, neckte sie ihn.
»Du bist mutig.« Eine Frau trat aus dem Wald und kam auf
Dagmar zu. »Die meisten haben Angst vor ihm.«
»Ich komme gut mit Hunden zurecht.«
»Darf ich?« Die Frau deutete auf den Teil des Felsbrockens
neben Dagmar, der noch frei war.
»Ja.«
»Danke.« Sie legte das große Bündel, das sie auf dem
Rücken hatte, ab, und setzte sich schwer ausatmend hin. »Ich bin verflucht
fertig.«
Sie war eine Kriegerin. Eine Kriegerin, die schon bessere
Tage gesehen hatte … oder Jahre. Sie sah aus, als wäre sie um die vierzig
Winter alt und war von Narben übersät. Sie hatte Narben im Gesicht, auf den
Händen, am Hals. Dagmar nahm an, dass sie unter ihrer Kleidung noch mehr hatte.
Es schien, als sei die Kriegerin zu arm für eine ordentliche Rüstung. Sie besaß
nur einen Waffenunterrock und ein gepolstertes Oberteil, eine Leinenhose und
äußerst abgetragene Lederstiefel. Ihre braunen Haare waren lang und lockig, und
von mehreren Kriegerzöpfen durchwebt. Aber was Dagmar am meisten faszinierte,
war die Farbe ihrer Haut. Sie war eine von den Wüstenmenschen. Selten fand
jemand, der so weit im Süden geboren war, den
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