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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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damals auch den Inhalt Ihrer »Pandora« noch nicht.
    Buridan
    In allem, was ich bis jetzt geschrieben und veröffentlicht habe, findet sich nicht ein Wort, das Ihnen in Wirklichkeit Grund zu Ärgernis geben könnte.
    Dr. Prantl
    Ich habe Ihre sämtlichen Schriften derweil gelesen. Es handelt sich bei uns aber gar nicht darum, welche Wirkung Ihre Ansichten auf uns ausüben. Es handelt sich darum, welche Wirkung Ihre Ansichten auf den arglosen Zuschauer ausüben, der die öffentlichen Darstellungen besucht, um sich zu zerstreuen, und der, ohne etwas davon zu ahnen, mit einer Schädigung seiner sittlichen Empfindungen in sein Heim zurückkehrt.
    Buridan
    Dann bestehen Sie also darauf, daß der geistige und sittliche Gewinn, den der Zuschauer aus der Darbietung schöpfen soll, ihm in schwerfälligen Lehren auf den Heimweg mitgegeben werden muß?
    Dr. Prantl
    In zweifelhaften Fällen bestehen wir darauf!
    Buridan
    Das ist eines Künstlers gänzlich unwürdig!
    Dr. Prantl
einfach
    Die Menschheit ist unserer Obhut anvertraut, nicht der Künstler!
    Buridan
    Aber kann denn die Kirche, die sämtliche Künste in ihren Dienst stellt – Musik, Malerei, Plastik, Dichtung, Schauspielerei; ich denke an die Mysterien des Mittelalters, an die lateinischen Theateraufführungen der Jesuiten – kann die Kirche die Kunst als ihre Feindin bekämpfen?
    Dr. Prantl
    Es ist unsere Pflicht, wenn die Kunst das Glück der Menschheit anfeindet.
    Buridan
sich erhebend
    In Norddeutschland hat durch die Darstellungen meiner »Pandora« meines Wissens keine Seele Schaden genommen. Sie wissen vermutlich nicht, wie sich seinerzeit ein norddeutscher Zensor zu der Frage der öffentlichen Aufführung stellte? Nach einer kurzen Audienz, die er mir gütigst gewährte, hatte sich der Zensor davon überzeugt, daß in dem Stück nicht ein einziges spöttisches Wort enthalten ist, dessen Spott sich nicht durch die Verhältnisse, in denen es ausgesprochen wird, in tiefempfundenen wahrheitsgetreuen Ernst verwandelt. Darauf nahm er keine Rücksicht mehr auf die Gefahr, daß seine Entscheidung von einem ungebildeten Straßenpöbel falsch beurteilt werden könnte. In sichtlichem Stolz auf seine Machtbefugnis sagte er mir: Begreifen wird man Ihr Stück allerdings nicht ohne weiteres. Aber eben deshalb bin ich dafür, daß es so prompt als möglich zur öffentlichen Beurteilung gelangt. Wir Preußen haben uns nie vor der » Reinen Vernunft « gefürchtet.
    Dr. Prantl
    In Preußen ist man durch unsere weltliche Ordnung in Anspruch genommen. Wir haben es mit dem seelischen Wohl der Menschen zu tun. Wir können uns auf Ihre Zumutungen nicht einlassen, weil Ihrem Wirken die Aufrichtigkeit fehlt. Ihnen fehlt die seelische Lauterkeit, die anima candida . Es fehlt Ihnen das Hochzeitsgewand, das auch vom ärmsten Bettler gefordert wird, wenn er nicht in die tiefste Hölle geworfen werden soll.
    Buridan
    Darin bewährt sich der untilgbare Fluch, den ich in dieses Erdendasein mitbekommen habe! Was ich mit dem tiefsten Ernst meiner Überzeugung ausspreche, halten die Menschen für Lästerungen. Soll ich mich nun deshalb in Widerspruch mit meiner Überzeugung setzen? Soll ich mit klarstem Bewußtsein unecht, unaufrichtig, unwahr werden, damit die Menschen an meine Aufrichtigkeit glauben? Um das tun zu können, müßte ich der Lästerer sein, für den mich die Menschen halten!
    Dr. Prantl
erhebt sich, mit fester Stimme
    Ich komme nicht hierher, um Ihre bösen, sondern um Ihre guten Geister heraufzubeschwören! Beruhigen Sie sich doch!
    Buridan
    Was hilft alle Liebe zum Guten, wenn sich das Gute nicht lieben lassen will! Ich jammerte nie über die schimpflichen Lebenslagen, in die mich das allgemeine Mißverständnis geraten ließ; ich nutzte vielmehr die schimpflichen Lebenslagen nur wieder dazu aus, um die ewigen Gesetze klarzulegen, die sich in ihnen offenbarten. Aber auch darin erschien ich wieder als Spötter!
    Dr. Prantl
heftiger
    Das haben Sie Ihrem doppelzüngigen Beruf zu danken! Wer traut einem Menschen, der aller Welt gegen Eintrittsgeld auftischt, was er zu Hause mit sich selbst auskämpfen sollte. Täglich sehe ich in meiner Eigenschaft als Zensor, wie unheilvoll der Schriftsteller das Wesen seines Berufes verkennt. Warum zerren Sie immer und immer wieder auf die Bühne, was nicht auf die Bühne gehört?! Bleiben Sie doch in Ihrem Bereich! Ihre Arbeit ist Modeware! Ihr Geschäft ist ein Glücksspiel!
    Buridan
ruhiger
    Aber können Sie mir denn irgend etwas aus

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