Dramatische Werke
Empfindung und Fiesco verloren? Geh, giftige Schwätzerin – komm mir nie wieder vor die Augen! – eine unschuldige Neckerei – vielleicht eine Galanterie? Ist es nicht so, meine empfindende Bella?
Arabella.
O ja! ganz zuverlässig so!
Leonore (in Tiefsinn versunken).
Daß sie darum in seinem Herzen sich wüßte? – daß hinter jedem seiner Gedanken ihr Name im Hinterhalt läge? – ihn anspräche in jeder Fußtapfe der Natur? – Was ist das? wo gerath' ich hin? Daß ihm die schöne majestätische Welt nichts wäre, als der prächtige Demant, worauf nur ihr Bild – nur ihr Bild gestochen ist? – daß er sie liebte? – Julien! O deinen Arm her – halte mich, Bella!
(Pause. Die Musik läßt sich von Neuem hören.)
Leonore (aufgefahren).
Horch! War das nicht die Stimme Fiescos, die aus dem Lärme hervordrang? Kann er lachen, wenn seine Leonore im Einsamen weinet? Nicht doch, mein Kind! Es war Gianettino Dorias bäurische Stimme.
Arabella.
Sie war's, Signora! Aber kommen Sie in ein anderes Zimmer.
Leonore.
Du entfärbst dich, Bella! du lügst – ich lese in euren Augen – in den Gesichtern der Genueser ein Etwas – ein Etwas. (Sich verhüllend.) O gewiß! diese Genueser wissen mehr, als für das Ohr einer Gattin taugt.
Rosa.
O der Alles vergrößernden Eifersucht!
Leonore. (schwermüthig schwärmend).
Da er noch Fiesco war – dahertrat im Pomeranzenhain, wo wir Mädchen lustwandeln gingen, ein blühender Apoll, verschmolzen in den männlich-schönen Antinous. Stolz und herrlich trat er daher, nicht anders, als wenn das durchlauchtige Genua auf seinen jungen Schultern sich wiegte; unsere Augen schlichen diebisch ihm nach und zuckten zurück, wie auf dem Kirchenraub ergriffen, wenn sein wetterleuchtender Blick sie traf. Ach, Bella! wie verschlangen wir seine Blicke! wie parteiisch zählte sie der ängstliche Neid der Nachbarin zu! Sie fielen unter uns wie der Goldapfel des Zanks, zärtliche Augen brannten wilder, sanfte Busen pochten stürmischer, Eifersucht hatte unsere Eintracht zerrissen.
Arabella.
Ich besinne mich. Das ganze weibliche Genua kam in Aufruhr um diese schöne Eroberung.
Leonore (begeistert).
Und nun mein ihn zu nennen! verwegenes, entsetzliches Glück! Mein Genuas größten Mann, (mit Anmuth) der vollendet sprach aus dem Meißel der unerschöpflichen Künstlerin, alle Größen seines Geschlechts im lieblichsten Schmelze verband – Höret, Mädchen! kann ich's nun doch nicht mehr verschweigen! – Höret, Mädchen, ich vertraue euch etwas, (geheimnißvoll) einen Gedanken – als ich am Altar stand neben Fiesco – seine Hand in meine Hand gelegt – hatt' ich den Gedanken, den zu denken dem Weibe verboten ist – dieser Fiesco, dessen Hand jetzt in der deinigen liegt – dein Fiesco – aber still! daß kein Mann uns belausche, wie hoch wir uns mit dem Abfall seiner Vortrefflichkeit brüsten – dieser dein Fiesco – Weh euch, wenn das Gefühl euch nicht höher wirft! – wird – uns Genua von seinen Tyrannen erlösen!
Arabella (erstaunt).
Und diese Vorstellung kam einem Frauenzimmer am Brauttag?
Leonore.
Erstaune, Bella! Der Braut in der Wonne des Brauttags! (Lebhafter.) Ich bin ein Weib – aber ich fühle den Adel meines Bluts, kann es nicht dulden, daß dieses Haus Doria über unsre Ahnen hinauswachsen will. Jener sanftmüthige Andreas – es ist eine Wollust, ihm gut zu sein – mag immer Herzog von Genua heißen, aber Gianettino ist sein Neffe – sein Erbe – und Gianettino hat ein freches, hochmüthiges Herz. Genua zittert vor ihm, und Fiesco, (in Wehmuth hinabgefallen) Fiesco – weinet um mich – liebt seine Schwester.
Arabella.
Arme, unglückliche Frau –
Leonore.
Geht jetzt und sehet diesen Halbgott der Genueser im schamlosen Kreis der Schwelger und Buhldirnen setzen, ihre Ohren mit unartigem Witze kitzeln, ihnen Märchen von verwünschten Prinzessinnen erzählen — das ist Fiesco! – Ach, Mädchen! nicht Genua allein verlor seinen Helden – auch ich meinen Gemahl!
Rosa.
Reden Sie leiser. Man kömmt durch die Galerie.
Leonore (zusammenschreckend).
Fiesco kommt. Flieht! flieht! Mein Anblick könnte ihm einen trüben Augenblick machen. (Sie entspringt in ein Seitenzimmer. Die Mädchen ihr nach.)
Zweiter Auftritt
Gianettino Doria maskiert im grünen Mantel. Ein Mohr . Beide im Gespräch.
Gianettino.
Du hast mich verstanden.
Mohr.
Wohl.
Gianettino.
Die weiße Maske.
Mohr.
Wohl.
Gianettino.
Ich sage – die weiße Maske!
Mohr.
Wohl!
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