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Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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An einem kleineren Tisch auf einer niedrigen Plattform saßen Haldemar und Vitello. Der erste Gang bestand aus Graupensuppe mit Speck. Dann folgte ein gerösteter Hrol, ein Tier, das wie ein Schwein aussah und wie eine Garnele schmeckte. Es war mit Salzheringen und Lauch gefüllt und wurde mit einer braunen Soße serviert. Danach gab es gekochte, gesalzene Rüben und ein Filet von saurem Fisch, dessen Fleisch blau war.
    Auch für Unterhaltung war gesorgt. Zuerst ein Harfner, dann zwei Dudelsackpfeifer, dann eine Axttanz-Vorführung, dann ein Clown, dessen Witze nach dem brüllenden Gelächter der Gäste zu urteilen offenbar ziemlich anzüglich waren. Doch sein Akzent war so breit, daß Vitello kein Wort verstand. Als Dessert gab es einen Kompott aus Früchten der Gegend, verfeinert mit Kiefernzapfenbrandy und wildem Berghonig. Hörner mit Flechtenbier wurden von vollbusigen Serviermädchen gereicht, und zum Schluß rezitierte der Barde des Königs – ein großer, weißbärtiger alter Mann mit einer Augenklappe – eine traditionelle Saga und begleitete sich dazu auf einer Hammerzimbel. Vitello verstand wieder kein Wort.
    Als das Festmahl beendet war, feierten Haldemars Gäste betrunken und ausgelassen weiter, während Haldemar sich mit Vitello in ein Zimmer im hinteren Teil des hölzernen Palastes zurückzog. Hier machten es sich die beiden Männer auf Matratzen bequem, die offensichtlich aus glormischer Fertigung stammten. Und Haldemar sagte: »Nun, Vitello, ich habe nachgedacht, und dieses Bündnis mit Eurem Prinzen sagt mir sehr zu.«
    »Das freut mich«, sagte Vitello, holte den Vertrag hervor und entrollte ihn. »Wenn Eure Majestät dann bitte hier und hier unterschreiben wollen, und dann einmal dort unten.«
    »Nicht so schnell«, sagte Haldemar. »Vor der Unterzeichnung eines so wichtigen Dokumentes ist es üblich, daß der Gast uns etwas darbietet.«
    »Ich bin kein sehr guter Sänger«, sagte Vitello, »aber wenn Ihr es wünscht.«
    »Ihr sollt nicht singen«, sagte Haldemar. »Ihr sollt kämpfen.«
    »Oh?« sagte Vitello.
    »Hier auf Vanir ist es Tradition, einem hohen Gast die Gelegenheit zu geben, seine Tapferkeit unter Beweis zu stellen. Ihr seid ein gut gebauter junger Mann. Ich denke, Ihr würdet im Kampf gegen den Doon von Torth eine gute Figur machen.«
    »Können wir nicht einfach den Vertrag unterzeichnen und auf alle weiteren Formalitäten verzichten?«
    »Unmöglich«, sagte Haldemar. »Bei wirklich wichtigen Anlässen brauchen wir Vanir entweder einen großen Kampf oder eine Liebesgeschichte. Sonst können die Barden keine Verse dazu dichten. Es mag Euch vielleicht albern vorkommen, aber die Leute erwarten es eben. Wir sind eben nun mal Barbaren.«
    »Ich verstehe Euer Problem«, sagte Vitello. »Aber habt Ihr nicht vielleicht zufällig eine Tochter, deren Liebe ich erringen könnte?«
    »Damit kann ich Euch leider nicht dienen«, sagte Haldemar. »Unglücklicherweise wurde mein einziges Kind, Hulga, vor einiger Zeit von Fufnir, dem Dämonengnom, entführt.«
    »Das ist bedauerlich. Erzählt mir etwas über den Doon.«
    »Er ist eine fünfarmige Kreatur von großer Kraft und Geschicklichkeit und ein Meister des Schwertkampfes. Aber laßt Euch davon nicht abhalten. Gegen einen Mann, wie Ihr es seid, hätte er gewiß keine Chance.«
    »Dennoch werde ich nicht gegen ihn kämpfen.«
    »Ist das Euer Ernst?«
    »Ja, allerdings.«
    »Ich zögere, Euch einen Feigling zu nennen, weil Ihr mein Gast seid. Aber Ihr müßt zugeben, daß Euer Standpunkt nicht sehr heroisch ist.«
    »Das ist mir gleich«, sagte Vitello. »Ich bin in dieser Geschichte nicht für eine tragische Rolle vorgesehen.«
    Haldemar überlegte eine Weile. »Vielleicht könnten wir etwas weniger Gefährliches für Euch finden. Ihr könntet zum Beispiel durch das magische Tor in die Unterwelt gehen und Hulga retten.«
    »Das kommt auch nicht in Frage. Vergeßt das Ganze, Haldemar. Ich habe Verständnis dafür, daß Ihr die Form wahren möchtet. Aber hier geht es um Wichtigeres. Das ist keines Eurer hiesigen Folklore-Spielchen. Hier geht es um alle Planeten unseres Systems. Ich gebe Euch die große Chance, eine Platz in der Geschichte des Universums zu erwerben! So etwas bietet sich einem nicht alle Tage. Also unterschreibt endlich, König, oder laßt mich in Frieden ziehen.«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Haldemar. »Ich wollte lediglich meine Wähler zufriedenstellen, ehe ich Tausende von ihnen fortschicke, damit sie auf fremden

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