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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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– wie sie schon in der Schule anfangen. – Aber – aber – aber darum handelt es sich hier nicht …!
    FANNY.
    Darum handelt es sich hier auch nicht.
    GELLINGHAUSEN
beide Hände vor dem Gesicht.
    O Gott! O Gott!
    FANNY
sehr ernst.
    Ich hätte mehr Grund »O Gott, o Gott!« zu sagen.
    GELLINGHAUSEN.
    Aber – ich beschwöre dich – Fanny – das ist eine Laune von dir – deine modernen Anschauungen – du willst mich auf irgendeine Probe stellen!
    FANNY.
    Nein.
    GELLINGHAUSEN.
    Fanny – ich kann es nicht anders verstehen – als daß du mich um jeden Preis los sein willst! Wie läßt du mir sonst durch diesen Menschen den Brief schreiben?!
    FANNY.
    Ich habe ihn nicht dazu aufgefordert. Ich habe ihn nur dazu ermächtigt, als er sagte, er habe ein Recht dazu, dir den Brief zu schreiben.
    GELLINGHAUSEN.
    Dann ist es also wahr??
    FANNY.
    Ja.
    GELLINGHAUSEN.
    Nein, nein! Nein, Fanny! Ich kann das nicht glauben! Ich will das nicht glauben! Um Gottes willen, sag mir doch nur, daß es die gemeine Lüge eines niedriggesinnten Schurken ist! – Ein Kerl, der mir schreibt
(Öffnet den Brief und liest.)
»Herrn usw. – Sehr geehrter Herr! – Fräulein Fanny Kettler gibt mir die Erlaubnis, Ihnen die Mitteilung zu machen, daß sie vor drei Jahren mit einem Herrn, dessen Name hier unerwähnt bleiben kann, ein Liebesverhältnis hatte. Das anscheinend Ungeheuerliche, das in dieser Mitteilung liegt, wird Ihnen in kürzester Frist verständlich werden …« – Wie kann ich – wie soll ich einem Wort aus einem solchen Schreiben auch nur die geringste Bedeutung beimessen!
    FANNY.
    Padinsky hatte mich im letzten Winter gefragt, ob ich seine Frau werden wolle. Um ihm meine Ablehnung erträglicher zu machen, erzählte ich ihm diese Geschichte. Übrigens war es kein richtiges Liebesverhältnis; dazu dauerte es wohl nicht lange genug. Padinsky ließ mich gar nicht zu Ende reden und sagte: »Das sind Dinge, die mich nichts angehen. Sie sind doch seit mehreren Jahren Ihre eigene Herrin …«
    GELLINGHAUSEN.
    Wer einen solchen Brief schreiben kann, der kann das ja vielleicht sagen!
    FANNY.
    Letzten Dienstag hatte er mit Herrn Launhart hier geschäftlich zu unterhandeln, und da fragte er mich, ob ich dir die Geschichte auch erzählt habe. Ich gab ihm keine Antwort. Darauf behauptete er, daß du nicht der Mann wärst, um dich darüber hinwegzusetzen. – Padinsky hat die Überzeugung, ich hätte ihn seiner Häßlichkeit wegen nicht zum Manne gewollt und hätte dir nur deiner äußeren Erscheinung wegen den Vorzug gegeben. So nimmt er nun auf einem anderen Gebiet den Kampf mit dir auf. Ich kann ihn nicht daran hindern.
    GELLINGHAUSEN.
    O Fanny, Fanny, wie konntest du mich so betrügen!
    FANNY.
    Jetzt kann ich es ihm auch wirklich kaum mehr verdenken.
    GELLINGHAUSEN.
    Warum hast du mir denn das nicht gesagt, als ich um deine Hand anhielt?!
    FANNY.
    Hast du mir denn etwas über dich gesagt?
    GELLINGHAUSEN.
    Komm mir nicht mit dieser abgebrauchten Redensart! – Warum hast du mir nichts gesagt, als ich um deine Hand anhielt? – so gut wie du es Padinsky gesagt hast?!
    FANNY
mit Nachdruck.
    Weil ich glaubte, daß du mich um meiner selbst willen – als das, was ich bin – zur Frau haben wolltest!
    GELLINGHAUSEN.
    Hätte ich gewußt, was du bist!
    FANNY
auffahrend.
    Ich verbitte mir hier jede Beschimpfung von Ihnen! – Ich bin das, was ich meiner Arbeit verdanke!
    GELLINGHAUSEN.
    – Dann ist es also aus!
    FANNY.
    Eine solche Erniedrigung!
    GELLINGHAUSEN.
    Aus!
    FANNY.
    Deswegen also bin ich jetzt nichts mehr?! – Das also war die – Hauptsache an mir?! – Läßt sich eine – schmachvollere Beschimpfung für ein menschliches Wesen ersinnen? – als deswegen, um eines solchen – Vorzugs willen – geliebt zu werden? – – Als wäre man ein Stück Vieh!
    GELLINGHAUSEN
geht mit gesenktem Kopf auf sie zu und reicht ihr die Hand.
    Leb wohl – Fanny …
    FANNY
ihre Hände unter Kopfschütteln nach rückwärts haltend.
    Danke, nein! – Sie rühr ich nicht mehr an!
    Gellinghausen durch die Gartenpforte ab.
    FANNY
vor sich hin starrend.
    – Als wäre man ein Tier! –
    Berta kommt über die Veranda in den Garten.
    BERTA.
    Was ist denn hier geschehen? – Habt ihr euch gezankt?
    FANNY.
    Herr Gellinghausen hat unsere Verlobung aufgelöst.
    BERTA.
    Aber doch nicht im Ernst?!
    FANNY.
    Doch. – Er hat von dem Abenteuer erfahren, das ich vor drei Jahren in Berlin hatte.
    BERTA.
    Mit dem Arzt; wie hieß er doch?
    FANNY.
    Kramer.
    BERTA.
    Du

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