Drahtzieher - Knobels siebter Fall
ihn Stephan und Marie kennengelernt, als sie ihm bei der Lösung eines früheren Falles begegnet waren und unausgesprochen so etwas wie ein Team wurden, in dem ein jeder aus seiner beruflichen Funktion heraus unterschiedliche Perspektiven und Aspekte entwickelte, die sich mosaikartig zu einem für alle überraschenden Ergebnis zusammenfügten. Als gebürtigem Südeuropäer konnte Ylberi die Wärme nichts anhaben. Er war mit diesem Klima vertraut und wusste ihm mit sparsamer Bewegung und dem regelmäßigen Genuss von Tee zu begegnen, während Schreiber in seinem roten Poloshirt schwitzte und seinen Durst mit zimmerwarmer Limonade zu stillen versuchte.
Schreiber erläuterte das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung des Fensterwischers: Man hatte an der Wischlippe und auch am Schaft, dort allerdings nur verdünnt, Siliciumdioxid gefunden, das bei der bekannten Emission der Cleanochem AG im Industriegebiet am Dortmunder Hafen am 12. September freigesetzt worden war und sich in der näheren Umgebung wie Niederschlag abgesetzt hatte. Der Umstand, dass diese Substanz nur in verdünnter Konzentration am Stiel des Wischers festgestellt wurde, ließ den Rückschluss zu, dass die Scheiben von Liekes Pkw unter Zuhilfenahme von Wasser gereinigt wurden, was auch naheliege, weil die ausgetretene weißliche Substanz dazu neige, Kratzer und Schleifspuren zu hinterlassen, wenn man versuche, sie trocken zu entfernen.
»Der Wagen war nicht übermäßig, aber durchgehend leicht mit diesem Stoff überzogen«, warf Ylberi ein. »Diesem Umstand wurde damals keine besondere Bedeutung beigemessen. Man kam nicht auf die Idee, die Verschmutzung des Autos zu analysieren, weil es keinerlei Hinweise darauf gab, dass diese in irgendeiner Weise für den tragischen Unfall ursächlich oder mitverantwortlich war. Man ging einfach davon aus, dass es sich um eine gewöhnliche leichte Verschmutzung handelte.«
»Wir haben den Fensterwischer am heutigen Tag auf Fingerabdrücke und DNA-Spuren untersucht«, fuhr Schreiber fort, »und dabei herausgefunden, dass diese Spuren zweifelsfrei mit einigen derjenigen übereinstimmen, die wir bei den Einbrüchen in das Hofgebäude in Dorsten sichern konnten, und zwar sowohl bei dem ersten Einbruch, der ausschließlich die Wohnung der Lieke van Eyck betraf, als auch bei dem von Verwüstungen begleiteten Einbruch, bei dem erneut die Wohnung von Lieke van Eyck, zusätzlich aber auch diejenige der Eheleute Anne und Hermann van Eyck sowie deren Büro betroffen war. Es sind jedoch Spuren einer Person, die nicht als Täter der Einbrüche in Betracht kommt.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Marie.
»Wie Sie wissen, haben wir im Rahmen der Spurensicherung bei beiden Einbrüchen eine Fülle von Spuren gesichert«, antwortete Schreiber. »Das liegt auf der Hand, denn die Wohnungen und das Büro wurden ja normal genutzt, sodass auch alle Personen, die sich legal darin aufgehalten haben, ihre Spuren hinterlassen haben. Das betrifft folgerichtig nicht nur die Bewohner, also Lieke und Anne van Eyck sowie deren Mann, sondern auch alle Besucher. Der Täter – wir gehen in der Konsequenz wirklich nur von einer Person aus – hat bei der Ausführung der Taten offensichtlich Handschuhe getragen. Wir haben keine Spuren an den Stellen gefunden, die vom Täter angefasst worden sein müssen, beispielsweise an den Fenstergriffen innerhalb der Räume, mit denen er, nachdem er die Scheiben von außen eingeworfen hatte, die Fenster durch Zugriff von außen nach innen geöffnet hat. Es gab auch keine Fingerabdrücke an Schubladen oder Einrichtungsgegenständen, die der Täter im Laufe der Tat von ihrem früheren Platz gerissen haben musste. Man bekommt im Laufe der jahrelangen Erfahrung eine recht präzise Vorstellung davon, wie so eine Tat abläuft und somit auch davon, wie und in welcher Reihenfolge Gegenstände angefasst werden, wenn es sich um Geschehensabläufe handelt, die den hier Streitigen ähnlich sind. Die Spuren, die wir auf dem Fensterwischer gefunden haben, befinden sich demgegenüber in der Wohnung von Lieke van Eyck überraschenderweise an Stellen, die der Einbrecher nach unserer Meinung gar nicht berührt hat, nämlich zum Beispiel an der Innenseite eines Wäscheschranks im Schlafzimmer der Wohnung von Lieke van Eyck oder auch an der Unterseite eines Badezimmerspiegelschranks in der Besuchertoilette der Unternehmensberatung der Eheleute van Eyck.«
»Und es sind nicht die Fingerabdrücke von Lieke van Eyck«,
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