Dray Prescot 01-Transit nach Scopio
dem Weg, den wir nun einschlugen.
Ich mußte sie tragen. Sie schien etwas von dem zu erwarten, was ich plante; und ich bin sicher, daß sie keine Angst hatte oder sich zumindest nichts davon anmerken ließ.
Rückblickend auf diese wilde und mühsame Wanderung am Zelphufer entlang zum Wasserfall und Taufteich kann ich mich nur über meine Tollkühnheit wundern. Hier trug ich das Wesen, das mir auf zwei Welten am liebsten war, und trat in aller Ruhe Gefahren entgegen, die ohne den Schutz der Silberwaffen der Savanti jeden anderen in Panik versetzt hätten. Ich weiß nicht mehr – ich will es auch gar nicht mehr wissen –, wie oft ich Delia hastig absetzte, mein Schwert zog und den Angriff eines aufgebrachten Ungeheuers parierte.
Die Mühen nahmen kein Ende; ich mußte all meine Schlauheit und meine Kräfte aufbieten. Ich kämpfte Spinnenwesen nieder und Käferwesen, die sich kriechend und krabbelnd auf mich warfen. Ich wußte, daß ich es schaffen würde. Diese Gewißheit erfüllte mich. Delia blieb völlig ruhig, wie in Trance, und humpelte oft krampfhaft atmend weiter, damit ich unbehindert kämpfen konnte. Mein Schwertarm wurde nicht müde. Mein linker Arm war bis zur Schulter in Blut gebadet. Der kalte Stahl lähmte nicht – er tötete.
Sie waren schlau und gefährlich, diese Wachmonster.
Aber ich war schlauer und noch gefährlicher, zu allem entschlossen, nicht weil ich grundlegend besser war als sie, sondern weil ich Delia aus den Blauen Bergen schützte.
Schließlich erreichten wir das kleine sandige Amphitheater zwischen den Felsen und stürzten in die Höhle.
Als das rote Licht verging und der unheimliche blaue Schimmer zunahm, hob ich Delia in die Höhe und begann wie ein Irrer zu lachen!
Delia vermochte nicht mehr zu humpeln; sie hatte die Lippen fest zusammengepreßt, um ihr schmerzhaftes Keuchen zu unterdrücken; ich mußte sie also in den trüben Teich tragen. Kleine Dampfsäulen stiegen auf. Ich schritt die breite Treppe hinab. Die Flüssigkeit schwappte mir um die Füße, dann um die Beine, schließlich um die Brust. Ich neigte meine Lippen zu Delia.
»Du mußt tief einatmen und den Atem so lange wie möglich anhalten. Ich hebe dich wieder hinaus.«
Sie nickte, und ihre Brust preßte sich gegen die meine.
Ich ging die letzten Stufen hinab und blieb stehen, den Kopf in die milchige Flüssigkeit getaucht, die nicht nur Wasser war, und spürte sofort das prickelnde Küssen, die Einstiche unzähliger Nadeln am ganzen Körper. Ich versuchte zu erraten, wann Delia wieder nach oben mußte, denn sie konnte bestimmt nicht so lange den Atem anhalten wie ich, und stieg wieder ins Freie.
Unsere Kleidung, mein Schwert, mein Gürtel – alles hatte sich aufgelöst. Nackt kamen wir aus dem Teich, nackt, wie wir ihn hätten betreten sollen.
Delia wandte den Kopf und blickte mir in die Augen.
»Ich fühle ...«, sagte sie. Dann: »Setz mich ab, Dray Prescot.«
Sanft legte ich Delia von Delphond auf den Felsboden.
Ihr verkrüppeltes Bein war gerade, wohlgerundet und fest, anmutig wie jedes hübsche Mädchenbein. Ein überwältigendes Glücksgefühl ging von ihr aus. Sie reckte sich, atmete tief, ordnete ihr herrliches braunes Haar und lächelte mich staunend an.
»Dray!« sagte sie.
Aber ich sah nur sie, nur ihr Lächeln, die schimmernde Tiefe ihrer Augen; auf allen Welten gab es für mich nur das Gesicht Delias von den Blauen Bergen – alles andere verblaßte in einem schemenhaften Schimmer.
»Delia!« hauchte ich und begann heftig zu zittern.
Eine Stimme flüsterte durch die ruhige Luft.
»Oh, wie unglückselig ist die Stadt! Jetzt muß geschehen, was vorherbestimmt ...«
Hinter Delia hob sich ein gewaltiger Körper aus dem Teich. Flüssigkeit strömte an glatter Haut hinab. Rosa Fleisch zeigte sich durch die Blässe. Die Größe des Wesens ließ uns zwergenhaft klein erscheinen. Delia stöhnte auf und preßte sich an mich, und ich schloß die Arme um sie und starrte trotzig in die Höhe. Auch spürte ich plötzlich ein seltsames Gefühl in mir. Wenn die erste Taufe einen neuen Menschen aus mir gemacht hatte, dann war ich durch das zweite Bad nun über alle Maßen verjüngt worden. Während ich mich vorher schon stark und kräftig gefühlt hatte, war diese Empfindung nun verzehnfacht. Ich war von einer unbändigen Lebenskraft erfüllt, voller Gesundheit und Energie.
»Das verkrüppelte Bein ist geheilt!« brüllte ich.
»Fort mit dir, Dray Prescot!« Die Stimme des gewaltigen Körpers klang
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