Dramen
Haussuchung beendet hat, darf niemand die Redaktion verlassen.
(Zu Fanny.)
Sagen Sie mir, Fräulein Fanny, haben Sie vielleicht eine Ahnung, wo Herr Launhart ist? Fräulein Berta erzählte mir, seine Frau befinde sich zu Hause in der furchtbarsten Aufregung darüber, was aus ihrem Mann geworden sein könnte.
FANNY.
Ich habe Herrn Launhart heute noch gar nicht gesehen.
GELLINGHAUSEN
zu von Brühl.
Wenn Sie durchaus hinausgelangen wollen, tun Sie wohl am besten, gleich mit hinüberzukommen und sich direkt an den Untersuchungsrichter zu wenden.
VON BRÜHL.
Ich danke Ihnen. Ich könnte mir gar nichts Besseres wünschen.
Gellinghausen und von Brühl gehen nach links ins Nebenzimmer.
BERTA.
Gott sei Dank sind wir einen Augenblick allein! – Fanny, ich muß eine Frage an dich richten! Denk von mir, wie du willst; das hat für mich von jetzt an keine Bedeutung mehr. Seit Wochen fliehe ich wie ein gehetztes Tier vor dieser Aussprache, aber dieses Elend ertrage ich nicht mehr! Ich muß die Wahrheit wissen, und sei sie mein Tod!
(Kniet vor ihr nieder.)
Fanny, versprich mir nur das eine: Antworte mir aufrichtig! Ohne Erbarmen! – Versprichst du mir das, Fanny? Willst du mir die ganze Wahrheit offen gestehen?
FANNY.
Berta, ich – ich habe keine Geheimnisse! Was ängstigt dich denn so entsetzlich?! Sprich doch nur um Gottes willen!
BERTA.
Wirst du mir aufrichtig antworten, Fanny?! – Sprich nur das eine Wort aus: Wirst du alles eingestehen?!
FANNY
beklommen.
Ja, ja, Berta! Ich bitte dich, quäl mich nicht länger! Du weißt ja nicht, wie es mir ums Herz ist!
BERTA.
Man sagt – alle Welt sagt es! – und so wird es ja wohl auch sein: – du hast ein Verhältnis mit Karl Hetmann!
FANNY.
Mit – Karl Hetmann? – Ich?
BERTA.
Mit Karl Hetmann! Mit ihm! Ja, ja! – Sprich doch um Gottes willen! Du hast ein Verhältnis mit ihm?!
FANNY.
Nein.
BERTA.
O Fanny, du belügst mich!
FANNY.
Nein. – Ich habe nichts mit ihm.
BERTA.
Aber mein Bruder sagt es! Meine Schwägerin sagt es! Gellinghausen sagt es! Die Spatzen pfeifen es ja von den Dächern, daß du, Fanny, seine Geliebte bist!
FANNY.
Beruhige dich. Hetmann kennt mich nicht anders als wie hundert und hundert Menschen mich kennen, die hier täglich ein und aus gehen.
BERTA.
Ich zittre davor, es zu glauben! – Sollte das wirklich wahr sein, Fanny?!
FANNY.
Du brauchst ihn ja nur selber zu fragen.
BERTA
erhebt sich und trocknet ihre Tränen, immer noch in großer Erregtheit.
O Fanny – ich höre nur noch, wie dem Ertrinken nahe, hoch über mir die Strudel durcheinandertosen. – Daß du ihn nicht lieben kannst, dessen war ich ja gewiß! Du kannst deine Liebe nur einem schönen Menschen schenken! Aber er muß dich lieben und mich verabscheut er! Mich kann er nicht sehen, ohne daß ihn ein Grauen erfaßt! – Aber sag mir, Fanny, läßt sich etwas Grausameres ausdenken, als wenn ein Weib in dem Augenblick, wo es nach langer trostloser Leere menschlich erwacht, wenn dies Weib in dem Augenblick seine herrlichsten Hoffnungen verwirklicht sieht und dann mit all seinem Empfindungsüberschwang zurückgestoßen wird! – durch Fußtritte, die kaum darauf achten, wen sie treffen, zurückgestoßen wird! – – Verdient habe ich mir das wohl! Warum kannte ich ihn nicht gleich! Warum raste meine Mißgunst gegen seine Schön heitsverherrlichung! – Was hat man mit aller Frauenrechtlerei denn je zu erringen gehofft, was nicht ganz und gar in seinen Weltplänen eingeschlossen ist! – –
(Sie beruhigt sich allmählich.)
O Fanny, wie dank ich dir! Wie bin ich glücklich! – – Hätte ich nun nur meinem Bruder mein Vermögen wenigstens nicht für seine Spekulationen ausgeliefert! Dann besäße ich doch noch etwas, womit ich ihm nützen könnte und stände nicht mit leeren Händen vor ihm!
(Da von links Stimmen und Schritte laut werden, sich scheu zurückziehend.)
Da kommt er …!
Untersuchungsrichter Dr. Mittenbach, Karl Hetmann und Gellinghausen treten aus dem Nebenzimmer ein.
DR. MITTENBACH.
Es tut mir unendlich leid, meine Herren, aber ich kann Sie mit dem besten Willen nicht freigeben, solange Sie Ihren Chef nicht zur Stelle schaffen. Der Staatsanwalt hat Herrn Launhart einen Stellungsbefehl geschickt und Herr Launhart hat dem Befehl nicht Folge geleistet. Dadurch werden die Herren ebenfalls fluchtverdächtig. Hätte sich Herr Launhart einfach gestellt, dann wäre jede Verhaftung von vornherein ausgeschlossen gewesen.
GELLINGHAUSEN
zu Hetmann.
Ich habe
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