Drake (German Edition)
ergebnislosen Suche nach Pearl gesprochen hatte.
Eine irritierende Aussage für Werfel, denn die Timeless hatte nicht den Auftrag gehabt, nach Pearl zu suchen. Zudem war er vollkommen überrascht von der Tatsache, dass Tamini offensichtlich im Besitz der Koordinaten von Pearl war. Bisher war er der festen Überzeugung gewesen, als Einziger die Daten der Sternsysteme auf der Sternberg-Linie zu kennen. Jenaveve hatte ihn nur mitleidig angelächelt, als er ihr davon erzählte. Natürlich wollte er mehr darüber von ihr erfahren, aber sie hatte abgewinkt. Es wäre besser, wenn er nicht über alles Bescheid wüsste, hatte sie gesagt. Nach ihrer Aussage war selbst Sternberg entsetzt darüber gewesen, dass Tamini die Koordinaten kannte.
Werfel war nicht bloß entsetzt. Er kam sich vor wie ein kleiner Junge, den man mit einer Handbewegung abgekanzelt hatte. Mehr noch. Er erkannte, dass sein Forschungsschiff für ein Wettrennen unter Milliardären benutzt worden war. Am meisten ärgerte er sich darüber, die ganze Zeit über in dem Glauben gewesen zu sein, Sternberg die Timeless aus der Nase gezogen zu haben, aber Tamini hatte wohl von Anfang an anderes im Sinn gehabt. Jetzt standen er wie auch Sternberg wie begossene Pudel da.
Aber auch Tamini gehörte nicht zu den Gewinnern. Er hatte Pearl anscheinend nicht gefunden. Werfel ging diese Aussage nicht aus dem Kopf. Sie deckte sich mit einer Beobachtung, die er in den letzten Wochen gemacht hatte, der er aber nicht nachgegangen war, weil er sie auf einen Messfehler geschoben hatte.
Escorial, Safira, Blue Boy. Von den Standorten dieser Planeten aus besaß er Beobachtungsdaten von Pearl. Jedes Mal war das System ein kleines Stück weiter aus der Sternberg-Linie ausgewandert. Er hatte für die Abweichungen die Hauner’sche Konstante verantwortlich gemacht, wonach Lichtablenkungen durch Gravitationseinflüsse möglich waren. Aber gerade eine Annäherung sollte exaktere Ergebnisse liefern können, was bei Pearl nicht der Fall war.
Also wich das System tatsächlich von der Linie ab. Wenn Tamini es nicht gefunden hatte, dann musste es sich schon weit außerhalb der ursprünglich errechneten Position befinden. Zusätzlich konnte der Effekt der Verschleierung durch den Asteroidengürtel schon wirksam sein. Kein Wunder, dass Tamini Pearl nicht entdeckt hatte. Zudem war er nicht im Besitz von Werfels Informationen über die Veränderungen des Gürtels.
Werfel setzte sich vor seine Frames und wies George an, nach Pearl zu suchen. Near-by stand zwar weiter draußen in der Galaxis als Hide Hellions Eye und Blue Boy, war aber rund 2000 Lichtjahre näher. Eine Abweichung musste also noch deutlicher zu sehen sein.
Es dauerte eine Weile, bis George fündig wurde. Pearl war als schwach leuchtende Kugel auf dem Frame zu sehen. Bevor Werfel George anwies, die tatsächliche Abweichung von der Sternberg-Linie zu errechnen, gab er ihm die Aufgabe, eine wahrscheinliche Abweichung aufgrund der bekannten Daten anzugeben. Anschließend verglich er beide Ergebnisse. Sie stimmten bis auf die vierte Kommastelle überein. Demnach war Pearl in den letzten 80 000 Jahren über 11 Lichtjahre vom ursprünglichen Standort in Richtung des äußeren Randes der Galaxis hin abgewichen.
Werfel blickte verblüfft auf die Daten. Es war einfach unglaublich.
Wieder gab er George eine Anweisung, nämlich den aktuellen Standort von Pearl zu berechnen.
Eine Verschiebung von über 400 Lichtjahren! Die Beschleunigung war mit berücksichtigt. Demnach befand sich das System beinahe schon in der Leere zwischen den Galaxien.
Unmöglich. So etwas war unmöglich. Jedenfalls war es nicht natürlich. Pearl entfernte sich demnach mit einer Geschwindigkeit von beinahe einem Promille der Lichtgeschwindigkeit aus dem Randarm der Milchstraße auf Andromeda zu. Und noch etwas anderes fiel ihm auf: Einige Sterne in der Umgebung von Pearl hatten sich auf dem letzten Scan rapide verändert. Sie glichen riesigen Gasbällen, die kurz vor einer Explosion standen und in absehbarer Zukunft nur noch als auseinandertreibende Gaswolken existieren würden.
Er lehnte sich zurück. »Unmöglich«, flüsterte er.
»Was ist unmöglich?«, fragte Jenaveve, die wie jeden Abend leise in seine Räume geschlichen war. Er war so konzentriert gewesen, dass er sie nicht gehört hatte.
»Tamini hat die Wahrheit gesagt«, meinte er fassungslos. »Er konnte Pearl gar nicht finden. Das System ist nicht mehr dort, wo es sein sollte.« Mit knappen Worten
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