Dramen
Vorwurf Grund hat, weiß ich nicht.
(Zu Launhart.)
Ich wollte Sie im Auftrage des Bundes fragen, ob Sie in Deutschland unsere Flugblätter und Zeitschriften herausgeben und die Vorbereitungen für unsere Vorträge treffen wollen.
LAUNHART.
Ja, ja, davon später, wenn es Ihnen recht ist. – Sagen Sie mal, wo lebt denn Ihr Großmeister? Was treibt er? Wie heißt er? Wie kann man ihn kennenlernen?
HETMANN.
Der Großmeister ist ein Mann, der in seiner Erscheinung alle Vorzüge in sich vereinigt, durch die ein Mensch sich auszeichnen kann.
LAUNHART.
Also mit einem Wort, ein Rassemensch! – Aber ich möchte gern wissen, wie und wo man ihn kennenlernen kann.
HETMANN.
Das ist nicht leicht. Die wenigsten Mitglieder des Bundes kennen ihn persönlich, obschon sie seinen Anordnungen unbedingt Folge leisten.
LAUNHART.
Ja gewiß. Aber können Sie mir nicht vielleicht sagen, wo er wohnt?
HETMANN.
Das kommt hier nicht in Frage.
(Sich erhebend.)
Wenn Ihnen unser Vorschlag nicht zusagt …
LAUNHART
nötigt ihn auf den Sitz zurück.
Nein, nein, beruhigen Sie sich doch! Die Geschichte interessiert mich im höchsten Maße! Aber wollen Sie mir nicht vielleicht Ihr Programm auseinandersetzen? Ich darf doch wohl wissen, um was es sich handelt. Paragraph eins, Paragraph zwei, Paragraph drei und so weiter.
HETMANN.
Unsere erste Bestimmung lautet: Unter den Angehörigen des Bundes sind die bürgerlichen Gesetze über Ehe und Familie aufgehoben.
LAUNHART.
Da haben Sie sofort die Polizei auf dem Hals.
HETMANN.
Bis jetzt hat sich noch nicht gezeigt, daß sich die Behörden gern darum kümmern, was sich in den höchsten Gesellschaftskreisen unter Herren und Damen abspielt, die sämtlich in der Lage sind, jeden Augenblick ihren Wohnsitz zu wechseln.
LAUNHART.
Ja, das tun die Behörden nicht gern. Übrigens ließe sich die Einmengung der Behörden ja vielleicht auch ganz gut geschäftlich verwerten. Aber nun weiter, wenn ich bitten darf!
HETMANN.
Die Mitglieder des Bundes verzichten durch ein feierliches Gelübde auf das Recht, einander die Bezeugungen ihrer Gunst zu verweigern.
LAUNHART.
Das verstehe ich nicht. Noch mal, bitte!
HETMANN.
Jedes Vereinsmitglied hat ein unverbrüchliches Recht auf die Gunstbezeugung des andern.
GELLINGHAUSEN.
Das ist einfach unerhört! – Und Sie wollen behaupten, daß diese Vereinigung seit einem vollen Jahre besteht?
HETMANN.
Seit November vorigen Jahres.
(Zu Launhart.)
In der Liebe sind unter den Mitgliedern des Bundes alle Frauen allen Männern und alle Männer allen Frauen untertan.
LAUNHART.
Das wäre dann also so ungefähr dasselbe, was man bis jetzt mit dem Ausdruck »Freie Liebe« bezeichnete?
HETMANN.
Im Gegenteil! In der Liebe haben unsere Mitglieder keine Freiheit. Die Liebe ist ein Recht aller an alle, und wer sich dagegen auflehnt, gehört dem Bunde nicht an.
LAUNHART.
Dann reißen Sie also die Familie entzwei, hetzen Staat und Bürger gegeneinander und geben Ihre Leute der zweifelhaftesten Zukunft preis!
HETMANN.
Diese Opfer nehmen wir nur von Menschen entgegen, die sie bringen können. – Dem Armen zu helfen, der sich vom nackten Leben emporarbeitet, wie es bisher höchstes Gesetz war, bleibt auch für uns erste Menschenpflicht. Um die allgemeine Moral, die dem Armen zugute kommt, aber auch noch für uns zu selbstsüchtigen Zwecken auszubeuten und dem Unglücklichen sein Recht auf Mitleid streitig zu machen, dazu stehen wir gesellschaftlich zu hoch. Soweit wir mit unserem eigenen Glück dafür einstehen, gehen wir zur Moral der Schönheit über. Kein Feigling ist berufen, uns zu folgen!
BERTA.
Mir wird mit dem besten Willen nicht klar, was die Vorschriften, von denen Sie da faseln, mit Schönheit zu tun haben!
HETMANN.
Unter den Mitgliedern unseres Bundes steht der freien Fortentwicklung der Schönheit kein Hindernis mehr entgegen.
GELLINGHAUSEN.
In dem, was Sie uns hier auseinandersetzen, erblicke ich nichts als Liederlichkeit und geistige Verlotterung! Bevor Sie mit Ihren Ansichten noch mehr Menschen ins Unglück stürzen, sollte man Sie darauf untersuchen, ob Sie nicht vielleicht irrsinnig sind.
FANNY
hat sich erhoben.
Was hat man zu tun, um dem Bunde anzugehören?
LAUNHART.
Das ist ausgezeichnet, Fräulein Fanny! Ihr Mut verdient die allergrößte Bewunderung!
HETMANN.
Man legt ein Gelübde ab, daß man den Bestimmungen Folge leisten wird.
FANNY
ohne die Hand zu erheben.
Ich schwöre es!
HETMANN.
Wobei schwören Sie?!
FANNY.
Ich will
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