Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
Vom Netzwerk:
so übel will! – Sieh! Ich vertraue deinem Glück, du siegst, will ich sagen – Weh dann mir Aermsten meines Geschlechts! Unglückselig, wenn es mißlingt! wenn es glückt, unglückseliger! Hier ist keine Wahl, mein Geliebter! Wenn er den Herzog verfehlt, ist Fiesco verloren. Mein Gemahl ist hin, wenn ich den Herzog umarme.
    Fiesco.
Das verstehe ich nicht.
    Leonore.
Doch, mein Fiesco! In dieser stürmischen Zone des Throns verdorret das zarte Pflänzchen der Liebe. Das Herz eines Menschen, und wär' auch selbst Fiesco der Mensch, ist zu enge für zwei allmächtige Götter – Götter , die sich so gram sind. Liebe hat Thränen , und kann Thränen verstehen ; Herrschsucht hat eherne Augen, worin ewig nie die Empfindung perlt – Liebe hat nur ein Gut, thut Verzicht auf die ganze übrige Schöpfung: Herrschsucht hungert beim Raube der ganzen Natur – Herrschsucht zertrümmert die Welt in ein rasselndes Kettenhaus, Liebe träumt sich in jede Wüste Elysium. – Wolltest du jetzt an meinem Busen dich wiegen, pochte ein störriger Vasalle an dein Reich – Wollt' ich jetzt in deine Arme mich werfen, hörte deine Despotenangst einen Mörder aus den Tapeten hervorrauschen und jagte dich flüchtig von Zimmer zu Zimmer. Ja, der großäugige Verdacht steckte zuletzt auch die häusliche Eintracht an – Wenn deine Leonore dir jetzt einen Labetrank brächte, würdest du den Kelch mit Verzuckungen wegstoßen und die Zärtlichkeit eine Giftmischerin schelten.
    Fiesco (bleibt mit Entsetzen stehen).
Leonore, hör auf! Das ist eine häßliche Vorstellung –
    Leonore.
Und doch ist das Gemälde nicht fertig. Ich würde sagen, opfre die Liebe der Größe, opfre die Ruhe – wenn nur Fiesco noch bleibt – Gott! das ist Radstoß! – Selten stiegen Engel auf den Thron, seltner herunter. Wer keinen Menschen zu fürchten braucht, wird er sich eines Menschen erbarmen? Wer an jeden Wunsche einen Donnerkeil heften kann, wird er für nöthig finden, ihm ein sanftes Wörtchen zum Geleite zu geben? (Sie hält inne, dann tritt sie bescheiden zu ihm und faßt seine Hand; mit feinster Bitterkeit.) Fürsten , Fiesco? diese mißrathenen Projecte der wollenden und nicht könnenden Natur – sitzen so gern zwischen Menschheit und Gottheit nieder ; – heillose Geschöpfe! schlechtere Schöpfer!
    Fiesco (stürzt sich beunruhigt durchs Zimmer).
Leonore, hör' auf! Die Brücke ist hinter mir abgehoben –
    Leonore (blickt ihn schmachtend an).
Und warum, mein Gemahl? Nur Thaten sind nicht mehr zu tilgen. (Schmelzend zärtlich und etwas schelmisch.) Ich hörte dich wohl einst schwören, meine Schönheit habe alle deine Entwürfe gestürzt – du hast falsch geschworen, du Heuchler, oder sie hat frühzeitig abgeblüht – Frage dein Herz, wer ist schuldig? (Feuriger, indem sie ihn mit beiden Armen umfaßt.) Komm zurücke! Ermanne dich! Entsage! Die Liebe soll dich entschädigen. Kann mein Herz deinen ungeheuren Hunger nicht stillen – o Fiesco! das Diadem wird noch ärmer sein. – (Schmeichelnd.) Komm! ich will alle deine Wünsche auswendig lernen, will alle Zauber der Natur in einen Kuß der Liebe zusammenschmelzen, den erhabenen Flüchtling ewig in diesen himmlischen Banden zu halten – dein Herz ist unendlich – auch die Liebe ist es, Fiesco. (Schmelzend.) Ein armes Geschöpf glücklich zu machen – ein Geschöpf, das seinen Himmel an deinem Busen lebt – sollte das eine Lücke in deinem Herzen lassen?
    Fiesco (durch und durch erschüttert).
Leonore, was hast du gemacht? (Er fällt ihr kraftlos um den Hals.) Ich werde keinem Genueser mehr unter die Augen treten –
    Leonore (freudig rasch).
Laß uns fliehen, Fiesco, laß in den Staub uns werfen all diese prahlenden Nichts, laß in romantischen Fluren ganz der Liebe uns leben! (Sie drückt ihn an ihr Herz mit schöner Entzückung.) Unsre Seelen, klar, wie über uns das heitre Blau des Himmels, nehmen dann den schwarzen Hauch des Grams nicht mehr an – Unser Leben rinnt dann melodisch wie die flötende Quelle zum Schöpfer – 
    (Man hört den Kanonenschuß. Fiesco springt los. Alle Verschwornen treten in den Saal.)
Fünfzehnter Auftritt.
    Verschworne.
Die Zeit ist da!
    Fiesco (zu Leonoren, fest).
Lebe wohl! Ewig – oder Genua liegt morgen zu deinen Füßen. (Will fortstürzen.)
    Bourgognino (schreit).
Die Gräfin sinkt um. (Leonore in Ohnmacht. Alle springen hin, sie zu halten. Fiesco vor ihr niedergeworfen.)
    Fiesco (mit schneidendem Ton).
Leonore! Rettet! um Gotteswillen!

Weitere Kostenlose Bücher