Dray Prescot 02-Die Sonnen von Scorpio
bekanntesten Korsarenkapitän des Binnenmeers zu sich rief? Diese Frage stellten sich meine Freunde.
Aber ... sie kannten Delia nicht – meine Delia aus Delphond.
Das Breitschiff bewegte sich wie eine Badewanne durch das Meer. Ich litt. Ich hätte diese Reise in unbekanntes Gewässer am liebsten an Bord einer Galeere gemacht, doch ich stand nicht mehr in den Diensten des Königs.
Der Magdager erwischte uns, als die Zwillingssonnen dicht beieinander im Westen untergingen und lange Schatten über das ruhige Meer warfen. Die Galeere kam auf uns zu, die Ruder vorzüglich ausgerichtet, das Wasser aufpeitschend – und wir konnten nicht mehr fliehen.
»Bei Zantristar!« brüllte ich und zog mein Langschwert. »Ohne Kampf sollen sie uns nicht besiegen!«
Unsere Seeleute liefen ängstlich durcheinander wie aufgeschreckte Hühner. Nath und Zolta, deren Schwerter in dem ersterbenden Licht wie Feuer blitzten, versuchten sie mit Gewalt zum Widerstand anzutreiben. Doch das Handelsschiff hatte keine Chance. Es hatte eine Mannschaft von nur etwa dreißig Mann, die keine Lust hatten, einen Kampf zu riskieren, den sie ohnehin nicht gewinnen konnten. Sie setzten ein Langboot aus und wollten offenbar zu der nahe gelegenen Insel rudern, hinter der der Magdager auf der Lauer gelegen hatte.
»Meine Befehle von der Prinzessin Majestrix besagen, daß ich dich sicher nach Vallia bringen soll«, sagte Tharu tonlos. »Steck dein Schwert in die Scheide.«
»Du Dummkopf!« sagte ich. »Ich bin Pur Dray, Lord Strombor, der Mann, den die Ketzer von Magdag am liebsten in ihrer Gewalt sähen! Für mich gibt es keine Gefangenschaft!«
»Es wäre ein Kampf, den du nicht gewinnen kannst«, sagte Vomanus und betastete sein Rapier, doch der Ausdruck auf seinem hageren Gesicht bewies mir, daß er am liebsten mitgemacht hätte.
»Wir sind neutral«, sagte Tharu ungeduldig. »Die Barbaren aus Magdag würden es nicht wagen, uns etwas anzutun. Schon möglich, daß sie alle ihre Feinde aus Sanurkazz töten, doch mich oder Vomanus werden sie nicht anrühren – und auch dich nicht, Dray Prescot.«
»Warum?«
Der lange Bronzebug der Galeere pflügte rauschend durch das Wasser und erzeugte zwei Bugwellen, die an ihrer langen Flanke entlangstrichen, wo sich ihre Ruder wie die weißen Flügel einer Möwe auf und nieder bewegten. Sie war ein Hundertundzwanzigruderer mit zwei Ruderdecks und sehr schnell. Ich sah die Entermannschaften, die sich am Bug bereitmachten, und die Bedienungen der Bugvarters. Die Segel waren gestrichen worden, doch der einzelne Mast stand noch.
Tharu von Vindelka trat nun an die Reling, und ich drehte mich um, um ihn im Auge zu behalten. Nath und Zolta versuchten verzweifelt, die Mannschaft zu organisieren. Vomanus verschwand nach hinten. Das Beiboot war im Wasser, und in dem verzweifelten Durcheinander zerbrach ein Ruder an der Bordwand des Frachtschiffes.
»Sie werden dich nicht gefangennehmen, Dray Prescot.«
»Warum? Was soll es diesen Leuten ausmachen, daß ich Prinzessin Delia von Delphond kenne? Daß jeder meiner Gedanken ihr gehört? Ich habe Delphond nie gesehen, Tharu, und auch nicht die Blauen Berge. Doch ich betrachte sie als meine Heimat.«
Sein hartes Gesicht entspannte sich, wenn er auch nicht lächelte.
»Meine Pflicht liegt auf der Hand, Dray Prescot, der du einmal Prinz von Delphond sein wirst.« Sein Gesicht wurde kurz zur Grimasse – ein Ausdruck seiner Abneigung. »Also machen wir dich am besten zu einem Chuktar – nein, wenn ich es mir richtig überlege, steht dir die Würde eines Kov besser. Die Magdager lassen sich dadurch eher beeindrucken. Wie du wissen solltest, bin ich ebenfalls ein Kov, wenn auch von etwas besserer Herkunft.«
Ich starrte ihn an. Ich wußte nicht recht, wovon er eigentlich sprach oder was er wollte. Dann hörte ich leise Schritte hinter mir. Ich war schnell, und der Schlag ging fast daneben, doch nur fast – er streifte noch meinen Hinterkopf und betäubte mich. Ich ging zu Boden, wo mich der zweite Schlag fertigmachte.
Als ich wieder zu mir kam, war ich an Bord eines magdagschen Ruderers und trug den farbenfrohen Mantel und die schwarzen Stiefel eines Vallianers, und ein Rapier und ein Dolch hingen an meinem Gürtel. So war ich denn doch zum geschätzten Gast Magdags geworden. Wie mir Tharu zuflüsterte, hieß ich nun Drak, Kov von Delphond.
12
Da die Schiffe des Binnenmeers fast jede Nacht einen Hafen anlaufen oder auf einen Strand gezogen werden, hatten sie
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