Dramen
Ihnen recht ist, dann lese ich Ihnen jetzt eben rasch den Kontrakt vor, den ich aufgesetzt habe, um die Beziehungen zwischen uns in ihren wesentlichen Punkten vorläufig oberflächlich zu fixieren.
GELLINGHAUSEN.
Das ist mir sehr angenehm. Ich werde mich für meine Mitarbeiterschaft an dem Unternehmen doch noch in verschiedener Hinsicht ernstlich vorbereiten müssen.
LAUNHART
zieht zwei Kontrakt-Exemplare aus der Tasche.
Aber darf ich Ihnen nicht vielleicht ein Glas Bier kommen lassen? Sie sind jedenfalls durstig von der Fahrt.
GELLINGHAUSEN.
Ich danke Ihnen. Ich trinke tagsüber nie einen Tropfen Alkohol.
LAUNHART.
Oder ein Glas Limonade? Sie können alles haben, was Sie wollen.
GELLINGHAUSEN.
Nein, danke. Bitte, lesen Sie. Hier stört uns ja augenblicklich niemand.
LAUNHART.
Also –
(Liest.)
»Zwischen Herrn Rudolf Launhart und Herrn Heinrich Gellinghausen wurde folgender Vertrag unter Rechtsverbindlichkeit …« usw. usw. – Sie müssen übrigens entschuldigen, daß ich Sie heute leider mit meiner Frau noch nicht bekannt machen kann. Meine Frau ist auf einige Tage zu ihrem Vater gereist, der sich zufällig gerade hier in der Nähe aufhält.
GELLINGHAUSEN
erstaunt.
Was Sie sagen! Der Herr Staatsminister ist augenblicklich hier in der Nähe?!
LAUNHART.
Ja. – Also
(Liest.)
»Paragraph eins: Herr Rudolf Launhart schließt unter heutigem Datum mit Herrn Heinrich Gellinghausen eine geschäftliche Vereinigung, welche die Gründung eines großen, wenn möglich internationalen Institutes für Sozialwissenschaft zum Zweck hat.«
GELLINGHAUSEN
nickt zustimmend.
Ja.
LAUNHART.
»Paragraph zwei: Herr Heinrich Gellinghausen beteiligt sich an dem Unternehmen mit Einzahlung eines Betriebskapitals von Mark dreimalhunderttausend, in Worten dreihunderttausend Mark, welche Summe binnen heute und sechs Monaten von ihm auf der Reichsbank zugunsten der Firma deponiert werden muß.«
GELLINGHAUSEN
nickt.
Ja.
LAUNHART.
»Paragraph drei: Die Firma lautet Rudolf Launharts sozialwissenschaftliches Institut. Herr Rudolf Launhart übernimmt die Funktion eines Direktors und bezieht als solcher von der Firma ein monatliches Salär von tausend Mark.«
GELLINGHAUSEN.
Verzeihen Sie, ich habe wohl nicht ganz recht verstanden. Sie wollen sich in Ihrer Stellung als Direktor mit einem Salär von tausend Mark begnügen?
LAUNHART.
Was finden Sie dabei Außergewöhnliches? Ich hielt es für die übliche Bezahlungsweise, wenn mich die Firma mit tausend Mark monatlich honoriert.
GELLINGHAUSEN.
Ach so, monatlich!
LAUNHART.
Aber wenn Sie glauben, daß es zuwenig ist …
GELLINGHAUSEN.
Bitte, nein; ich finde die Summe durchaus Ihrer Stellung angemessen.
LAUNHART.
Ganz wie Sie meinen. – »Paragraph vier: Der sich ergebende Nettojahresgewinn wird nach Abschluß der jeweiligen Jahresrechnung zu gleichen Hälften auf beide Kontrahenten verteilt.«
GELLINGHAUSEN
nickt.
Gut.
LAUNHART.
Und nun kommt noch Paragraph fünf: »Die Dauer dieses Vertrages ist auf zehn Jahre festgesetzt. Sollte einer der Kontrahenten vor Ablauf der zehn Jahre aus dem Geschäft austreten, so hat er keinerlei Ansprüche an das Geschäftsvermögen auf Rückvergütung seiner der Firma zugute gekommenen Leistungen.« – Das ist alles. Für den Fall, daß Sie den Vertrag selber für sich noch einmal genau durchlesen wollen, übergebe ich Ihnen das eine Exemplar; dann sagen Sie mir, was Sie noch hinzugefügt haben möchten.
(Er gibt es ihm.)
Die Sache eilt ganz und gar nicht. Da kommt meine Schwester.
(Er erhebt sich.)
Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal Gelegenheit hatten, meine Schwester kennenzulernen?
Berta Launhart ist derweil über die Veranda herab in den Garten gekommen. Sie ist ein Mädchen von fünfundzwanzig Jahren, blond und häßlich, ohne dabei aber alt auszusehen.
BERTA LAUNHART
reicht Gellinghausen die Hand, zu Launhart.
Fräulein Fanny hat mich schon vor acht Tagen mit ihrem Bräutigam bekannt gemacht. – Sind denn die Herren nun endlich über die großartigen Unternehmungen einig geworden, mit denen sich das großartige Unternehmen beschäftigen soll?
GELLINGHAUSEN.
Meine Braut freut sich darauf, daß unser Unternehmen mit aller Energie für eine durchgreifende Reform der Kindererziehung eintritt.
LAUNHART.
Ihre Braut hat sehr originelle Ideen über Erziehungsreform. Die Erziehungsfragen fördern aber leider bis jetzt zuwenig Material zutage. Ich bin sehr damit einverstanden, daß wir uns von vornherein nebenher mit der
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