Draußen wartet die Welt
voreinanderstanden und kein bisschen verlegen wirkten. Selbst nach all den Tagen, die ich inzwischen bereits mit Valerie im Einkaufszentrum verbracht hatte, musste ich mich noch immer an ihre mangelnde Schamhaftigkeit gewöhnen.
Ich schlüpfte aus meinen Jeans, zog mein T-Shirt aus, griff nach dem rosafarbenen Kleid und streifte es über meinen Kopf. Der weiche Stoff glitt an meinem Körper hinunter und schmiegte sich an meine Taille und meine Hüften. Erstaunt starrte ich auf mein Spiegelbild. In dem Kleid sah ich aus, als hätte ich richtige Kurven, und der Ausschnitt war ziemlich tief. Der Rock endete ein paar Zentimeter über meinen Knien. »Gefällt mir«, sagte Valerie. Ich wandte meinen Blick vom Spiegel ab. Valerie trug ein kurzes schwarzes Kleid mit ähnlich tiefem Ausschnitt. Jill streifte sich gerade ein rotes Kleid über den Kopf.
Schon bald schlüpfte ich so ungezwungen in ein Kleid nach dem anderen, als sei ich zu Hause in meinem Zimmer. Ich drehte mich hin und her und freute mich jedes Mal darauf, die Meinung der Mädchen zu hören und ihnen zu sagen, was ich von ihren Kleidern hielt. Es war der reinste Luxus, all diese schicken Kleider anzuprobieren und das Gefühl der verschiedenen Stoffe auf meiner Haut zu spüren. Ich vergaß dabei schnell, bescheiden und einfach zu sein. Ich vergaß, dass es eigentlich nur darauf ankam, wie die Menschen miteinander umgingen, und nicht darauf, wie sie aussahen. In diesem Miniaturreich mit seinen extravaganten Kleidern fühlte ich mich wie einer jener oberflächlichen Menschen, vor denen man mich mein Leben lang gewarnt hatte.
Als ich schließlich in das letzte Kleid geschlüpft war, das ich mit in die Kabine genommen hatte, betrachtete ich mich erneut im Spiegel. Es hatte die Farbe eines dunkelblauen Himmels und passte so perfekt, als hätte man es mir direkt auf den Leib geschneidert. Der Rock fiel bis zu meinen Waden hinunter und schwang sanft wogend um meine Beine, wenn ich mich bewegte. Valerie und Jill standen sofort links und rechts neben mir und ich konnte ihre zufriedenen Mienen im Spiegel erkennen. »Das ist es«, sagte Valerie. »Du hast es gefunden.«
»Meinst du?«, fragte ich, aber ich stellte mir bereits vor, wie ich in diesem Kleid mit Josh tanzte, genauso, wie wir es damals im Klub getan hatten, als unsere Körper miteinander verschmolzen waren. Ich stellte mir vor, wie er mich mit einem Ausdruck der Überraschung anlächelte, wenn er mich zum ersten Mal darin sah, und wie stolz er mich den anderen vorstellen würde. Dann fiel mir plötzlich ein, dass ich überhaupt nicht auf den Preis geachtet hatte. Das kleine weiße Etikett baumelte an der Seite des Kleids, und ich griff danach, um einen Blick daraufzuwerfen. 150 Dollar. Ich schnappte nach Luft. Valerie schlüpfte noch einmal in das schwarze Kleid, das sie als Erstes anprobiert hatte, und Jill drehte sich hin und her, um zu sehen, wie das graue Kleid, das sie anhatte, von hinten aussah. Dann drehten sich beide wieder zu mir um.
Valerie schaute auf den Preis und nickte. »So viel kosten die meisten dieser Kleider.« Ich schaute mich noch einmal im Spiegel an und stellte fest, dass meine Augen ein kleines bisschen blauer wirkten, wenn ich dieses Kleid trug. Der Stoff fiel in einer Art und Weise, die meine Taille schmal wirken ließ – eine sehr erstrebenswerte Eigenschaft, wie ich erst kürzlich gelernt hatte.
Ich überlegte schnell, wie viel Geld ich hatte. Meine Schulden bei meinen Eltern hatte ich abbezahlt, und auf meinem Konto befand sich genug, um das Kleid zu kaufen.
»Denkt ihr denn, dass ich das irgendwann noch mal tragen werde?«
Valerie sah Jill an und zuckte mit den Schultern. »Wir tragen normalerweise zu jedem Ball ein anderes Kleid.« Dieses Kleid wäre ein absolut leichtfertiger Kauf. Für ein paar Stunden würde ich an einem einzigen Abend so hübsch aussehen wie nie zuvor – und wie vielleicht nie wieder. Und der Preis für diese Eitelkeit betrug 150 Dollar.
»Ich nehme es«, verkündete ich mit dem Mut der Spontanität. Meine Worte wurden von Valerie und Jill mit begeistertem Kreischen bedacht. Ich genoss es, in ihrer Aufmerksamkeit zu baden, und schob alles, was ich über Bescheidenheit und Genügsamkeit gelernt hatte, beiseite. Ganz langsam stieg ich aus dem Kleid und nahm nur zögernd Abschied von diesen überschwänglichen Gefühlen.
Wieder in Jeans und T-Shirt, setzte ich mich auf einen der Stühle in der Umkleidekabine, schlang meine Arme glücklich um das blaue
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