Dramen
Kindererziehungsfrage beschäftigen. Aber damit allein können wir uns nicht gleich ein ausgedehntes internationales Interessentengebiet erobern.
GELLINGHAUSEN.
Das ausgedehnte internationale Interessentengebiet müßte natürlich durch unsere allgemeine soziale Propaganda erobert werden.
LAUNHART.
Nur möchte ich mich dabei nicht gern zu intim mit der Sozialdemokratie einlassen. Der billige Massenabsatz ist allerdings immer ein glänzenderes Geschäft als der bestgehende Luxusartikel. Aber wer mit Sozialismus ein reicher Mann wird, gilt bei seinen eigenen Leuten als Hochverräter!
GELLINGHAUSEN.
Dann muß das Unternehmen meiner Ansicht nach notwendigerweise auf eine entschiedene und gesunde Tagespolitik gegründet werden.
LAUNHART.
Das geht meines Schwiegervaters wegen nicht. Mit der Politik, die mein Schwiegervater als Staatsminister treibt, lassen sich keine Geschäfte machen. Und stellen wir uns zu ihm in Gegensatz, dann verlieren wir alle geschäftlichen Vorteile, die sein Einfluß für unser Unternehmen haben kann.
GELLINGHAUSEN.
Mir haben Fachleute, die etwas von solchen Dingen verstehen, gesägt, daß man mit einer Zeitung überhaupt nur Geschäfte machen kann, wenn man Tagespolitik treibt.
LAUNHART.
Bei uns handelt es sich aber nicht einfach um eine Zeitung. Um durch eine Zeitung reich zu werden, hat man dreißig Jahre nötig! Wir brauchen etwas direkt Reformatorisches! Wir brauchen Vorträge, Bücherausgaben, alle erdenklichen Veranstaltungen, damit die gesamte Öffentlichkeit sofort gezwungen ist, sich mit uns zu beschäftigen! Die Zeitung, die wir herausgeben, soll uns dabei hauptsächlich nur zu Reklamezwecken dienen.
BERTA.
Es wird den Herren schließlich eben doch nichts zweckentsprechenderes übrigbleiben als die Frauenbewegung.
GELLINGHAUSEN.
Damit würde sich meine Braut aber nie und nimmer einverstanden erklären!
LAUNHART.
Ich weiß, Herr Gellinghausen. Für Ihre Braut ist die Frauenbewegung das Allerverabscheuungswürdigste in dieser Welt.
GELLINGHAUSEN.
Ich teile diese Abneigung meiner Braut im vollsten Maße und habe mich eigentlich auch nur durch ihre Pläne über Kindererziehungswesen zur Teilnahme an dem Unternehmen bewegen lassen.
BERTA.
Um der heutigen Kindererziehung mit Erfolg zu Leibe zu gehen, müssen aber doch zuerst die Eltern im Vollbesitz ihrer Rechte sein! Ich habe das Ihrer Braut schon hundertmal begreiflich zu machen versucht, aber bei ihr ist alle Logik umsonst!
LAUNHART.
Der Frauenbewegung gehört ja ohne allen Zweifel die Zukunft. Als geschäftliche Grundlage für unser Unternehmen wird sie nur leider durch die Häßlichkeit ihrer Vorkämpferinnen entwertet. Sobald sich schone Weiber der Frauenbewegung anschließen, kann sie für uns zu einer Goldmine werden!
BERTA.
Was können wir häßlichen Mädchen in dieser Welt denn besseres tun, als daß wir für die Naturrechte schöner Frauen streiten! Wenn man vom Himmel so ungnädig behandelt worden ist, wie zum Beispiel ich, dann hindert einen schon ein rein menschliches Taktgefühl, auf einem Gebiete zu wetteifern, auf dem andere Mädchen mit all ihren Vorzügen von vornherein als Siegerinnen auftreten. Deshalb ist mir Ihre Braut auch vollkommen begreiflich. In ihrer Verabscheuung der Frauenfrage spricht sich nur ihr Stolz auf ihre Schönheit aus.
LAUNHART.
Ja, ja, liebe Schwester, du hast ganz recht. Fräulein Fanny ist aber unsere unentbehrlichste Mitarbeiterin. Fräulein Fanny soll mit ihren geschäftlichen Kenntnissen auch das ganze Unternehmen organisieren helfen. Deshalb werden wir ihren Abneigungen Rechnung tragen. Auf jeden Fall müssen wir endlich einmal zur Aufstellung eines geschlossenen Programmes gelangen! Über unseren Kontrakt haben Herr Gellinghausen und ich uns kurz bevor du kamst schon geeinigt.
GELLINGHAUSEN
greift in die Tasche.
Ja – was ich mir noch zu bemerken erlauben wollte …
(Er zieht den Kontrakt heraus und sieht ihn durch.)
LAUNHART.
Bitte, selbstverständlich! Ist Ihnen irgend etwas eingefallen, was Sie noch hinzugefügt haben möchten?
GELLINGHAUSEN.
Hm – ich finde es nur komisch, daß Sie sich selbst tausend Mark Gehalt monatlich aussetzen und nicht auch mir, der ich, abgesehen von meiner finanziellen Beteiligung, doch gleichfalls meine volle Arbeitskraft dem Unternehmen widme.
LAUNHART.
Ach, daß ich so was vergessen konnte! Natürlich! Entschuldigen Sie bitte! – Das können wir hier ja gleich hinzufügen.
(Indem er ihm den Kontrakt abnimmt.)
Erlauben Sie
Weitere Kostenlose Bücher