Dramen
giebt aber auch eine erhabene Kunst, die man Tragödie nennt!
Der Kunstreiter
Tragödie, ja! Den Namen habe ich gehört! – Auf diese Kunst, lieber Bruder, verstehe ich mich ganz und gar nicht. Nur eines weiß ich von ihr, daß sie herzlich schlecht bezahlt wird. –
(Zu Alma)
Nun, mein braver Knabe, trachtet dein Gaumen nicht nach besserem Futter? – Willst du die Kunstreiterei bei mir erlernen?
Der König
sich erhebend
Vorwärts, Bruder, daß wir die Elendenkirchweih nicht noch versäumen! Nur einmal im Jahre bietet das Glück uns die Hand.
Alle drei ab
Dritte Scene
Hochgericht.
Nacht. – Im Hintergrunde ragt der Galgen empor. Links vorn, am Fuß einer knorrigen Eiche, liegt ein riesiger Felsblock, der den Auftretenden als Podium dient. Davor flackert ein großes Reisigfeuer, um das herum die Zuschauer, Männer, Weiber und Kinder, in phantastischen Trachten lagern.
Chorus
Auf dem Dorf und in der Stadt
Schnarchen alle Menschen hinter dichtgeschloss'nen Fenstern;
Und was Haus und Bett nicht hat,
Dreht sich unterm Hochgericht mit fröhlichen Gespenstern!
Aus der Sonne Glanz verbannt,
Finden leisen Schrittes wir des Glückes Spur im Dunkeln
Und sind Herrn im weiten Land,
Wenn vom hohen Himmel die Gestirne freundlich funkeln.
Ein Theaterbesitzer
mit Baßstimme redend, zu einem Schauspieler
Zeig mir, was du gelernt hast, mein werter junger Freund! Hic Rhodus hic salta! Was ist dein Fach?
Der Schauspieler
Ich mache den Bajazzo, verehrter Meister.
Der Theaterbesitzer
Dann mach den Bajazzo, junger Freund. Aber mach ihn gut! Difficile est, satiram non scribere! Mein Publikum ist nur das Allerbeste gewöhnt!
Der Schauspieler
Ich werde sofort eine Probe meiner Kunst ablegen.
Der Theaterbesitzer
Wenn du Gefallen vor meinen Augen findest, junger Freund, dann hast du hundert Soldi pro Monat. Pacta exacta – boni amici! Geh, junger Freund, und leg deine Probe ab!
Der Schauspieler besteigt den Felsen. Er wird von der Menge mit Klatschen und Bravorufen begrüßt
Der Schauspieler
bricht zuerst in Gelächter aus; dann spricht er die nachfolgenden Verse, jeden derselben mit einer anderen Art von Gekicher begleitend
Graf Onofrio war ein Graf,
Dumm war er wie ein Schaf.
Er hatte sieben Töchter,
Die gerne verheiraten möcht er;
Es zeigte sich aber kein Freier –
Faule Eier! Faule Eier!
Die Zuschauer
haben den Vortrag mehrfach durch Zischen und Pfeifen unterbrochen. Bei den letzten Worten bewerfen sie den Schauspieler mit Erdschollen, indem sie unter schrillem Pfeifen die Worte wiederholen
Faule Eier! – Faule Eier!
Der Theaterbesitzer
den Lärm überbrüllend
Nieder mit dem Kerl! Apage! Gott der Herr hat ihn in seinem Zorn geschaffen! Alea est jacta!
Der Schauspieler verläßt den Felsen
Chorus
Glaub nur nicht, o Menschenbrut,
Daß in eitel Träumen unser Dasein wir verläppern!
Weißt doch nicht, wie Liebe thut,
Wenn vom lichten Galgen die Gerippe dazu scheppern!
Der König, Prinzessin Alma und eine Kupplerin treten auf.
Die Kupplerin
Nun, Bänkelsänger, wieviel verlangst du von mir für deinen hübschen Buben? – Höre den lieblichen Klang der Goldstücke in meiner Tasche!
Der König
Soeben hat ihn mir hier schon ein Kunstreiter abkaufen wollen. Laßt mir doch nur meinen Buben in Frieden! Deshalb komme ich nicht hierher auf die Elendenkirchweih. Was kannst du denn überhaupt mit dem Buben wollen!
Die Kupplerin
Halt mich doch nicht für so dumm, Bänkelsänger, daß ich dem Buben nicht ansehen sollte, daß er ein Mädel ist! Das süße Kind bekommt in mir eine Mutter, wie sie sie liebevoller nirgends in der weiten Welt findet.
(Zu Alma)
Zier dich nicht so, mein hübsches Täubchen! Ich fresse dich nicht! Wenn man so ebenmäßig gewachsen ist wie du und ein rundes rosiges Gesicht mit so frischen Kirschenlippen und so dunklen Glutaugen hat, dann schläft man unter seidenen Decken statt auf freiem Feld. Die Laute zu schlagen brauchst du bei mir nicht. Nur lieb sein! Was kann sich das muntre junge Blut Schöneres wünschen! Du findest Minister und Barone bei mir; brauchst nur zu wählen. Hast du dich schon einmal von einem richtigen Baron küssen lassen? Das schmeckt besser als eines Landstreichers Bartstoppeln! – Schau her, Bänkelsänger! Hier sind zwei unbeschnittene Dukaten! Das Mädel gehört mir! Abgemacht!
Der König
Häng dich an den Galgen mit deinem Geld! –
(Zu Alma)
Das alberne Weib sieht dich in seiner Dummheit wirklich für ein
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