Drake Schwestern 07 - Sturm der Gefuehle-01.07.12
weinen und sieh mich an.«
Elle hob ihr tränenüberströmtes Gesicht, stieß sich mit den Fersen ab und presste ihren Rücken fest an die Wand. Sie zog die Knie an, um ihr Gesicht teilweise dahinter zu verbergen, doch sie sah ihn an – und sie hörte ihm zu, und genau das wollte er.
»Ich bin nicht tot.«
Elle runzelte die Stirn und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
»Sieh mich an.« Er hob seine Hände und drehte sie mehrfach. »Ich bin nicht tot.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Du hattest Angst, wenn ich dir meinen Schwanz in den Mund stecke, würde das auf irgendeine Weise meinen Tod herbeiführen. Ich bin aber nicht tot. Du hast mir Genuss verschafft und ich bin immer noch am Leben.«
Sie zuckte sichtlich zusammen. »Aber ...«
»Stell dich nicht so an, meine Süße. Du wolltest sehen, ob ich mich zu dir hingezogen fühle, und jetzt hast du es gesehen. Du wolltest sehen, ob du mich befriedigen kannst, und jetzt hast du es gesehen.« Er legte den Kopf auf eine Seite. »Himmel nochmal, Kleines, Raketen sind in die Luft gegangen. Und zwar so heftig, dass du mich zu Boden schlagen konntest. Ich bin voll auf den Arsch gefallen.« Er grinste sie an.
»Das ist nicht komisch.«
»Ein bisschen schon. Überleg dir das doch nur mal: Ich habe meinen Samen im ganzen Zimmer verspritzt und bin von meiner eigenen Jeans, die mir um die Knöchel hing, zu Fall gebracht worden und auf den Arsch geknallt. Das war eine gewaltige Leistung, Elle. Du machst keine halben Sachen.«
Sie blieb stumm und grübelte. Sie hätte es gern so gesehen wie er, aber sie fühlte sich als Versager. »Ich weiß noch nicht mal, was passiert ist. Gerade ging es mir noch blendend, und ich habe alles, was ich mit dir gemacht habe, mit Begeisterung getan und wollte dich mit jeder Faser meines Körpers, und dann ist von einem Moment zum anderen alles schiefgegangen. Ich kann mich an nichts erinnern, nur noch an das dringende Bedürfnis, mich zu wehren.« Wieder stiegen Tränen in ihre Augen auf. »Es tut mir leid. Ich weiß, dass ich dich geschlagen habe.«
»Kleines, außer den Raketen, die losgegangen sind, habe ich nicht viel gespürt. Ich glaube, du hättest mir ein Brett auf den Schädel schlagen können, und ich hätte nichts gespürt.«
Sie presste sich die Finger auf die Augen. »Ich wollte dich, Jackson. Ich wollte dich wirklich.«
»Das weiß ich doch, mein Liebes.« Seine Stimme war sanft. »Es wird sich alles wieder einrenken. Hab Geduld mit dir.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich will einfach nur normal sein. Ist das denn zu viel verlangt?«
»Was zum Teufel ist normal?«, sagte Jackson. »Auf der ganzen Welt werden Kinder missbraucht, Elle. Frauen werden vergewaltigt, entführt und zur Prostitution gezwungen. Nicht nur Frauen. Kleine Kinder. Jungen, Teenager. Das passiert überall. Eltern sterben. Kinder werden ermordet. Krankheiten brechen aus, alle Arten von schlimmen Dingen passieren.«
Er unterbrach sich und holte Atem. Er war in Gefangenschaft geraten und gefoltert worden, aber er stammte aus ganz anderen Verhältnissen als Elle. Er hatte gesehen, wie Frauen geschlagen wurden. Er hatte gesehen, wie Männer ermordet wurden. Er war in dem Glauben aufgewachsen, seine Lebensumstände seien normal. Elle war auf das, was ihr zugestoßen war, nicht vorbereitet gewesen. Sie war in einer liebevollen Familie aufgewachsen, in der jeder sicher und behütet war und Eltern ihre Kinder nicht schlugen. In der es keinen Rauschgifthandel und keine Morde gab. Keinen Vater, der betrunken nach Hause kam und ihre Mutter schlug.
»Elle, denk doch mal nach. Die Narben auf deinem Körper sind noch nicht verheilt und die schlimmsten sind da, wo man sie nicht sehen kann. Sie werden nicht einfach verschwinden. Sie sind da und sie sind ein Teil von dir. Manchmal wird alles gut sein und zu anderen Zeiten nicht. Das wird schlicht und einfach ein Bestandteil unseres Lebens sein. Ich kann damit leben. Und du wirst mit meinen Narben leben müssen. Glaube mir, Kleines, ich habe jede Menge davon.«
Elle saß auf dem Fußboden, presste ihren Rücken an die Wand und sah den Mann an, der ihr gegenübersaß. Er war stark und fürsorglich, und er hatte viel mehr verdient als das, was sie ihm ihrer Meinung nachgeben konnte. Er würde sie nicht sitzenlassen, ganz gleich, wie hart es werden würde. Und vielleicht war das eine, was sie ihm geben konnte, dass sie am Leben blieb. Dass sie weitermachte, obwohl sie das Gefühl hatte, am Boden zerstört zu sein.
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