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Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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passiert.«
    »Das ist mir durchaus bewußt«, sagte das Mädchen. »Aber begreifst du denn nicht? Wenn wir zusammenarbeiten, könnten wir gemeinsam eine Nebenhandlung entwickeln. Dann könnte man uns nicht mehr so leicht beseitigen.«
    Vitello war nicht überzeugt. »Die Dramokletianer können ganze Armeen, ganze Planeten beseitigen. Das hier ist ihre Welt, ihre Wahrheit, ihre Realität. Sie würden deine alberne kleine Nebenhandlung gnadenlos hinauswerfen.«
    »Nicht, wenn wir ihnen nützlich sein können. Ich habe einen Plan, der unsere Existenz sichern wird.«
    »Die Phantastereien eines Serviermädchens!« höhnte Vitello.
    »Du solltest langsam merken, daß ich nicht bloß eine Serviererin bin«, sagte das Mädchen. »Genauer gesagt, ich bin im Besitz von geheimen Informationen über Dramokles’ Bestimmung.«
    »Was für Informationen sind das?«
    »Nicht so schnell. Bist du bereit, mit mir gemeinsame Sache zu machen?«
    »Ich denke, ja«, sagte Vitello. »Sag mir schnell, wie du aussiehst, ehe der Roman sich wichtigeren Dingen zuwendet.«
    »Ich bin von mittlerer Größe, schwarzhaarig und blauäugig, mit festen runden jungen Brüsten wie Orangen, herrlichen Schenkeln und einem Arsch, der einen Engel zum Weinen bringen würde.«
    »Du scheust dich nicht, deine Vorzüge zu preisen«, brummte Vitello. Aber er schaute sie an und sah, daß das, was sie sagte, der Wahrheit entsprach. Er bemerkte auch noch andere Details, aber er wollte verdammt sein, wenn er seine Zeit darauf verschwendete, über sie nachzudenken.
    »Ich heiße Chemise«, sagte das Mädchen. »Ich denke, du solltest mich heiraten. Dann hätte ich in dieser Erzählung ein legales Verhältnis.«
    »Dich heiraten?« fragte Vitello.
    »Wurde da eben vom Heiraten gesprochen?« erscholl hinter Vitello eine fröhliche Stimme. Er drehte sich um und sah, daß ein Priester den Raum betreten hatte. Der Priester war ein fetter, unbeholfener Mann mit einem roten Gesicht, einer Knollennase. Sein Atem stank nach Whisky. Zwei nicht näher zu beschreibende Trauzeugen folgten ihm.
    »Du bist wirklich ganz schön raffiniert«, sagte Vitello bewundernd.
    »Eine clevere Statistin muß schnell sein, wenn sie eine Chance in der Haupthandlung bekommen will«, sagte Chemise. »Darf ich dir meine Mutter vorstellen?«
    Vitello wandte sich um und sah, daß von irgendwoher eine ältere, grauhaarige Frau aufgetaucht war. »Jungejunge«, sagte Vitello und schüttelte ihr die Hand.
    »Mein Mann kann heute leider nicht dabei sein«, sagte Chemises Mutter. »Er befindet sich auf einer scheinbar harmlosen Vergnügungsreise nach Glorm, in Begleitung zweier alter Freunde vom Geheimdienst, die rein zufällig unzuverlässige Schulfreunde von König Dramokles sind.«
    »Sie verschwenden aber auch keine Zeit«, kommentierte Vitello. »Wenn man Ihnen einen Allgemeinplatz erlaubt, produzieren Sie gleich eine Komplikation.«
    »Ich könnte Ihnen noch seltsamere Dinge erzählen«, sagte Chemises Mutter. »Gestern erst hörte ich im Palast ein Telefongespräch mit, bei dem.«
    »Sei still, Mutter«, sagte Chemise. »Das ist meine Chance, nicht deine. Verschwinde jetzt wieder, und ich will sehen, ob ich später einen Platz für dich finden kann.«
    »Du warst immer eine gute Tochter«, sagte Chemises Mutter. »Ja, ich erinnere mich noch.«
    »Noch ein Wort, und du treibst mich dazu, daß ich mich selbst zur Waise mache«, sagte Chemise.
    »Werde ja nicht frech zu mir, junge Dame«, sagte Chemises Mutter. Aber sie verblaßte hastig, bis sie nicht mehr von den graubraunen Vorhängen zu unterscheiden war, die von den Deckenbalken der rauchgeschwängerten, schwach beleuchteten Banketthalle herabhingen.
    »So ist es besser«, sagte Chemise. »Sind die beiden nicht näher zu beschreibenden Trauzeugen bereit? Dann beginnen Sie mit der Zeremonie, Priester.«
    »Ich kann das nicht glauben«, sagte Vitello.
    »Hier ist auch in der Tat Unglaube am Platze!« rief Prinz Chuch, der plötzlich aus einer dunklen Nische auftauchte, wo er auf ein gutes Stichwort für seinen Auftritt gewartet hatte.
    Chuch sagte zu Chemise: »Woher kommst du, Mädchen? Du stammst doch noch nicht einmal aus unserer glormischen Realität, nicht wahr?«
    Chemise sagte: »Ich kann Ihnen das alles erklären, Prinz.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte Chuch. »Ich habe mich bereits entschieden.«
    Einen Moment lang herrschte völliges und furchtbares Schweigen. Chuch, der auf einem Treppenabsatz stand, die Arme vor der Brust

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