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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Moderator spulte seinen Text monoton herunter. Das Monotone tat gut, es beflügelte Wanninger. Er fuhr Richtung Westen, kreuzte in Lütgendortmund und Bövinghausen ziellos durch die Straßen und quartierte sich schließlich für eine Nacht in einem schäbigen Hotel an der Stadtgrenze ein, das er zufällig fand.
    Es gab keinen Portier. Er erhielt den Zimmerschlüssel von der Wirtin, einer recht korpulenten Frau Mitte 30, die eher widerwillig die leere Gaststube verließ, in der alte Schlager spielten, um ihn in den ersten Stock zu führen. Der Flur zwischen den Zimmern war dunkel. Eine Korblampe beleuchtete ihn notdürftig. Die Wände waren mit brauner Textiltapete beklebt, der Boden mit grauem, verschlissenem Teppichboden belegt. Es roch muffig. Die Wirtin fragte, ob er ein Zimmer nach vorn zur Straße oder nach hinten raus haben wolle. Es waren keine weiteren Gäste da. Sie sagte, sie hätte immer nur Leute im Haus, die auf Montage seien. Im Moment liefe es überall schlecht. Wanninger sagte, er wolle ein Zimmer, aus dem er noch herauskomme, wenn Feuer sei. Sie musterte ihn misstrauisch. Sie war sich sicher, dass er Dreck am Stecken hatte. Noch nie war jemand in ihr Hotel gekommen, der so feinen Zwirn trug.
    »Rauchen ist verboten!«, sagte sie und verlangte Vorkasse. Sie streckte ihm ihre geöffnete Hand entgegen. »80 Euro bar, keine Karten!«
    Das waren die Konditionen. Wanninger verstand, dass der hohe Preis für diese Abstiege Garantien beinhaltete. Sie schloss die Tür zu Zimmer 5 auf.
    In dem Zimmer hingen alte schwere Vorhänge vor dem Fenster. Sie zog den dicken karierten Stoff zurück und öffnete es. Von draußen zog milde Abendluft ein.
    »Unten sind Garagendächer«, sagte sie. »Wenn Feuer ist, müssen Sie springen!«
    Er warf einen Blick nach unten, dann nickte er, schloss sofort wieder das Fenster und zog die schweren Vorhänge zu. Wanninger stellte die Reisetasche auf eine speckige Kofferablage und den Laptop auf den kleinen schlichten Holztisch neben dem Fenster. Dann zückte er einen 100-Euro-Schein aus seinem Portemonnaie und gab ihn ihr.
    Sie sah ihn fragend an.
    »Stimmt so!«, sagte er.
    »Soll ich Sie morgen früh wecken – oder wenn Feuer ist?«, fragte sie. »Handynummer?«
    »Ich reise ohne Handy«, antwortete er. »Es stören sonst so viele!«
    Er lächelte vielsagend.
    Sie nickte. Der Typ war professionell. Sie verließ das Zimmer und wünschte ihm augenzwinkernd eine gute Nacht.
    »Schließen Sie ab!«, rief sie ihm von der Treppe aus zu. »Und wenn Sie morgen gehen, legen Sie den Schlüssel auf die Theke. Die Tür nach hinten in den Hof ist immer von innen zu öffnen, die nach vorn zur Straße abgeschlossen.«
    Er verriegelte die Tür von innen und warf sich auf das Bett, dessen Matratze unter ihm nachgab und ihn in eine tiefe Kuhle sinken ließ. Wanninger starrte eine Weile an die Decke und ließ die Ereignisse im Konzerthaus durch seinen Kopf gehen. Zwischendurch schlief er eine Weile. Irgendwann in der Nacht stand er auf, legte seinen Anzug ab und duschte in dem kleinen Badezimmer. Die Duschtasse war alt und voller Risse. Wider Erwarten kam aus der Brause ein satter warmer Strahl, in dem er sich reckte und massieren ließ. Gisbert Wanninger kam wieder zu Kräften. Als er aus der Dusche stieg, war das unansehnliche Badezimmer von Wasserdampfschwaden erfüllt. Er nahm ein frisches T-Shirt und Boxershorts aus seiner Reisetasche, rubbelte seinen Körper mit einem mitgebrachten Handtuch ab, hing es dann zum Trocknen über eine Stuhllehne und setzte sich an den alten schmucklosen Tisch. Er klappte den Laptop auf und schloss ihn an. Das Gerät fuhr hoch. Wanninger sammelte sich. Vor seinem geistigen Auge war alles klar und geordnet. Dann begann er, die Geschichte niederzuschreiben.

27
    Der Anruf des Tankwarts weckte Stephan am kommenden Morgen um 5.30 Uhr. Er war noch zu benommen, als dass er den schnellen Worten des Tankwarts folgen konnte, der ihm mitteilte, dass der gesuchte Stammkunde mit dem silbernen Mercedes gerade sein Auto betankt habe und es dem Mitarbeiter der Tankstelle gelungen sei, diesen zu überzeugen, direkt mit Stephan zu sprechen, um zu klären, worum es gehe. Mit diesen Worten gab der Tankwart sein Handy an den Kunden weiter, der sich nicht mit Namen meldete, sondern zunächst nur fragte, mit wem er spreche.
    Stephan wurde nun hellwach, hielt mit der einen Hand das Handy an sein Ohr und stieß mit der anderen Marie an, die noch unter ihrer Bettdecke vergraben war und

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