Dray Prescot 03-Der Schwertkämpfer von Scorpio
scharfen Wind ankämpfen. Doch als ich mit dem Speer nach unten zeigte, nickte Seg und zog an den einfachen Zügeln, wie man es uns beigebracht hatte. Der Corth begann, an Höhe zu verlieren.
Als wir näherkamen, schien der Turm an Größe und Umfang zuzunehmen. Weiter im Norden vermochten wir die Steinmauer auszumachen, die die Yerthyrpflanzungen vor den Stadttieren schützte. Seg hatte mir seine Meinung über die Qualität der Bäume in Hiclantung mitgeteilt. Wohin wir auf unseren Reisen auch kamen, erfaßte Seg mit sachkundigem Auge sofort den Zustand von Wald und Baum. Die Yerthyrbäume Hiclantungs hielt er für ausgezeichnet, und die Bögen, die man uns überlassen hatte, zauberten ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen.
Im ersten, schnellen Anflug wollten wir uns nur orientieren. Unsere Corths, die man auch bei diesem Licht nicht für Impiter oder Yuelshi halten konnte, vermochten natürlich ebensowenig auf dem Turm oder den Festungsmauern Pliclas zu landen, wie die Ullars auf einem Dach in Hiclantung niedergehen konnten. Hier wurde dieselbe grundlegende Taktik angewandt. Mein Corth, ein kräftiger Bursche mit klaren Augen und davon ausgehenden Pigmentstreifen, wie man sie auch beim irdischen Kormoran antrifft, bewegte sich kraftvoll durch die Nacht, passierte mit gewaltigem Flügelrauschen den Turm und verschwand mit mir in der schützenden Dunkelheit. Einige kleinere Monde Kregens standen am teilweise bedeckten Nachthimmel, die jedoch die Dunkelheit kaum zu erhellen vermochten.
Wir hatten noch etwas Zeit, bis die Zwillinge über den östlichen Horizont rollten und ihr rosa Licht über die zerklüfteten Berge und die schlanken Türme Pliclas warfen. Seg wußte genau, was er tun mußte – er hatte mir versprechen müssen, genauso zu handeln, wie wir es besprochen hatten. Ich wußte, daß er mich auch so begleitet hätte; doch ich wollte nicht, daß er leichtfertig ums Leben kam.
Ich gab ihm das Zeichen und sah ihn nicken. Ich zog meinen Corth herum, bis er wieder auf den Turm des Umgar Stro zuflog, und traf meine letzten Vorbereitungen. Eine normale Landung war nicht möglich – also mußte ich zu ungewöhnlichen Mitteln greifen.
Meine alte seemännische Fingerfertigkeit ließ mich nicht im Stich, als ich die Lederschnüre verknotete. Die Zügel des Corth wurden verlängert. Ich löste die bereits vorbereiteten Schnüre vom Sattel und ließ sie im Flugwind frei unter dem Vogel schweben. Die Schlingen und das Trapez am Ende sahen nicht besonders einladend aus. Ich atmete tief ein, löste meine Sattelgurte und ließ mich über die Seite gleiten. Einen Augenblick lang zappelte ich mit den Füßen in der Luft herum, dann hatte ich wieder Halt und vermochte mich hinabzuhangeln, bis ich rittlings auf dem Trapez saß, die Hände in den Schlaufen über mir. Meine Finger umfaßten die verlängerten Zügel, die durch Rollen am Sattelknauf liefen.
Plötzlich überwältigte mich die nostalgische Erinnerung an meine Tage in Aphrasöe, in der Stadt der Savanti – die Erinnerung an die Schwinger. Wie schön es gewesen war, in leichtem und scheinbar freiem Flug von Pflanze zu Pflanze zu schwingen! Auch jetzt schwang ich – obwohl ich diesmal unter den gekrümmten Krallen eines Riesenvogels hockte und nicht zum Vergnügen hier war, sondern wegen des Mädchens, das ich liebte. Ich wollte ihr das Leben retten. Die Kälte schnitt mir beißend in die Haut, doch ich achtete nicht darauf.
Umgar Stros Turm schien vor mir hin und her zu schwanken. Ich kämpfte das Gefühl des Schwindels nieder und paukte meinen Sinnen ein, daß der Turm stillstand und daß ich, Dray Prescot, so übel hin und her pendelte. Meine langjährige Erfahrung auf schwankenden Bramstangen kam mir zugute; ich vermochte, die Entfernungen abzuschätzen und meine Sinne in den Griff zu bekommen.
Segs Corth näherte sich von der Seite, und die fingerähnlichen Federn an den Flügelspitzen krümmten sich, als sich der große Vogel mit spielerischer Leichtigkeit der Geschwindigkeit meines Corth anpaßte. Seg mußte irgendwie die Zügel meines Tieres an sich bringen und es für unseren Rückflug bereithalten.
Das Turmdach raste auf mich zu.
Ich zog vorsichtig an den Zügeln, und die Welt legte sich schief, dann wurde der Turm wieder senkrecht, und ich sah die grausamen Eisenspitzen, die Stolperdrähte und die schrägen Dachpfannen, die mir nirgendwo Halt boten.
Ich rückte auf dem Trapez vor, während der Wind an meinem Kopf vorbeipfiff, mir im Haar
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