Dray Prescot 02-Die Sonnen von Scorpio
nur selten Kojen oder Hängematten an Bord. Ich lag auf einer Holzkiste, die man mit einem grüngefärbten Ponshofell gepolstert hatte.
Grün.
Tharu, Kov von Vindelka, beugte sich über mich. »Denk daran, daß du jetzt Drak heißt und ein Kov von Delphond bist.«
»Ich habe ein gutes Gedächtnis«, sagte ich kühl und dachte an Nath und Zolta. »Kov von Delphond – das kann ich ja noch verstehen. Aber Drak? Was bedeutet das?«
Tharus Gesicht verdunkelte sich, und er warf Vomanus, der im Hintergrund stand, einen bösen Blick zu.
Der junge Mann sagte: »Ich habe dich so genannt, Dray ... äh, Drak ... der erste Name, der mir in den Sinn kam.«
»Sehr einfallsreich.«
»Als dich der junge Dummkopf so angeredet hatte«, sagte Tharu, »blieb mir nichts anderes übrig, als auf den Namen einzugehen. Die Magdager sind ja keine Narren.«
Nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen, hatte Vomanus gelogen.
Tharu sprach weiter. »Drak war der Name des Vaters unseres Herrschers, als er auf den Thron kam. Auch wird so ein halb legendäres Wesen, teils Mensch, teils Gott genannt, das wir aus den alten Mythen kennen.«
»Ihr habt es also geschafft«, sagte ich. »Aber wenn die magdagschen Teufel herausfinden, wer ich bin, werdet ihr beide über offenem Feuer geröstet und den Chanks zum Fraße vorgeworfen.«
Vomanus' Gesicht verfärbte sich bei der Erwähnung der Chanks, der Haie des kregischen Meeres. Ich mußte wieder an Nath und Zolta denken und erkundigte mich nach ihnen. »Wir haben gesehen, wie sie im Beiboot ablegten«, sagte Vomanus.
»Sie sind entweder ertrunken oder wurden gerettet«, bemerkte Tharu. »Interessiert mich nicht. Sie waren unwichtig.«
Das hätte er nicht sagen sollen. Es waren meine Rudergefährten. Ich richtete mich auf, ging an ihm vorbei und trat an Deck. Wir lagen in Lee der Insel. Wachfeuer flackerten. Die Sterne des kregischen Nachthimmels blitzten und formten sinnverwirrende Muster, die die Zauberer von Loh lesen und verstehen können – das behaupten sie jedenfalls. Ein kühler Wind blies und bewegte die Blätter an Land. Wachen standen auf dem Achterdeck, und ich sah Gold aufblitzen, als sich ein Offizier bewegte.
Der Gedanke an ein Gespräch mit einem Magdager bereitete mir Unbehagen. Hungrig blickte ich zur Küste hinüber. Vielleicht warteten Nath und Zolta dort draußen auf den richtigen Augenblick zum Angriff. Aber welche Chance hatten wir zu dritt gegen eine ganze Galeerenmannschaft? Ich wußte, daß sich ein Pfeil in mich bohren würde, wenn ich über Bord sprang, und beschloß, dieses Risiko einzugehen. Ich konnte tauchen und zur Insel schwimmen, und der Teufel sollte die Chanks holen. Wenn ich den Mittelgang entlangging und am Strand hinabzuspringen versuchte, würde man mich bestimmt aufhalten. Ich kannte die Angewohnheiten magdagscher Kapitäne, wie auch die Eigenheiten sanurkazzischer Schiffsführer. Ich hätte jedenfalls auf jede Bewegung an Bord achten lassen.
Vomanus trat zu mir, und dann kam auch ein magdagscher Hikdar, der uns, wie sich herausstellte, seine Kabine zur Verfügung gestellt hatte. Er schien darüber nicht besonders verbittert zu sein. Ich entschuldigte mich und ging wieder unter Deck. Der Gestank der Sklaven und ihr ewiges Stöhnen und Kettengerassel machten mich nervös.
Im Rückblick möchte ich sagen, daß mich nicht der Mut verlassen hatte, weil ich doch an Bord blieb. Es gab oft Momente in meinem Leben, da ich Entscheidungen fällte, die für den Außenstehenden von Feigheit bestimmt zu sein schienen – doch ich bin dafür niemandem Rechenschaft schuldig – niemandem außer Delia. Doch wenn ich fiel, wäre Delia allein gewesen, und ich kam immer mehr zu der Überzeugung, daß sie mich in der kommenden Zeit an ihrer Seite brauchte. Unvorstellbare Mächte waren in Bewegung geraten und schoben sich irgendwie, irgendwo in Position, um loszuschlagen ...
Wir lichteten mit den aufgehenden Sonnen den Anker und nahmen westlichen Kurs.
Es hatte schlechte Nachrichten gegeben. Pattelonia, die Stadt der Proconia, wo das Flugboot wartete, war überfallen worden und stand in Flammen. Die Sanurkazzer hatten eine Niederlage hinnehmen müssen. Die Lady von Garles , der Fünf-Fünf-Hundertzwanzigruderer, auf dem wir uns befanden, war beschädigt worden und hatte einen Teil der Ruderer verloren. Er führte Depeschen für die Admiralität in Magdag an Bord, und der geschickte Überfall auf das alte Handelsschiff, das wir zur Reise benutzt hatten, war ein netter
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