Drake (German Edition)
falsch.
Eine Hand griff nach ihm und stoppte seine Drehbewegung. Victorias Gesicht erschien vor seinen Augen und sie sagte etwas, das er nicht hören konnte. Er schüttelte verständnislos den Kopf und nickte zugleich beruhigend. »Ich bin okay«, sagte er dumpf. Es klang, als würde er in sich hineinreden.
Benommen blickte er in die Runde.
Vor ihm lag ein verschmortes Bündel, das einmal Caitlyn Mulholland gewesen sein musste. Rechts am verschlossenen Fenster zappelte Sternberg in der Schwerelosigkeit und kreischte in höchsten Tönen. Victoria neben ihm winkte mit beiden Händen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Sie deutete nach hinten in den Salon, wo sich gerade Leila unbeholfen an den Seilen auf ihn zubewegte. Neben ihr schwebten Royce und Jenaveve.
»Dies fehlende Schwere ist ungewöhnlich für mich«, meinte Leila entschuldigend. »Es sind so viele Faktoren zu beachten, um nicht die Orientierung zu verlieren.«
»Sind Sie wahnsinnig geworden!«, sagte er fassungslos. Seine Stimme klang unnatürlich laut und gleichzeitig gedämpft wie von weit her. »Sie haben Caitlyn Mulholland getötet!«
»Das war nicht die Person, die Sie mit Caitlyn Mulholland bezeichnen«, entgegnete sie schnippisch, zeigte auf das Bündel und knickte dann ihren Finger affektiert ein. »Etwas war faul im Staate Dänemark. Das war eine Cobo Ya Ya, die Caitlyn Mulholland dargestellt hat. Haben Sie das nicht bemerkt?«
Er hörte sie nur sehr leise, aber er hatte die Worte verstanden. Erleichtert mahlte er mit den Kiefern und drückte vorsichtig gegen seine Ohren. »Ich kann Sie kaum verstehen. Womit haben Sie denn geschossen? Mit komprimierten Schallwellen?«
Sie gluckste leise, als hätte er einen guten Witz erzählt.
»Sie haben eine sehr skurrile Vorstellung von Luftbewegungen. Es tut mir leid, dass Sie in den Randbereich des Clusters geraten sind, aber ich konnte in der Eile den Doppler nicht fokussieren. Es ist etwas ungewohnt, wenn man ihn zuvor noch nie angewendet hat.«
Er sah sie ungläubig an. »Okay, lassen wir das. Woher wussten Sie, dass sie eine Cobo Ya Ya war?«
»Ich habe die Frau, die Sie Caitlyn Mulholland nennen, in Begleitung eines Hohen Ya in der Schleuse gesehen. Danach habe ich Royce und Jenaveve benachrichtigt und mich schleunigst auf den Weg hierher begeben.«
»Es wäre nett gewesen, wenn Sie uns auch benachrichtigt hätten«, meinte er sarkastisch.
Er konnte jetzt wieder besser hören, auch wenn ihn noch ein leises Singen störte.
»Es wäre ihr Todesurteil gewesen. Die Cobo Ya Ya besitzen ein feines Gespür für Stimmungen und Seelenschwingungen. Erinnern Sie sich? Ich hatte Sie darüber informiert, dass ihre Nervenenden überaus sensibel reagieren. Die falsche Mulholland hätte sofort gemerkt, dass Sie von ihrer wahren Identität wissen.«
»Wozu überhaupt das ganze Theater mit diesem Austausch? Die Cobo Ya Ya haben das Schiff doch fest in ihrer Hand.«
»Es geht nicht um das Schiff. Es geht um die Existenz des Drake-Systems. Solange sie mich nicht unschädlich gemacht haben, ist ihre Zukunft in Gefahr, also greifen sie zu jedem Mittel. Eine Entführung ist dabei noch das wenigste.«
Verotroicx überlegte einen Moment.
»Wir müssen Caitlyn befreien. Ich gehe mit Ihnen auf die Plattform.«
»Ich komm auch mit«, mischte sich Victoria ein. »Hier gibt es ja nicht mehr viel zu tun.« Sie zeigte auf den toten Tamini auf dem Medo-Larry.
Er nickte abwesend. Richtig. Tamini. Ermordet von seinem Kontrahenten Sternberg. Oder war es eine vermeintliche Notwehr gewesen? Im Grunde genommen würde es gleichgültig sein. Wenn sie jemals zur Erde zurückkehrten, mochten sich die Gerichte damit beschäftigen.
Sternberg klebte als Häufchen Elend in der Ecke und verfolgte die Diskussion mit ängstlichem Blick. »Ich habe ein Recht darauf, sofort auf die Timeless gebracht zu werden«, sagte er leise.
»Royce und Jenaveve werden bei Ihnen bleiben, bis wir zurück sind«, entschied Verotroicx.
Beide schüttelten jedoch den Kopf. »Wir gehen mit auf die Plattform.«
Er sah sie erstaunt an. Hatte Khartum nicht einmal erwähnt, dass Royce besonders an der Treue zu den Sternbergs festhielt?
Leila brachte die Diskussion zu einem Ende. Sie hangelte ungeschickt zu Sternberg hinüber und fuhr ihm kurz über die Stirn. Augenblicklich sackte er in seiner Ecke zusammen.
»Wir holen ihn später ab«, erklärte sie lapidar. »Durch die Eliminierung der weiblichen Cobo Ya Ya geraten wir etwas in Zeitdruck. Deswegen
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