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Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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Sie seinen verräterischen Plan so bereitwillig akzeptiert haben. Nun sehen Sie, daß Ihre ach so große Liebe zu ihrem guten alten Daddy in Wahrheit nur unbewußte Wut- und Rachegefühle verdeckte.«
    »Aber ich liebe ihn!« jammerte Drusilla.
    »Natürlich tun Sie das. Aber Sie hassen ihn auch. Die Ambivalenz ist offensichtlich. Wie könnte es auch anders sein? Denken Sie an Ihre Kindheit, denken Sie an die vielen Freundinnen, die Dramokles hatte. Doch von der kleinen Dm wollte er nichts wissen, nicht wahr? Die kleine Dm wollte Daddys Freundin sein, der böse Daddy behandelte sie aber wie ein Kind und hatte stets andere Freundinnen. So entstanden in Ihrem Unterbewußtsein Mordgedanken die jedoch nie an die Oberfläche gelangten. Um sie zu sublimieren, wandten Sie sich der Religion zu und versuchten so, Ihre destruktiven Gedanken unter die Ägide eines höheren Zweckes zu stellen. Und darum haben Sie sich auch in Rufus verliebt – Rufus, die Selbstbeherrschung in Person, ebenfalls eine Vaterfigur, ein Mann, der sich mit vielen Dingen beschäftigt, nur nicht mit Ihnen. Als die Gelegenheit da war, sich an Dramokles zu rächen, ließ die Vernunft, die subtile Dienerin der bösen Absicht, Sie Ihre Rachegelüste durch scheinbar edelste Motive tarnen.«
    »Oh, Doktor«, sagte Drusilla. »Ich fürchte, Sie haben recht. Ich schäme mich so.«
    »Unsinn, alle Menschen haben solche Gefühle. Sie hatten einen großartigen Durchbruch, meine Liebe, und sollten stolz auf sich sein. Das ist ein Triumph für die Stärke Ihres Egos! Nun, wo dieser alte und unterdrückte Komplex seiner vergiftenden Energie beraubt ist, können Sie sich endlich Ihrer wahren Liebe zu Ihrem Vater bewußt werden.«
    »O Dr. Eigenlicht, Sie haben recht«, sagte Drusilla und lächelte unter Tränen. »Es ist, als sei eine schwere Bürde von mir genommen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    »Das weiß ich in der Tat«, sagte Dr. Eigenlicht. »Aber denken Sie daran, daß dies nur ein erstes Aufflackern Ihres Enthusiasmus ist. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, wenn Ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt sein sollen.«
    »Ich weiß«, sagte Drusilla.
    »So, Ihre heutige Sitzung ist fast um. Paßt es Ihnen nächsten Donnerstag, wieder um die gleiche Zeit?«
    »O weh«, sagte Drusilla. »Mir fällt gerade wieder ein, daß wir am Rande eines Krieges stehen.«
    »Ja? Welche Assoziationen haben Sie dabei?«
    »Nein, im Ernst, Doktor, das ist eine reale Situation. Ich muß sofort zu meinem Vater und zu Rufus! Ich hoffe, es bleibt noch genug Zeit, um den Untergang der Zivilisation zu verhindern.«
    Dr. Eigenlicht lächelte gelassen und stellte seine kurzen, dicken, schwarzen Beine wieder nebeneinander. »Im Falle, daß die Zivilisation nicht untergeht«, sagte er ruhig, »sehen wir uns nächsten Donnerstag um die gleiche Zeit.«

34
    »Max«, sagte Dramokles, »ich habe keine Zeit für Tlaloc. Der Krieg kann jeden Augenblick beginnen.«
    »Das weiß ich, Sire«, sagte Max. »Deshalb bin ich gekommen. Ich habe soeben eine erstaunliche Information erhalten. Sie ist für den Krieg von entscheidender Bedeutung. Es geht um Verrat.«
    »Verrat? Innerhalb des Militärs?«
    »Ja, Herr.«
    »Wer ist es?«
    »Es wirklich sehr bedauerlich«, sagte Max. »Diese Dame ist im Besitz von Material, das beweist, daß Rufus Sie in der bevorstehenden Schlacht verraten wird.«
    »Rufus, sagen Sie?«
    »Aye, Sire.«
    »Kommen Sie mit«, sagte Dramokles. Er führte sie durch das Kriegszimmer zu einem unbenutzten Büroraum. In dem Raum standen zwei klobige Sofas, ein paar hölzerne Klappstühle und ein Schreibtisch, auf dem sich Kopien von Dienstplänen stapelten. Dramokles bat die beiden, Platz zu nehmen. Er füllte sich eine Tasse Capuccino aus dem Hahn an der Wand und schaute dann Max an.
    »Ihre Beweise für diese Behauptung sind hoffentlich mehr als stichhaltig, sonst lasse ich Ihren Kopf auf eine Pike spießen, sobald ich vom Nachschub eine bekommen kann.«
    Max sagte zu Chemise: »Zeig’ ihm den Beweis, Mädchen.«
    Chemise öffnete ihre Handtasche und gab dem König einen winzigen Kassettenrecorder. Eine Reprono-Einwegkassette befand sich darin. Eine Reprono, eine Erfindung von der Erde, konnte nur ein einziges Mal bespielt und nur ein einziges Mal abgehört werden. Wenn man versuchte, eine Reprono ein zweites Mal abzuspielen, war nur noch statisches Rauschen zu hören, das gelegentlich von alten Wettervorhersagen unterbrochen wurde.
    Dramokles spielte das Band ab und hörte das

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