Dray Prescot 02-Die Sonnen von Scorpio
es so, daß Rophren und seine Begleiter die Waffe sehen konnten.
»Wenn du nur einen einzigen meiner Befehle widerrufst, stirbst du auf der Stelle«, brüllte ich.
Hände verkrampften sich um Schwertgriffe. Diese Männer waren stolz und arrogant und das Kommandieren gewöhnt. Sie schwankten auf dem Deck hin und her, im Rhythmus des Kampfes der Galeere mit den Gewalten des Meeres. Entspannt und ausbalanciert stand ich vor ihnen, und das Schwert in meiner Faust wies stets in ihre Richtung.
Ob sie mich angegriffen hätten in ihrer Verzweiflung, ich hätte sie wahrlich alle in ein nasses Grab geschickt, oder ob sie wie angekettete Leems schnaubend und untätig stehengeblieben wären, weiß ich nicht. Ich hätte eher das letztere vermutet, denn wie man sagt, biete ich einen furchteinflößenden Anblick, wenn ich einen Gegner mit blankem Schwert bedrohe.
Während sie noch naß und ängstlich vor mir standen und sich zwischen dem kochenden Meer und der Drohung meines Schwerts entscheiden mußten, erhob sich eine helle Stimme über den Lärm.
Oben am Bug stand Nath, mein Nath von der Ruderbank. Er hob den naßglitzernden Arm und winkte. »Wir sind durch, Schreiber!« rief er. »Wir sind vorbei!«
Wir sahen uns um – die Offiziere und ich. Die Felsen zogen achteraus an uns vorbei, und ihre gischtende Brandung blieb langsam zurück. Zentimeterweise kämpfte sich die Lilavogel an dem Felsvorsprung vorbei und geriet so auf die Leeseite des Kaps und konnte ruhig in die dahinterliegende Bucht steuern.
Nachdem Zenkiren wieder bei Bewußtsein war, wurde der Zwischenfall zur Routinesache für das Bordgericht. Rophren kam unter Arrest. Der rotgesichtige junge Mann, Hezron von Hoch-Heysh, wurde ebenfalls festgesetzt; doch in seiner Gegenwart sprach ich mich für ihn aus, wußte ich doch, daß dies seine erste Fahrt als Offizier an Bord einer Galeere war – und sein erster Sturm.
»Die Gefahren des Meers lassen sich abstufen – wenn man sie kennt«, sagte ich. »Ich lege es Hezron nicht zur Last, daß er mich in seiner Angst töten wollte. Vielleicht aber kreidet er mir an, daß ich ihn zwischen Wind und Wasser getreten habe.«
Zenkiren lächelte nicht; doch ich beobachtete ihn, wie er da an seinem Richtertisch saß, neben sich die anderen Offiziere, vor sich den bleichen Angeklagten zwischen zwei Bewaffneten, und ich überlegte, daß er vielleicht bei anderer Gelegenheit gelächelt hätte, denn Zenkiren war im Grunde seines Herzens ein lustiger Mensch.
»Was hast du dazu zu sagen, Hezron?«
Hezron von Hoch-Heysh hob den Kopf. Er war ein Junge, der es gewöhnt war, seinen Willen durchzusetzen, das war klar, Mitglied einer reichen und mächtigen Familie in Sanurkazz.
»Ich vergesse diese Tat nicht«, sagte er. »Ich lege dir zur Last, daß du mich erniedrigt hast, daß du es gewagt hast, Hand an mich zu legen, an mich, Hezron von Hoch-Heysh. Das wirst du so schnell nicht vergessen, Barbar!«
Schon öfter war ich mit dem Schimpfnamen Barbar belegt worden, denn immerhin war ich ein Fremder vom Äußeren Ozean – doch noch nie hatte man das Wort mit solcher Heftigkeit ausgesprochen. Ich dachte an die Galeeren des Binnenmeers und an ihre Kampfqualitäten und begann mich zu wundern. Die Schiffe aus Zenicce, das auf dem Äußeren Ozean nicht beliebt war, und die überall bekannten Flotten aus Vallia – wurden sie von Barbaren gebaut? War die herrliche Enklavenstadt Zenicce barbarisch zu nennen? Wenn ja, dann wurde dort ein Stil der Barbarei gepflegt, den die Seeleute des Auges der Welt nicht verstanden.
»Wenn du diese Frage klären möchtest«, sagte ich und sprach nun mit harter, grober Stimme, »dann bist du willkommen, mir jederzeit mit den Waffen gegenüberzutreten.«
»Jetzt ist es genug!« sagte Zenkiren ärgerlich. »Nur durch den Mut und das Können Lord Strombors ist die Lilavogel überhaupt gerettet worden.« Er verzog das Gesicht. »Unsere beiden Begleiter sind verloren.« Und das stimmte. Wrackteile der beiden Galeeren und zahlreiche Leichen waren am folgenden Tag angeschwemmt worden. Viele Sklaven waren noch an die Wrackteile gekettet.
Rophren wurde dazu verurteilt, vor das Gericht des Hohen Admirals gestellt zu werden.
Hezron von Hoch-Heysh wurde ermahnt und dann freigelassen. Meine Fürsprache änderte seine Einstellung nicht. Ich wußte, daß ich mir den Rücken freihalten mußte, soweit es ihn betraf.
Nach einigen Tagen erreichten wir den Außenhafen des Heiligen Sanurkazz.
Ich habe in meinem Leben
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