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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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bemächtigt. Euer stolzes Herz ist nahe daran, stille zu stehen. In Euren Zügen ist nichts von der friedlichen Ruhe zu lesen, die Ihr zu fühlen vorgebt.
    Der König
    Ich habe mein Gesicht seit Jahresfrist nicht gesehen; aber ich kann mir denken, wie häßlich es hier geworden ist. Wie muß mein Anblick deine Augen verletzen!
    Alma
    O redet nicht so, mein Vater!
    Der König
    Aber du kennst die Unverwüstlichkeit meiner Natur. Und nun trittst du, das Einzige, was meinem Glück vorenthalten wurde, zu mir herein! Nur um Dich, mein Kind, reich und herrlich zu belohnen, müßte ich noch einmal König sein.
    Alma
    Ich höre den Wärter. Sagt mir, wie ich Eure Qualen erleichtern kann!
    Der König
läßt sich ermattet aus den Schemel nieder; halb für sich
    Was entbehre ich denn? Wie furchtbar würde dieser Kerker, wenn die Genüsse des Lebens hier Zutritt hätten! Wie soll mich hier nach einem schönen Weibe verlangen, wo sich mein Erinnern die Schönheit nicht mehr vorzuzaubern vermag! Mein Lager dort ist tagsüber angeschlossen. Da mir kein anderer Ruheplatz bleibt, lege ich mich abends so ermattet nieder, als hätte ich einen Acker umgepflügt. Und morgens weckt mich die gellende Glocke aus einem so wunschlos heiteren Traum, wie ich ihn auch als Kind nie geträumt habe.
(Da die Thüre geöffnet wird)
Wenn du wiederkommst, mein Kind, wirst du keine Klagen mehr hören. Du sollst dich so froh bei mir fühlen, als wärst du draußen in deiner sonnigen Welt. – Leb' wohl!
    Alma
    Lebt wohl, mein Vater! –
(Sie verläßt die Zelle. Die Thüre fällt hinter ihr zu)
    Der König
    Noch ein ganzes langes Jahr! – –
(Er geht an die Mauer)
Ich werde doch mal wieder genau die Striche nachzählen, wie viele ihrer noch zu tilgen sind!
Zweite Scene
    Nacht. Wildnis.
    Der König, Prinzessin Alma, die Laute ihres Vaters über der Schulter tragend, und ein Kunstreiter treten auf
    Der König
    Haben wir noch weit zu gehen, Bruder, bis zu dem Platz, wo die Elendenkirchweih abgehalten wird?
    Der Kunstreiter
    Bis Mitternacht sind wir längstens dort. Vorher beginnt die eigentliche Kirchweih gar nicht. Ihr Beide macht wohl zum erstenmal diese nächtliche Wallfahrt zum Hochgericht?
    Der König
    Wir sind erst seit wenigen Monden beim fahrenden Volk, haben aber trotzdem schon manchen Hexensabbat mitgetanzt.
    Der Kunstreiter
    Mir scheint, Bruder, man hat dir irgendwo das Marschieren abgewöhnt! Du bist doch sonst ein ganz strammer Geselle!
    Der König
sich auf einen Felsblock setzend
    Mein Herz stößt wie ein gefangener Raubvogel gegen die Rippen. Der Weg geht bergan; das nimmt mir den Atem.
    Der Kunstreiter
    Wir haben reichlich Zeit. – Dein Bub, Bruder, ist dafür um so besser auf den Beinen. Jammerschade um das junge Blut! Bei mir könnte er noch was Einträglicheres lernen, als Gassenlieder zur Laute singen. Das wird doch überall nur dem Betteln gleichgeschätzt. Gieb ihn mir mit, Bruder, nur auf ein halbes Jahr! Bei mir hat er es jedenfalls nicht schlechter, als wenn er in deine Fußstapfen tritt; und ich mache dir einen Kunstreiter aus ihm, um den sich die Zirkusmeister die Hälse brechen!
    Der König
    Halte mich nicht für einen Esel, geliebter Bruder! Wie willst du meinem Buben das Kunstreiten beibringen, wo du selber auf Schusters Rappen reisest!
    Der Kunstreiter
    Du bist mißtrauisch, als hättest du Fässer voll Gold zu Hause liegen! Dabei weißt du allem Anschein nach nicht, wo und wann du zum letztenmal warm gegessen hast! So bringt man's freilich zu nichts! Wir treffen in dieser Nacht auf der Elendenkirchweih mindestens ein halbes Dutzend Zirkusmeister. Sie alle kommen dorthin, um Künstler zu finden, die bei ihnen auftreten. Dann wirst du armer Teufel sehen, wie man sich um meine Person reißt und wie einer den andern mit dem Handgeld überbietet! Denen bin ich Gott sei Dank nicht so unbekannt, wie euch Bänkelsängern! Und stehe ich wieder bei einem im Dienst, dann habe ich Pferde genug, daß sich dein munterer Bub, wenn er Lust dazu hat, gleich am ersten Tage den Hals brechen kann!
    Der König
    Sag' mir, Bruder, finden sich auf der Elendenkirchweih auch Theaterbesitzer ein?
    Der Kunstreiter
    Auch Theaterbesitzer, jawohl! Aus dem ganzen Land kommen die Theaterbesitzer zusammen. Wo wollten sie sonst ihre Tänzerinnen und Hansnarren hernehmen! – Freilich, Bruder, ob dich einer in Dienst nimmt, scheint mir sehr zweifelhaft. Du siehst mir nun wirklich gar nicht darnach aus, als ob du Possen reißen könntest!
    Der König
    Es

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