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Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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verachtete, lebte Chuch in einem Wonnetaumel häuslichen Glücks.
    Dann, plötzlich, war es vorbei. Baron John teilte ihm mit, daß die Flotten in zwölf Stunden nach Glorm abfliegen würden. Tod oder Ruhm erwartete sie, vielleicht auch irgend etwas anderes. Der Augenblick des Handelns war endlich da.
    An seinem letzten Abend auf Crimsole gab Chuch für Doris eine Geburtstagsparty. Vitello und Hulga kamen vorbei, und Fufnir ließ sich von Feare einfliegen. Nach dem Dinner war es Zeit für die Geschenke.
    Von Vitello bekam Doris ein Miniaturschloß aus Marzipan, in dessen vier Türmen vier teure Perlen steckten. Hulgas Geschenk war ein Papagei, der Verse aus Longfellows »Hiawatha« rezitieren konnte. Fufnir schenkte ihr ein altes Märchenbuch, mit dem Trollmütter Trollkinder zu erschrecken pflegten. Das erste Märchen begann so: »Eines Tages kam ein Trollkind, das seiner Mutter davongelaufen war, zu einer Lichtung, auf der Menschen gerade Babys kochten und lachten.«
    Chuch hatte zwei Geschenke für Doris. Das erste war ein Kästchen mit Edelsteinen. Das zweite war die Freiheit – denn vor dem Gesetz war Doris noch immer eine Sklavin. Sie war als freie Bürgerin Aardvarks geboren worden, doch dann hatten Banditen sie geraubt und an Baron John verkauft. Da Anne ihm nicht erlaubte, das hübsche aardvarkianische Mädchen so zu benutzen, wie er sich das wünschte, hatte der Baron sie Chuch für dessen Ausschweifungen zur Verfügung gestellt mit der Überlegung, daß Freuden aus zweiter Hand immer noch besser sind als gar keine Freuden.
    Doris’ blaue Augen füllten sich mit Tränen, als sie das Freilassungszertifikat las. Dann öffnete sie das Schmuckkästchen, betrachte die teuren Steine und war begeistert. Einem galt ihre besondere Aufmerksamkeit – ein einzelner Diamant in einer zarten Goldfassung.
    »Herr«, sagte sie, »das sieht einem Verlobungsring verblüffend ähnlich.«
    Chuch blickte finster, war aber sichtlich befriedigt. »Allerdings«, sagte er schroff.
    »Darf ich dann hin und wieder so tun, als sei er als Verlobungsring gedacht gewesen?«
    Chuch nagte an seinem Schnurrbart. Sein fahles Gesicht färbte sich rosa. »Doris«, sagte er, »du darfst so tun, als seiest du mit mir verlobt, und ich werde auch so tun.«
    Sie dachte einen Augenblick nach. »Aber Herr, wäre dann denn nicht das, was wir vorgeben, wahr?«
    »Und wenn das so wäre?« sagte Chuch, verlegen aber stolz auf sich selbst. »Aber sorge dafür, daß saubere T-Shirts da sind, wenn ich zurückkomme, sonst blase ich die ganze Sache ab.«
    Vitello, Hulga und Fufnir gratulierten dem glücklichen jungen Paar. Dann war es Zeit, sich der Flotte anzuschließen.

31
    Drusilla und Rufus trafen sich auf Anastagon, einem Planetoiden, der zwischen Glorm und Druth lag. Anastagon hatte einst dem verrückten König Bidocq von Druth gehört, der sich dort eine Jagdhütte hatte bauen lassen, aber nie dazu gekommen war, den Planetoiden mit Tieren und Sauerstoff auszustatten. Mit Ausnahme der Jagdhütte besaß Anastagon keine Atmosphäre. Der kleine Planetoid hatte noch eine andere Besonderheit: er war unsichtbar. Bidocq hatte Anastagon mit Nondetecto anstreichen lassen, einem Produkt der Alten Wissenschaften der Erde, das alle Strahlen des sichtbaren Spektrums umlenkte und außerdem wasserfest war. An vielen Stellen war die Farbe inzwischen abgeblättert. Vom Weltraum aus gesehen, wirkte Anastagon wie kleine Inselchen aus Vulkangestein, die scheinbar zusammenhanglos im All schwebten.
    Rufus war bereits da, als Drusilla eintraf. Er liebte Anastagon, denn hier bewahrte er seine Zinnsoldaten-Sammlung auf, die größte in der Galaxis. Im Augenblick war er gerade dabei, auf dem Küchenfußboden die Schlacht von Waterloo zu rekonstruieren.
    Kommandeur Rufus war in vielerlei Hinsicht ein typisches Produkt der Kriegsakademie auf Antigone. Er war tapfer, loyal, unkompliziert, vielleicht sogar ein bißchen einfältig. Bei seinen Soldaten, von denen er verehrt wurde, war seine Liebe zum Detail wohlbekannt. Sie sagten über Rufus, er sei imstande, auf der Schneide eines Palimpar Staub zu entdecken. Unter seinen Offizieren machte der Witz die Runde, daß Rufus selbst beim Höhepunkt des Liebesaktes noch über die Bedeutung von Thriolatrie für die Feldlogistik nachdenke.
    Rufus besaß großes Geschick in Kampfsportarten und war ein Experte im Kreealai, dem alten glormischen Spiel, für das man drei Bälle, einen Knüppel und ein kleines, grünes Netz benötigte. Er

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