Drake (German Edition)
eine Gestalt, die etwas schlanker und weicher erschien und dazu eine Art Helm mit einem feinen Netz vor dem Gesicht trug.
Eine Frau!
Ein weiblicher Cobo Ya Ya, kein Zweifel. Caitlyn meinte, weibliche Brüste auf dem androgynen Körper zu entdecken, dazu einen etwas breiteren Hüftansatz.
Hatte Leila in dem Scan nicht erwähnt, dass die Spezies in einem strengen Patriarchat lebte? Dass Frauen eine untergeordnete Rolle spielten? Anscheinend hatte sich im Drake-System in den letzten Jahrhunderten einiges geändert.
Viel war von dem vermeintlichen Frauengesicht nicht zu sehen, aber das war für die meisten in der NAVIGATION in diesen Momenten unwichtig. Sie standen alle noch unter dem Schock der Ereignisse.
Hoffmann sank in einen Sessel. »Gibt es irgendwelche Vorschläge, wie wir denen begegnen sollen?«, fragte er kraftlos. Ohne eine Antwort abzuwarten, befahl er dann: »Die FORCE soll sie durchlassen. Keine Aktionen, keine Dummheiten!«
Jeder in der NAVIGATION wappnete sich auf seine Weise für die Ankunft der Cobo Ya Ya. Einige wichen zurück oder drückten sich in die Schwalbennester. Andere blieben nahe bei den Kontrolleinheiten, darunter auch welche, die sinnlose Tätigkeiten an den Geräten ausführten.
Captain Hoffmann besann sich seiner Führungsrolle und erhob sich aus dem Sessel. Danach nahm er eine Position in der Mitte der NAVIGATION ein. Mit dem Gesicht zum Eingang. Der Erste Offizier Ken Carruther stellte sich an seiner Seite auf. Etwas zögerlich folgte Joseph Liechti, der Leiter der NAV .
Caitlyn blieb im Schwalbennest sitzen.
Auf den Frames verfolgte sie den Weg der Cobo Ya Ya. Gerade eben bogen sie in den großen Hauptgang ein, der schließlich zur Lobby führte. Danach kamen die Räume der NAVIGATION .
Dieser lange Weg von der Schleuse bis hinauf in die Zentrale des Schiffes war eine berechnete Einschüchterung. Die Cobo Ya Ya hätten das Führungstrio der Unit Eleven auch schlichtweg zur Schleuse befehlen oder gefangen nehmen können. So aber wurde der Marsch durch das Schiff zur reinen Machtdemonstration.
Sie gingen im Gleichschritt und Caitlyn fiel dabei die etwas zu runde Gangart auf. Sie hatte etwas Schleichendes, Katzenhaftes. Es fehlte das ausgleichende Nachwippen des menschlichen Gehens, die Individualität der Schritte. Es gab kein Verzögern oder gar den Ansatz eines Fehltritts, jeder Schritt war gleich und perfekt.
Ihre Hände steckten bis zu den Ellenbogen in einer Art langer Handschuhe, auf denen verschiedene Symbole eingeprägt waren.
Koss SERVICE zeigte die fünf Wesen aus jedem nur erdenklichen Blickwinkel. In aller Größe und in allen Details. Ganz deutlich waren fremdartige dunkle Stränge in der Muskulatur zu sehen, die in der Abfolge der Kontraktion und des Erschlaffens in einem leichten Blau aufleuchteten. Ganz offensichtlich benutzten die Cobo Ya Ya nicht nur ein künstliches, zusätzlich verstärkendes Muskelsystem, sondern setzten es auch als eine optische Komponente ein. Ob es eine Funktion besaß oder zur Abschreckung oder gar zur Verschönerung diente, blieb dahingestellt, Caitlyn war es im Endeffekt gleichgültig. Furcht einflößend war es allemal.
Alle hielten den Atem an, als die große, gläserne Eingangstür zurückschwang und die Abordnung die NAVIGATION betrat. Die seitlich Stehenden wichen unwillkürlich vor den flankierenden Scrags zurück, die mit ihren skelettartigen und nach vorne gerichteten Spitzen in der Luft schwebten.
Als einer der Scrags dicht an Caitlyn vorbeizog, spürte sie, wie sich die Härchen auf ihrer Haut aufstellten. Außerdem meinte sie, die Energie, die von dem Mordinstrument ausging, durch ein dumpfes Gefühl in ihrer Magengegend wahrzunehmen. Ein stechend scharfer, leicht an Chlor erinnernder Geruch stieg ihr in die Nase, war aber nach einigen Sekunden wieder verflogen.
Einer der Scrags kam direkt vor ihrem Schwalbennest zum Stehen, als die Abordnung vor Captain Hoffmann anhielt. Obwohl die Oberfläche des Scrags wie poliertes Aluminium erschien, konnte Caitlyn keine Spiegelung der Umgebung wahrnehmen. Die blitzenden Konturen auf den Biegungen der Rippen mussten direkt aus dem Inneren stammen. Sie erschienen so unwirklich, dass sie sich fragte, ob die Objekte vielleicht Projektionen sein konnten. Allerdings warfen sie deutliche Schatten auf den Boden, also waren sie im Raum gegenwärtig.
Caitlyn blickte auf die Frames an der Wand, als der vorderste der Cobo Ya Ya zu sprechen begann. Ihren eigenen Frame traute sie sich nicht
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