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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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verkleidetes Mädel an! Warum bist du es nicht! Wärst du jetzt ein Mädel, du hättest die beste Gelegenheit, dir den struppigen Bänkelsänger vom Halse zu schaffen! Schlimmeres giebt es nun doch einmal nicht, als den Hut hinhalten und Pfennige auffangen! Hast du nicht vielleicht schon Pfennige aufgenommen, die uns die mitleidigen Pflegetöchter dieser würdigen Dame herabwarfen?! Dabei haben sie immer noch Aussicht, der erhabenen bürgerlichen Gesellschaft wieder als vollwertig aufgenötigt zu werden. Der Stern leuchtet über unseren Wegen nicht!
    Die Kupplerin
zu Alma
    Laß dir, mein Herzblatt, um Gottes willen von dem Strolch den Kopf nicht heiß machen! Du glaubst nicht, wie wonnig mein Haus ist! Den ganzen Tag verbringst du mit einer Schar der muntersten Gespielinnen. Wenn dich der Bänkelsänger mir nicht verkauft, dann laß ihn hinter uns herjammern. Fürchte dich nicht vor ihm! Du bist unter meiner Obhut so sicher, als wenn dich ein ganzes Kriegsheer begleitete!
    Alma
sich aus den Armen der Kupplerin frei machend
    Ich werde mit ihm reden.
(Geht an ihr vorüber zum König, mit zitternder Stimme)
Ihr wißt doch noch, mein Vater, weshalb wir auf die Elendenkirchweih kamen!
    Der König
    Ich weiß es, mein Kind.
    Er besteigt den Felsen. Von den Zuschauern wird er mit trockenem Husten empfangen. Darauf spricht er mit klarem Ton, aber innerlich bewegt
    Ich bin der Herrscher hier in diesem Land,
    Von Gott ernannt, von niemand anerkannt!
    Und wenn ich's schriee, daß die Felsen dröhnen,
    Daß ich in diesem Lande Herrscher bin,
    Der Vögel Zwitschern würde mich verhöhnen! –
    Wozu gereicht mein königlicher Sinn?
    Daß ausgehungert ich mit gierigen Zähnen
    Aufschnappe, wie zur Winterszeit das Tier. –
    Doch nicht, um meiner Leiden zu erwähnen,
    Red' ich, mein Volk, mit dir!
    Die Zuschauer
brechen in schallendes Gelächter aus, klatschen stürmisch in die Hände und rufen begeistert
    Da capo! Da capo!
    Der König
angstvoll und beklommen
    Geehrte Zuhörer! Mein Fach auf der Bühne ist die große ernste Tragödie!
    Die Zuschauer
laut auflachend
    Bravo! Bravo!
    Der König
mit Anstrengung aller Seelenkraft
    Was ich euch soeben vortrug, ist mir das Teuerste, das Heiligste, was ich bis jetzt in den Tiefen meiner Seele verschlossen hielt!
    Die Zuschauer
erheben einen neuen Beifallssturm, aus dem man deutlich die Worte heraushört
    Ein großartiger Komiker! – Ein unbezahlbarer Charakterkomiker!
    Der Theaterbesitzer
hat, um besser sehen zu können, im Rücken der Menge einen Feldstein erstiegen
    Sprich deinen Monolog zu Ende, mein teurer junger Freund! Oder beherbergt dein armes Hirn nur diese paar Brocken? – Si tacuisses, philosophus mansisses!
    Der König
    Wohlan denn! Dann aber bitte ich euch inbrünstig, meine lieben Zuhörer, bringt meinen Worten die ernste Würdigung entgegen, die ihnen gebührt! Wie sollte es mir gelingen, eure Herzen zu rühren, wenn ihr den Klagen, die aus meinem Munde kommen, keinen Glauben schenkt!
    Die Zuschauer
lachen und klatschen begeistert in die Hände
    Welch eine Stellung er dabei einnimmt! – Und sein drolliges Mienenspiel! – Weiter in deiner Posse!
    Der Theaterbesitzer
zischend
    Kinder, Kinder! Nichts ist für den Mimen verderblicher als der Beifall! Zwingt ihr ihn sich zu überbieten, dann ist der arme Schlucker nur noch auf niederträchtigen Schmieren zu verwenden! Odi profanum vulgus et arceo!
(Zum König)
Sprich weiter, mein Sohn! Mir scheint, deine Parodien würden mein erlauchtes Publikum erheitern können!
    Der König
indem er mit allen Mitteln den Ernst seiner Rede hervorzuheben sucht
    Ich bin der Herrscher! – In die Knie mit euch!
    Was soll das ungebärdig tolle Lachen! –
    Durch meine Schuld zwar weiß in meinem Reich
    Kein Mensch von mir. Es schlafen meine Wachen;
    Mein tapfres Kriegsheer steht in fremdem Sold,
    Es fehlt die höchste irdische Macht, das Gold! –
    Doch hat ein echter König je gelebt,
    Um Thalerstück an Thalerstück zu reihen?
    Dies Amt vertraut er gnädig dem Lakaien!
    Der Heller, dran der Schmutz der Menge klebt,
    Ward nicht geprägt, daß er die schneeigen Hände
    Der Majestät von Gottes Gnaden schände!
    Die Zuschauer
in wildes Gelächter ausbrechend
    Da capo! – Bravo! – Da capo!
    Der Theaterbesitzer
    Dieser Mensch ist ein glänzender Satiriker! Ein zweiter Juvenal!
    Der König
wie oben
    Ich bin der Herrscher! – Wer das hier nicht glaubt,
    Der trete vor! Er mag mich drauf erproben!
    Sonst liebt' ich's nicht, mein eignes

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