Dramatische Werke
Kaiser übergehn –
Gut' Nacht, Gordon!
Ich denke einen langen Schlaf zu thun,
Denn dieser letzten Tage Qual war groß,
Sorgt, daß sie nicht zu zeitig mich erwecken.
(Er geht ab. Kammerdiener leuchtet. Seni folgt. Gordon bleibt in der Dunkelheit stehen, dem Herzog mit den Augen folgend, bis er in den äußersten Gang verschwunden ist; dann drückt er durch Geberden seinen Schmerz aus und lehnt sich gramvoll an eine Säule.
Sechster Auftritt.
Gordon. Buttler anfangs hinter der Scene.
Buttler.
Hier stehet still, bis ich das Zeichen gebe.
Gordon (fährt auf).
Er ist's, er bringt die Mörder schon.
Buttler.
Die Lichter
Sind aus. In tiefem Schlafe liegt schon Alles.
Gordon.
Was soll ich thun? Versuch' ich's, ihn zu retten?
Bring' ich das Haus, die Wachen in Bewegung?
Buttler (erscheint hinten).
Vom Korridor her schimmert Licht. Das führt
Zum Schlafgemach des Fürsten.
Gordon.
Aber brech' ich
Nicht meinen Eid dem Kaiser? Und entkommt er,
Des Feindes Macht verstärkend, lad' ich nicht
Auf mein Haupt alle fürchterlichen Folgen?
Buttler (etwas näher kommend).
Still! Horch! Wer spricht da?
Gordon.
Ach, es ist doch besser,
Ich stell's dem Himmel heim. Denn was bin ich,
Daß ich so große That mich unterfinge?
Ich hab' ihn nicht ermordet, wenn er umkommt,
Doch seine Rettung wäre meine That,
Und jede schwere Folge müßt' ich tragen.
Buttler (herzutretend).
Diese Stimme kenn' ich.
Gordon.
Buttler!
Buttler.
Es ist Gordon.
Was sucht Ihr hier? Entließ der Herzog Euch
So spät.
Gordon.
Ihr tragt die Hand in einer Binde?
Buttler.
Sie ist verwundet. Dieser Illo focht
Wie ein Verzweifelter, bis wir ihn endlich
Zu Boden streckten –
Gordon (schaudert zusammen).
Sie sind todt!
Buttler.
Es ist geschehn.
– Ist er zu Bett?
Gordon.
Ach, Buttler!
Buttler.
Ist er? Sprecht!
Nicht lange kann die That verborgen bleiben.
Gordon.
Er soll nicht sterben. Nicht durch Euch! Der Himmel
Will Euren Arm nicht. Seht, er ist verwundet.
Buttler.
Nicht meines Armes braucht's.
Gordon.
Die Schuldigen
Sind todt; genug ist der Gerechtigkeit
Geschehn! Laßt dieses Opfer sie versöhnen!
(Kammerdiener kommt den Gang her, mit dem Finger auf dem Mund Stillschweigen gebietend.)
Er schläft! O, mordet nicht den heil'gen Schlaf!
Buttler.
Nein, er soll wachend sterben. (Will gehen.)
Gordon.
Ach, sein Herz ist noch
Den ird'schen Dingen zugewendet, nicht
Gefaßt ist er, vor seinen Gott zu treten.
Buttler.
Gott ist barmherzig. (Will gehen.)
Gordon (hält ihn).
Nur die Nacht noch gönnt ihm.
Buttler.
Der nächste Augenblick kann uns verrathen.
(Will fort.)
Gordon (hält ihn).
Nur eine Stunde!
Buttler.
Laßt mich los! Was kann
Die kurze Frist ihm helfen?
Gordon.
O, die Zeit ist
Ein wunderthät'ger Gott. In einer Stunde rinnen
Viel tausend Körner Sandes, schnell, wie sie,
Bewegen sich im Menschen die Gedanken.
Nur eine Stunde! Euer Herz kann sich,
Das seinige sich wenden – eine Nachricht
Kann kommen – ein beglückendes Ereigniß
Entscheidend, rettend, schnell vom Himmel fallen –
O, was vermag nicht eine Stunde!
Buttler.
Ihr erinnert mich,
Wie kostbar die Minuten sind.
(Er stampft auf den Boden.)
Siebenter Auftritt.
Macdonald. Deveroux mit Hellebardieren treten hervor. Dann Kammerdiener. Vorige.
Gordon (sich zwischen ihn und jene werfend).
Nein, Unmensch!
Erst über meinen Leichnam sollst du hingehn,
Denn nicht will ich das Gräßliche erleben.
Buttler (ihn wegdrängend).
Schwachsinn'ger Alter!
(Man hört Trompeten in der Ferne.)
Macdonald und Deveroux.
Schwedische Trompeten!
Die Schweden stehn vor Eger! Laßt uns eilen!
Gordon.
Gott! Gott!
Buttler.
An Euren Posten, Kommendant!
(Gordon stürzt hinaus.)
Kammerdiener (eilt herein).
Wer darf hier lärmen? Still, der Herzog schläft!
Deveroux (mit lauter, fürchterlicher Stimme).
Freund! Jetzt ist's Zeit, zu lärmen!
Kammerdiener (Geschrei erhebend).
Hilfe! Mörder!
Buttler.
Nieder mit ihm!
Kammerdiener (von Deveroux durchbohrt, stürzt am Eingang der Galerie).
Jesus Maria!
Buttler.
Sprengt die Thüren!
(Sie schreiten über den Leichnam weg den Gang hin. Man hört in der Ferne zwei Thüren nacheinander stürzen. – Dumpfe Stimmen – Waffengetöse – dann plötzlich tiefe Stille.)
Achter Auftritt.
Gräfin Terzky mit einem Lichte.
Ihr Schlafgemach ist leer, und sie ist nirgends
Zu finden; auch die Neubrunn wird vermißt,
Die bei ihr wachte – Wäre sie entflohn?
Wo kann sie hingeflohen sein? Man muß
Nacheilen,
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