Drake Schwestern 01-02 - Daemmerung des Herzens-06.07.12-OK
Führung, während Abbeys Stimme in vollendeter
Harmonie in den Gesang einfiel.
Hannahs Stimme rief die Elemente an, die sie kannte
und liebte. Erde. Wind. Feuer. Regen. Blitze zerschnitten den Himmel. Wind
wehte. Regen ergoss sich aus den Wolken. Und die Kraft schwoll weiterhin an.
Ihre Hände bewegten sich so anmutig, als dirigierte sie eine Symphonie der
Magie.
Kate lockte den Geist mit dem Versprechen an, ihm
Frieden zu bringen. Ruhe. Eine Familie, die ihn mit offenen Armen erwartete,
der er lieb und teuer war und die ihm keine Schuld zuwies. Ein Unfall, nicht
die Hand eines Gottes aus uralter Zeit, der wütend auf ihn war, weil er seinen
Lieben erlaubt hatte, an etwas teilzunehmen, was nicht ihm galt. Ein unseliger
Unfall, nichts weiter. Joley sang von Weihnachtsfesten, vergangenen,
gegenwärtigen und zukünftigen. Von einer Stadt, die sich dem Ziel verschrieben
hatte, dass sämtliche Einwohner auf vielerlei Art und Weise gemeinsam feierten.
Von Festspielen zu Ehren der alten Götter und einer Galaveranstaltung für jene,
die an keinen Gott glaubten. Die beiden Stimmen verbanden sich miteinander, die
eine singend, während die andere Geschichten erzählte. Gemeinsam erschufen sie
ein nahtloses Gewebe, um die verlorene Seele nach Hause zu führen.
Schließlich erhob Abbey ihre Stimme, ein Ruf nach
jenen, die umgekommen waren, und eine Aufforderung an sie, ihre Lieben
willkommen zu heißen. Da sie die Wahrheit einfordern konnte, sprach sie auch die
Wahrheit. Sie flocht ihre Stimme in das kunstvolle Gewebe ein und versprach
Frieden und Ruhe und endlich den lang ersehnten Schlaf in den Armen derer, die
er am meisten liebte.
»Er kommt. Zaghafter Glaube regt sich in ihm, und
er will seine Chance ergreifen«, sagte Elle. »Er zaudert noch, aber er ist
unglaublich erschöpft und die Vorstellung, seine Frau und sein Kind zu sehen
und in den Armen der beiden zu ruhen, ist für ihn unwiderstehlich.«
Libby hob gemeinsam mit Hannah ihre Arme und sandte
das Versprechen einer Heilung aus, nicht des Leibes, sondern die Genesung von
Geist und Seele. Mit ihrer Kraft verstärkte sie den Wind und fügte Kates
wohltuendem Frieden ihre heilenden Kräfte hinzu.
Die Windstärke nahm zu, bis ein Sturm losbrach, der
durch Sea Haven fegte und den Nebel zum Meer trieb. Zu dem Haus auf der Klippe
und den sieben Frauen, die Hand in Hand an der Brüstung standen. Die weiblichen
Stimmen verströmten eine unglaubliche Kraft, die sich in der Luft, über dem
Land und über dem Meer ausdehnte und sich gemeinsam mit dem Wind erhob. Diese
Kraft rief, sie versprach, sie wies den Weg.
Und der Nebel antwortete. Der dichte graue Dunst
wandte sich dem Meer zu, anfangs widerstrebend, nur kleine Ranken, die sich
vortasteten, zaghaft und furchtsam.
Die Stimmen schwollen an. Der Wind wehte durch den
Nebel.
Elle streckte eine Hand nach Kate aus. »Jetzt,
Kate. Geh jetzt zu ihm.«
Kates betörende Stimme sprach weiterhin unablässig,
auch dann, als sie die Augen schloss und sich vorsätzlich in die Schattenwelt
begab. Er war da. Ein großer, ausgemergelter Mann, den der Kummer
niederdrückte. Er sah sie an und schüttelte betrübt den Kopf. Sie hielt ihm
ihre Hand hin. Neben ihr zuckte Elle zusammen, als ein bestialisches pelziges
Geschöpf mit glühenden Augen Kate hasserfüllt anstarrte. Die schlangenartigen
Ranken wanden sich, rollten sich zusammen und zischten, als seien sie lebendig
und wollten sich auf ihre Schwester stürzen. Elle hielt sie einzig und allein
mit ihrer unglaublichen Kraft zurück, um Kate die Zeit zu geben, die notwendig
war, um den Geist Abrams zu sich zu locken.
Kate erzählte eine Geschichte von der Liebe eines
Mannes zu seiner Frau und seinen Kindern. Eines Mannes, der den kühnen
Entschluss fasste, sich gegen das zu stellen, was andere für richtig hielten,
und seiner Familie erlaubte, an einer Aufführung teilzunehmen, die dazu gedacht
war, Menschen zusammenzuführen. Sie sprach von Gelächter und Freude und seinem
Stolz auf seine Familie, als er ihr zusah. Und von den Gräueln eines
entsetzlichen Unfalls. Von den Kerzen und dem trockenen Stroh, von den schweren
Brettern, die auf so viele stürzten. Sie erzählte ihm, wie der Mann seine
Lieben sterben sah. Von den Schuldgefühlen und dem Grauen. Von dem Verlangen,
jemandem die Schuld daran zu geben ... sich selbst die Schuld daran zu geben.
Joley und Abbey sangen leise, die Stimme einer Frau
und eines Kindes, die einen geliebten Menschen zu sich riefen, damit er
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