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Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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er einmal kippt, ist der Wandel unerbittlich und unaufhaltsam. Wir sind an einem solchen Punkt, Rufus, und die ganze Schöpfung schwebt in diesem Augenblick über dem Abgrund einer Katastrophe, die niemand wünscht und doch auch niemand aufhalten kann. Die beiden großen Flotten steh’n einander gegenüber, auf den Befehl zum Angriff wartend; und der Tod, der grinsende Geselle, hält schon die Würfel in der Hand, um voller Spott.«
    »Du hast recht«, sagte Rufus. »Das ist mir zu hoch. Dein Wort genügt mir. Du sagst, daß ich Dramokles betrügen soll. Wie soll ich das anstellen?«
    »Militärische Operationen stehen kurz bevor«, sagte Drusilla. »Dramokles wird bald deine Hilfe brauchen. Er wird dich bitten, mit der Flotte von Druth etwas zu unternehmen.«
    »Ja, weiter.«
    »Um was immer er dich auch bittet, geht zum Schein darauf ein, aber tue dann genau das Gegenteil.«
    Rufus zog vor lauter Konzentration die Stirn kraus. »Das genaue Gegenteil, sagst du?«
    »Exakt.«
    »Das Gegenteil«, sagte Rufus wieder. »In Ordnung, ich glaube, ich habe es kapiert.«
    Drusilla legte ihre Hand auf seinen Arm. Mit tiefer, bewegter Stimme sagte sie: »Können wir auf dich zählen, Rufus?«
    »Wir?«
    »Ich und das zivilisierte Universum, mein Schatz.«
    »Vertrau mir, mein Liebling.«
    Sie umarmten sich. Dann zuckte Drusilla erschreckt zusammen. »Rufus! Da ist ein Gesicht am Fenster!«
    Rufus wirbelte herum, den Nadelstrahler schußbereit. Aber er sah nichts durch die Doppelglasscheiben, außer den kahlen Felsen Anastagons.
    »Da ist nichts«, sagte er.
    »Ich habe jemanden gesehen!« erklärte Drusilla bestimmt.
    Rufus zog seinen Raumanzug an, schaltete die Außenbeleuchtung ein und ging hinaus, um Nachforschungen anzustellen.
    Als er zurückkam, schüttelte er den Kopf. »Da draußen ist niemand, Liebling.«
    »Aber ich habe ein Gesicht gesehen!«
    »Vielleicht eine Halluzination, durch deine Aufregung hervorgerufen.«
    »Hast du die Gegend nach Abdrücken von Raumschiffreifen abgesucht?«
    »Da sind tatsächlich welche draußen.«
    »Aha!«
    »Aber sie stammen von unseren eigenen Schiffen.«
    »Es waren sicher nur meine Nerven«, sagte Drusilla mit einem zittrigen Lachen. »Ich bin froh, wenn das alles endlich vorbei ist!«
    Sie küßten sich, und Drusilla ging hinaus zu ihrem Raumkutter und machte sich auf den Rückflug nach Ystrad.
    Rufus blieb noch eine Weile auf Anastagon. Er röstete Eibischwurzeln an der Schwertspitze über dem Gasbrenner, und dachte über das nach, was Drusilla ihm gesagt hatte. Ein liebes Mädchen, die Drusilla, aber sie war übersensibel und neigte zur Hysterie.
    Natürlich war das alles Unsinn. Rufus hatte nicht vor, Dramokles zu verraten. Einen Freund zu verraten, das war undenkbar. Und wenn das ganze Universum in einem atomaren Feuer unterging. Doch so weit würde es gar nicht erst kommen. Dramokles würde die Eibisch wurzeln, oder besser, die Kastanien schon aus dem Feuer holen. Dru würde einsehen, wie unrecht sie gehabt hatte, falls dann noch jemand von ihnen am Leben war.
    Rufus hatte nichts gegen einen Krieg einzuwenden. Er war bereit, genau wie sein Freund Dramokles.

32
    Im Kriegszimmer von Schloß Ultragnolle knisterte förmlich die Spannung. Auf den Wandbildschirmen waren unzählige winzige, leuchtende Punkte zu sehen. In der Unendlichkeit des Weltraums näherten sich zwei Raumflotten. Die Schiffsverbände von Druth waren zu Phalanxen formiert. Reglos und bereit zum Kampf waren Rufus’ Schiffe hinter jenen Koordinaten, die die Grenze von Druths Raumhoheit markierten, in Stellung gegangen. Der Feind näherte sich ihnen in Doppelhorn-Formation. Johns Superschlachtschiffe bildeten die rechte Flanke und die Mitte, Haldemars grobplankige Raumer die linke Flanke. Dramokles konnte erkennen, daß die feindliche Flotte erheblich größer war als die von Rufus. John hatte alle seine Reserven aufgeboten. Neben seiner regulären Kriegsmarine waren da außerdem plumpe Frachter mit Raketenwerfern, schnelle Jachten mit behelfsmäßig montierten Torpedorohren, Versuchsschiffe mit mächtigen Strahl-Projektoren. John hatte alles aufgeboten, was startklar war und mit der Flotte mithalten konnte.
    Mit Hilfe der von den Ahnen übernommenen Fernsehtechnik konnte Dramokles die Unterhaltung zwischen Rufus und Baron John sehen und hören.
    »Tagchen, Rufus«, sagte Baron John, krampfhaft um einen unbekümmerten Tonfall bemüht.
    Rufus, in seiner Kommandozentrale, drehte an der Feinabstimmung. »Hallo,

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