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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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mich telegraphisch an seinen Schwiegervater, den Staatsminister, gewendet. Wissen Sie, was er mir antwortet?
    HETMANN.
    Nein, ich will es auch nicht wissen.
    DR. MITTENBACH
hat sich, gemütlich auf einen der Schreibtische gesetzt und schlenkert mit den Beinen.
    Nun, was antwortet er Ihnen denn?
    GELLINGHAUSEN
ein Telegramm verlesend.
    Er telegraphiert: »Verbitte mir in dieser Angelegenheit jede weitere Belästigung.«
    DR. MITTENBACH.
    Der Herr schwebte wohl so als eine Art von Schutzgeist über dem ganzen Unternehmen?
    Ein Kriminalschutzmann in Zivil, mit Radfahrerstulpen über den Stiefeln, überbringt Dr. Mittenbach einen Brief.
    DER KRIMINALSCHUTZMANN.
    Von der Staatsanwaltschaft, Herr Untersuchungsrichter.
    DR. MITTENBACH
entnimmt dem Brief ein Telegramm, das er durchfliegt.
    – Jetzt, meine Herren, so aufrichtig ich diese traurige Wendung bedaure, muß ich Sie bitten, mich zu begleiten.
    Fanny und Berta stoßen beide unwillkürlich einen kurzen Laut des Schreckens aus.
    DR. MITTENBACH.
    Aber, meine Damen! Den Herren geschieht ja doch nicht das Geringste. Kommen Sie recht häufig, die Herren zu besuchen. Dafür sind sie Ihnen dankbarer, als wenn Sie jetzt unnötigerweise die Aufmerksamkeit auf uns lenken. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, dann ist die Angelegenheit in sechs Monaten abgemacht. Wir haben jetzt Januar; im Juli wird alles überstanden sein. Das ist doch schließlich kein so furchtbares Unglück.
    GELLINGHAUSEN.
    O durchaus nicht! Ich fühlte als reicher Mann die Verpflichtung, nicht nur mein Geld, sondern auch meine Arbeit in den Dienst meiner Mitmenschen zu stellen. Ich hätte mir niemals träumen lassen, daß ich mit solchen Grundsätzen auch noch ins Gefängnis kommen werde!
    HETMANN
stammelnd, fast wie vom Schlag getroffen.
    He – Herr – Untersuchungsrichter – – heute in – in acht Tagen wird hier ein großer internationaler Kongreß eröffnet – dessen Verhandlungen ich zu leiten be – auftragt bin ich biete Ihnen – natürlich nur für die Dauer des Kongresses – an Kautionen – an Sicherheiten alles – alles – alles …
    DR. MITTENBACH.
    Kautionen, Herr Hetmann, können in einem Fall, wo das Vertrauen einmal verletzt wurde, nicht mehr entgegengenommen werden. Ihr Chef schickt selbst an die Staatsanwaltschaft dieses höhnische Telegramm hier.
(Lesend.)
»Werde heute noch vollkommen in Sicherheit sein. Alle Verfolgung überflüssig. Rudolf Launhart.«
(Zu Gellinghausen und Hetmann.)
Warum haben Sie den Herrn auch nicht aufmerksamer bewacht und ihn eventuell mit dem geladenen Revolver hier festgehalten!
(Zu dem Kriminalschutzmann.)
Holen Sie zwei Droschken!
    DER KRIMINALSCHUTZMANN.
    Es stehen Wagen unten, Herr Untersuchungsrichter.
    DR. MITTENBACH.
    Sie haben Ihr Rad bei sich?
    DER KRIMINALSCHUTZMANN.
    Zu Befehl, Herr Untersuchungsrichter.
    DR. MITTENBACH.
    Dann brauchen wir nur eine Droschke. Sie fahren mit dem Rad scharf hinter uns her!

Dritter Akt
    Ein möbliertes Studentenzimmer. Links hinten, vom Zuschauer aus, ein mit Gardinen verhängter Alkoven. Rechts hinten die Eingangstür. – Hetmann sitzt am Schreibtisch in eine Arbeit vertieft. Es klopft; Hetmann hört es nicht. Es klopft wieder, er nickt mit dem Kopf. Es klopft zum drittenmal, worauf er verneinend den Kopf schüttelt. Darauf erhebt er sich und schleicht zur Tür.
    HETMANN.
    Muß doch sehen, ob die Tür verschlossen ist.
    Ehe er zur Tür gelangt ist, wird geöffnet und Fanny tritt ein, mit einem Fliederstrauß in der Hand.
    Ei, Fräulein Fanny! Ich danke Ihnen für die schönen Blumen.
    FANNY.
    Ich weiß zwar, daß Sie gerade keine allzugroße Freude daran haben; aber wenn ich sie hier in dies Glas stelle, sind sie Ihnen vielleicht doch nicht im Wege.
(Sie plaziert die Blumen auf der Kommode.)
    HETMANN.
    Ich danke Ihnen. – Mich wundert nur, daß Sie nicht längst verheiratet sind.
    FANNY.
    Warum sind denn Sie nicht verheiratet? – Ihnen haben sich die Frauen zu Hunderten angetragen.
    HETMANN.
    Lassen wir das. Machen Sie sich's in diesem Sessel bequem und erzählen Sie mir etwas Liebes, Gutes, Schönes.
    FANNY
ohne sich zu setzen.
    Erinnert Sie dieser Tag an nichts?
    HETMANN.
    Ich habe Gott sei Dank keinen Kalender, und so Gott will, haben Sie mir keinen mitgebracht.
    FANNY.
    Seien Sie unbesorgt; ich rede kein Wort mehr davon.
    HETMANN.
    Welcher Tag konnte denn heute sein?
    FANNY.
    Nein, lassen wir das.
    HETMANN.
    Jetzt möchte ich es aber gerne wissen.
    FANNY.
    Heute ist es ein Jahr, daß Sie aus dem

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