Draußen wartet die Welt
sah sie fragend an. »Wofür?«
»Ich will es meiner kleinen Schwester zeigen. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, aber ich habe ihr von dir erzählt, und ich bin mir sicher, dass sie sich sehr freuen würde, wenn sie das Kleid mal sehen dürfte.«
Ich nickte und schüttelte das seltsame Gefühl ab, wie ein Ausstellungsstück behandelt zu werden. Aber Valerie sah so glücklich aus, als ich zustimmte, dass mich ihre Bitte nicht länger störte.
»Und was ist das?«, fragte Jill. Ich drehte mich um und sah, dass sie neben meinem Nachttisch stand und Daniels Holzschnitzerei in ihrer offenen Handfläche hielt.
»Oh, das hat ein Freund von mir für mich gemacht, bevor ich hierhergekommen bin«, antwortete ich und gab mir Mühe, beiläufig zu klingen.
»Jemand hat das selbst gemacht?«, fragte Jill. »Von Hand?«
»Ja«, erwiderte ich. »Die meisten amischen Jungs machen Holzarbeiten.«
»Und was ist das für ein Junge, der das für dich gemacht hat?«, fragte Valerie herausfordernd. »Ist er süß?«
Ich schaute von einer zu anderen – von Valerie, die mein amisches Kleid hielt, zu Jill, in deren Hand die Holzschnitzerei des Vogels saß, der sein Nest verließ. Die beiden Überbleibsel meines anderen Lebens befanden sich in den Händen dieser beiden englischen Mädchen. »Mein Freund Daniel hat es gemacht«, sagte ich mit ruhiger, fester Stimme.
Jill stellte die Holzfigur wieder an ihren Platz und Valerie legte das Kleid über ihren Arm. »Okay«, sagte Valerie, »auf mich warten noch tonnenweise Hausaufgaben. Danke, dass ich mir dein Kleid ausleihen darf. Ich passe gut drauf auf.«
Ich stellte mich ans Fenster und beobachtete, wie die beiden zu Valeries Auto gingen. Ich musste zugeben, dass ich mich bei dem Anblick meines violetten Kleides, das in der sanften Brise flatterte, ein wenig unwohl fühlte.
Kapitel 36
Am folgenden Samstagnachmittag, eine Woche nach meinem Shoppingausflug und zwei Wochen vor dem Ball, saß ich in der Küche über mein Scheckbuch gebeugt und starrte auf die Beträge, die bereits von meinem Konto abgebucht waren, und auf die Summe, die sich noch darauf befand und viel kleiner war als erwartet.
Rachel setzte sich neben mich. »Hast du viel Geld ausgegeben in letzter Zeit?«
Ich nickte, klappte das Scheckbuch zu und steckte es wieder in meine Tasche. Dann fiel mir etwas ein. »Ich habe ganz vergessen, dir zu sagen, dass ich am Abend des Balls nicht nach Hause kommen werde. Die Mädchen übernachten alle bei Valerie.«
Rachel schien darüber nachzudenken. »Na ja, damit halten wir uns eigentlich nicht an das Versprechen, das wir deinen Eltern gegeben haben, dass du immer um Mitternacht daheim bist.«
»Ich weiß«, erwiderte ich schnell. »Aber zu Hause übernachte ich andauernd bei meinen Freundinnen und meine Eltern haben nichts dagegen.«
Rachel schien noch immer ihre Zweifel zu haben. »Ich schätze, das ist in Ordnung«, sagte sie schließlich. »Ich vertraue dir – immerhin hast du einen Kopf zum Denken.« Ich war mir nicht sicher, warum Rachel sich wegen der Übernachtungsparty Sorgen zu machen schien. Aber ich war erleichtert, dass sie mir nicht verbieten würde, daran teilzunehmen.
Im selben Moment klingelte es an der Tür, und ich sprang auf, um sie zu öffnen. Josh stand auf der Türschwelle. Er lächelte, als er mich sah, und winkte mit einer DVD. »Okay«, sagte er, ging an mir vorbei und steuerte auf das Familienzimmer zu. »Ich glaube, es ist jetzt wirklich an der Zeit, dass du Der Zauberer von Oz siehst.«
Ich setzte mich auf die Couch und wartete, bis Josh die DVD in den DVD-Player geschoben und den Fernseher eingeschaltet hatte. Wenige Minuten später befand ich mich in einer anderen Welt, völlig gebannt vom Leben des Mädchens und ihres Hundes, die von ihrer grauen Farm in Kansas in eine Welt aus Farben, Musik und magischen Abenteuern geweht worden waren. Ich kuschelte mich an Josh und lachte über die Heldentaten des ängstlichen Löwen, der hirnlosen Vogelscheuche und des Zinnmanns ohne Herz. Ich zuckte bei den üblen Taten der Hexen mit dem grünen Gesicht zusammen und war furchtbar enttäuscht, als der Zauberer sich als Schwindler entpuppte. Rachel setzte sich zu uns, summte die Lieder und sprach sogar gelegentlich den Text einer der Figuren mit. Als Sam und die Kinder von ihrem Ausflug zurückkehrten, kletterten Ben und Janie zu uns auf die Couch, und auch sie sangen die Lieder mit ihren hohen Stimmen mit. Sam setzte sich auf die Sofalehne und stimmte
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