Drake (German Edition)
wie alt sie eigentlich war, aber jetzt war bestimmt nicht der Zeitpunkt für eine solche Frage.
Gerade, als er nach einer versöhnlichen Entgegnung suchte, wandte sie sich abrupt ab und ließ ihn sprachlos zurück. Sie ging einfach zur Tür und war weg.
Er blickte entgeistert die Tür an. War es das Ende einer Beziehung, die eigentlich gar keine gewesen war? Im Grunde genommen hatte er keine Erfahrung in diesen Dingen. Was ihn so irritierte, war diese merkwürdige und kindliche Art, wie Jenaveve die Welt sah. Selbst wenn sie und die anderen Mädchen unter dem Einfluss der Sternbergs standen, sollte man meinen, dass sie etwas mehr Weltverständnis besaßen. Oder war dieser Mangel vielleicht beabsichtigt?
Er schüttelte ratlos den Kopf.
Im Grunde seiner Seele war er aufgewühlt, aber die Unruhe über seine Entdeckungen behielt die Oberhand über seine Gefühlswelt. Er musste die Ergebnisse unbedingt noch einmal überprüfen. Falls sie sich bestätigten, blieb ihm tatsächlich nichts anderes übrig, als Sternberg zu informieren. Er konnte sich allerdings schon jetzt ausmalen, was Sternberg daraufhin veranlassen würde. Eine Rückkehr zur Erde würde auf keinen Fall infrage kommen.
Stunden später lag er auf seinem Bett und verfolgte auf seinen Frames einige beunruhigende Vorgänge im Schiff. Irene Koss SERVICE , scheinbar allgegenwärtig und nie der Nachrichten müde, berichtete von Abordnungen der einzelnen Units, die bei Captain Hoffmann vorstellig geworden waren. Sie forderten zwar keinen Abbruch der Expedition, aber eine umfassende Darlegung darüber, welche Pläne die Schiffsführung für die nahe Zukunft verfolgen würde. Weder von Captain Hoffmann noch von Sternberg war bisher etwas darüber zu hören gewesen.
Nachdem einige radikalere Besatzungsmitglieder wütend Zugang zur NAV verlangt hatten und den Eingang mit Fußtritten traktiert hatten, war es zu einigen Handgreiflichkeiten gekommen. Werfel wunderte sich darüber, dass Sternberg Koss SERVICE ungehindert darüber berichten ließ. Die Fußtritte konnten Unentschlossene, die sich momentan noch neutral verhielten, unter Umständen zu mehr inspirieren. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Lage zu eskalieren drohte.
Die Modepuppe Mulholland HEAD reagierte schließlich mit einer halbherzigen Erklärung, in der sie eine schnelle Lösung versprach, sobald die Untersuchungen abgeschlossen seien.
Untersuchungen. Welche Untersuchungen? Alle Spezialisten der Unit Eleven, einschließlich Werfel selbst, hatten die Timeless von oben bis unten untersucht, gescannt und kopiert. Sie hatten nichts gefunden, noch nicht einmal einen verdächtigen Micropoint, der nicht dahin gehörte, wo er sein sollte. Das Schiff war in demselben Zustand wie bei seinem Abflug, nur mit dem Unterschied, dass George lahmgelegt war, vier Personen fehlten, McCoy von einem Scrag aufgespießt war und Tamini nackt und bewusstlos in einer Kammer gelegen hatte. Merkwürdigerweise war keine Spur von seiner Kleidung gefunden worden. Allenfalls Tamini könnte Licht in das Dunkel bringen, sofern ihn die übervorsichtigen Ärzte endlich einmal aufwachen ließen. Im Augenblick hatten sie hauptsächlich Angst davor, bei ihrem prominenten Patienten zu vorschnell zu handeln.
Mulholland HEAD wäre besser beraten gewesen, die Wahrheit zu sagen und zuzugeben, dass alle nur darauf warteten, dass Tamini aufwachte. So eine Mitteilung wäre einleuchtend gewesen und so etwas hätten die Leute verstanden. Stattdessen erzählte sie den Quatsch von laufenden Untersuchungen.
Weitaus interessanter wären die Daten und die Aufnahmen von Drake. Werfel war fasziniert von diesem Planetensystem. Ein einfacher gelber Stern, ähnlich der Sonne im heimatlichen System. Zehn Planeten, keine Monde, keine Asteroiden oder eine umgebende Schale wie der Oort’sche Gürtel. Alles schien wie sauber gefegt.
Über allen Scans hatte ein undeutlicher Schleier gelegen, sie schienen wie Aquarelle gemalt. Wahrscheinlich eine Nachwirkung der Zeitanomalie. Auch mit den Filtern der All-Arrays waren keine deutlicheren Ergebnisse erzielt worden.
Von den Planeten waren anscheinend nur Nummer 2 und Nummer 3 besiedelt. Wenn man von einer Besiedlung sprechen konnte. Die Aufnahmen waren zu unscharf gewesen.
Auf jeden Fall besaß Nummer 2 eine atembare Atmosphäre und genügend Wasser in Form von unzähligen kleinen Meeren oder großen Seen. Das Land erschien in einem undefinierbaren Blau-Grün. Werfel hatte keine Ahnung, was das zu
Weitere Kostenlose Bücher