Drake (German Edition)
Warteschleife um ein unvollständiges Ganzes. Es konnte noch Tage dauern, bis sein Erinnerungsvermögen wiederhergestellt war.
Das logische Denken bereitete ihm immer noch Schwierigkeiten. In der Beziehung herrschte derzeit ein Durcheinander, nur hin und wieder kamen labile Verbindungen zustande, die jedoch nur nutzlose Ergebnisse produzierten.
Seine Organe dagegen arbeiteten einwandfrei. Er fühlte sich besser denn je, sofern man in seinem Zustand überhaupt von einem Fühlen sprechen konnte. Sein Körper signalisierte Bereitschaft, damit konnte sein Gehirn aber nichts anfangen. Bereitschaft wozu? Er stellte diese Information zurück. Zu gegebener Zeit würde er auch dieses Teilstück des Puzzles an der richtigen Stelle einpassen können.
Doch da war noch etwas anderes. Etwas, das nicht zu dem fertigen Ganzen passte und auch nicht dazugehörte. Er ahnte, damit würde es Schwierigkeiten geben. Es fiel ihm schwer, diesen Teil zu ignorieren oder hintenanzustellen. Das Wort ›Kontrolle‹ fiel ihm dazu ein, ohne genau definieren zu können, was das Wort bedeutete. Ein Nicht-Ich im Hintergrund, gegen das er anzukämpfen versuchte. Zaghaft zunächst einmal, aber er spürte sofort, dass er keinen Erfolg haben würde. Das Fremde in ihm umgab ihn wie eine schwarze Wand, undurchdringlich und unangreifbar.
So gesehen, konnte er nichts anderes tun, als abzuwarten, was mit ihm passieren würde.
»Laut den Werten müsste er in den nächsten Minuten zu sich kommen«, hörte er jemanden sagen.
Er war sofort da. Ohne Müdigkeit oder einem Anzeichen der Verwirrung. Kaum hatte er die Augen aufgeschlagen, funktionierten seine Sinne wie eine Maschinerie, die man per Knopfdruck aktiviert hatte.
»Medizinische Station«, sagte er. Es war eine Feststellung, keine Frage. Er wusste sofort, wo er sich aufhielt. Ockergelbe Streifen an den Wänden. Die medizinische Station der Unit Eleven. Er schlug die Decke zurück und stand auf.
Kein Schwindelgefühl, keine Unsicherheit.
»Haben Sie etwas Vernünftiges zum Anziehen?«, fragte er die verblüfften MED s. Im Hintergrund sah er einen Arzt hektisch auf seinen Frame einreden. Wahrscheinlich informierte er gerade die Sternbergs von Taminis Erwachen aus der Bewusstlosigkeit.
Das würde ein sehr interessantes Treffen geben, aber Tamini hatte keine Angst davor, ganz im Gegenteil, er erwartete die Konfrontation mit Freude. Ihm ging es blendend. Einzig irritierte ihn, dass er keine Erinnerung daran hatte, was eigentlich passiert war. Bei dem Begriff ›Schwarm‹ endete sein Erinnerungsvermögen. Kurz zuvor waren alle Besatzungsmitglieder in der Zentrale der Timeless zusammengekommen, um über das Fehlen des Systems Pearl zu diskutieren. Alle waren sich einig darin gewesen, dass Pearl mit einigen anderen Sternsystemen einer Katastrophe zum Opfer gefallen sein musste. Der Sektor glich einem einzigen wabernden Meer aus Gasen und auseinanderdriftenden Gesteinsbrocken. Georges Berechnungen zufolge mussten die Sterne bereits vor einigen Tausend Jahren synchron in einer kosmischen Katastrophe explodiert sein. Eine niederschmetternde Erkenntnis nach dieser langen Reise.
McCoy hatte vorgeschlagen, zunächst das ursprüngliche Ziel anzufliegen, nämlich das mehrere Tausend Lichtjahre entfernte System Drake, und das Ereignis aus dieser Entfernung zu beobachten. Tamini hatte schließlich zugestimmt, obwohl er keinen Vorteil darin sehen konnte. Was sollte er mit einer Zeitanomalie anfangen? Die Erforschung dieses Phänomens war ihm ziemlich gleichgültig. Pearl war ihm wichtig gewesen, aber dieser Traum war wohl ausgeträumt.
Ein MED reichte ihm eine Bordkombination. Als er den Overall überstreifte, kam ein Mann von der FORCE ins Zimmer. Tamini erkannte ihn sofort. Es war Scott Cohen. Er selbst hatte ihn damals für das Projekt bei Sternberg empfohlen. Erstaunlicherweise konnte er sich jetzt, nach diesem Zwischenfall, an beinahe alle wichtigen Leute auf der Unit Eleven erinnern. Anscheinend hatte ihm die medizinische Betreuung ganz gutgetan.
»Cohen FORCE «, stellte sich Cohen vor. »Captain Hoffmann würde Ihnen gerne ein paar Fragen stellen, wenn Sie in der Verfassung dazu sind, Mr. Tamini.«
Tamini zog die Augenbrauen hoch. Hoffmann, nicht Sternberg? War Sternberg mittlerweile so abgehoben, dass er seine Lakaien nach vorne schickte? Oder sollte das eine bewusste Provokation sein?
»Was ist mit Sternberg? Traut er sich nicht, mit mir zu sprechen?«
»Captain Hoffmann wird Ihnen alles
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