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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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dann hätten sie mich interviewt und in allen Journalen abgebildet. Gott sei Dank hatte ich auf der Toilette schon die Bekanntschaft meiner Célestine gemacht. Als ich ihr meine zwei Sous in die Hand drückte, erklärte sie mir, sie beabsichtige, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Sie hat die Ersparnisse zwanzigjähriger Arbeit auf dem Crédit Lyonnais deponiert. Dabei liebt sie mich um meiner selbst willen. Sie geht nicht wie du nur auf Gemeinheiten aus. Sie hat drei Kinder von einem englischen Bischof, die alle zu den schönsten Hoffnungen berechtigen. Übermorgen früh werden wir uns auf der Mairie des ersten Arrondissements standesamtlich trauen lassen.
    Lulu
    Meinen Segen hast du dazu.
    Rodrigo
    Dein Segen kann mir gestohlen werden! Ich habe meiner Braut gesagt, ich hätte zwanzigtausend Francs auf der Bank liegen.
    Lulu
    Dabei prahlt der Kerl noch, daß ihn das Mädchen um seiner selbst willen liebt!
    Rodrigo
    Meine Célestine verehrt den Gemütsmenschen in mir, und nicht den Kraftmenschen, wie du das getan hast und all die anderen. Das ist jetzt überstanden! Erst rissen sie einem die Kleider vom Leib, und dann wälzten sie sich mit der Femme de chambre herum. Ich will ein Totengerippe sein, wenn ich mich noch jemals auf solche Belustigungen einlasse!
    Lulu
    Warum zum Henker verfolgst du denn die unglückliche Geschwitz mit deinen schmutzigen Anträgen?
    Rodrigo
    Weil das Frauenzimmer von Adel ist. Ich bin Homme du monde und verstehe mich besser als irgendeiner von euch auf den Pariser Konversationston. – Aber jetzt bitte ich um eine bündige Antwort. Wirst du mir bis morgen abend das Geld verschaffen oder nicht?
    Lulu
    Ich habe kein Geld.
    Rodrigo
    Ich will Hühnerdreck im Kopf haben, wenn ich mich damit abspeisen lasse! Er gibt dir den letzten Sou, den er hat, wenn du nur einmal deine verdammte Pflicht und Schuldigkeit tust und ihn nicht umsonst vor deiner Tür winseln läßt. Du hast den armen Jungen hierher gelockt, und jetzt kann er sehen, wo er ein passendes Engagement für seine Vervollkommnung auftreibt.
    Lulu
    Was schert es dich, ob er das Geld mit Weibern oder am Spieltisch vertut?!
    Rodrigo
    Wollt ihr denn mit Gewalt den letzten Pfennig, den sich sein Vater an der Zeitung verdient hat, diesem wildfremden Pack in den Rachen jagen?! Du machst vier Menschen glücklich, wenn du fünfe gerad sein läßt und dich einem wohltätigen Zweck opferst! Muß es denn immer und immer nur Casti-Piani sein!
    Lulu
    Soll ich ihn vielleicht bitten, daß er dir die Treppe hinunterleuchtet?
    Rodrigo
    Comme vous voulez, ma chère! Wenn ich bis morgen abend die zwanzigtausend Francs nicht habe – du kannst sie auf dem Postbureau an der Avenue de l'Opéra deponieren –, dann erstatte ich Anzeige bei der Polizei, und euer Luderleben hat ein Ende. – Au plaisir de vous revoir!
    Journalist Heilmann kommt atemlos von links hinten.
    Lulu
    Sie suchen Madelaine de Marelle? – Sie ist nicht hier.
    Heilmann
    Nein, ich suche etwas anderes.
    Rodrigo
ihm den Weg weisend
    Die zweite Tür rechts, bitte.
    Lulu
zu Rodrigo
    Hast du das schon von deiner Braut gelernt?
    Heilmann
stößt in der Tür links auf Bankier Puntschu
    Pardon, mein Engel.
    Puntschu
    Ach, Sie sind's! Madame de Marelle erwartet Sie im Lift.
    Heilmann
    Fahren Sie bitte mit ihr hinauf. Ich bin gleich zurück.
    Heilmann eilt nach links ab. Lulu geht ins Speisezimmer; Rodrigo folgt ihr.
    Puntschu
allein
    Quelle chaleur! – – Schneid' ich dir die Ohren nicht ab, schneidet du sie mir! – – Muß man sich durchquetschen zwischen Juden, Christen und Sirenen! – – Kann ich nicht vermieten mein Josaphat, muß ich mir helfen mit meinem Verstand! – Wird er nicht runzlig, mein Verstand; wird er nicht avachi; braucht er sich nicht zu baden in Eau de Cologne!
    Bob überbringt ein Telegramm.
    Bob
    A Monsieur Puntschu!
    Puntschu
erbricht es und murmelt
    Les actions du Funiculaire de la Jung-Frau tombées… Attends!
(Gibt Bob ein Trinkgeld)
Comment t'appelles-tu?
    Bob
    Gaston Tarnaud, Monsieur; mais on m'a baptisé Bob parce que ça se prononce plus court comme ça.
    Puntschu
    Es-tu né è Paris?
    Bob
    Oui, Monsieur.
    Puntschu
    Quel âge?…
    Kadéga di Santa Croce tritt von rechts hinten ein.
    Kadéga
    Maman n'est pas ici?
    Puntschu
    Non. – Quelle charmante fille, mon dieu!
    Kadéga
    Je la cherche partout; je ne puis pas la trouver.
    Puntschu
    Attendez donc; Maman va revenir. – Ist sie weiß Gott…
(Auf Bob sehend)
Und das Paar Kniehosen! – Weiß

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